Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 156(†) Dom, Langhaus, nördliches Seitenschiff E. 15./A. 16. Jh.

Beschreibung

Standbild des hl. Stephan; im nördlichen Seitenschiff an der Westwand, ehemals vor der Mittelsäule des Westportals,1) erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts ins nördliche Seitenschiff versetzt;2) heller Sandstein. Auf einer sechseckigen Konsole steht der Märtyrer und Kirchenpatron des Halberstädter Doms, gekleidet in die Dalmatika, das Gewand eines Diakons, mit einer stola transversa gegürtet und über den linken Unterarm den Manipel gelegt,3) in der Rechten als Werkzeuge seines Martyriums Steine haltend, unter der Plinthe eine Tartsche mit der zeilenweise eingehauenen Stifterinschrift (A) des Weihbischofs Matthias Kanuti (1496–1509). An der Säule des Westportals, die die Figur einst schmückte, war noch im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts hinter dem Haupt des Heiligen die Devise (?) (B) angebracht, die schon seit Anfang des folgenden Säkulums nicht mehr erwähnt wird.4) Unter dem Standbild befand sich der Opferstock.

Text nach Haber (B).

Maße: H. ca. 200 cm, B. ca. 60 cm, T. ca. 50 cm, Bu. ca. 8,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A).

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/1]

  1. A

    · f(rater) · m(athias)a) · / Episcop(us) / gadensisb)

  2. B †

    Postulo tantum humilitatem

Übersetzung:

A: Bruder Matthias, Bischof von Gada. B: Ich fordere nur Demut.

Kommentar

E-Versal mit der für im Bereich der Textura-Buchschriften entwickelten Versalien typischen Bogenbrechung. Als Worttrenner verwendete man Quadrangel auf der Zeilenmitte. Die Plastik ist ihrem Stil nach an das Ende des 15. oder an den Anfang des 16. Jahrhunderts zu setzen.5) Edgar Lehmann sieht sie als Produkt des sog. Katharinenmeisters, der auch die von Friedrich von Hoym gestifteten Reliefs und Freifiguren geschaffen hat.6) Vgl. zu Weihbischof Matthias von Garden (Gada) Nr. 157.7)

Textkritischer Apparat

  1. m] Der vorhergehende Worttrenner in Form eines Kreuzes aus fünf Quadrangeln bestehend. Zu Matthias Kanuti vgl. die Inschrift des von ihm gestifteten Kelches Nr. 157 und Hinz 1964, S. 208 Anm. 63.
  2. Gadensis] Gedanensis Haber, Büsching, Niemann; GAD. Hermes.

Anmerkungen

  1. Haber 1739, S. 18.
  2. Hermes 1896, S. 19.
  3. Vgl. auch die Beschreibung bei Hinz 1964, S. 58.
  4. Haber 1739, S. 18; Büsching 1819, S. 226.
  5. Als erster erwähnt Lucanus 1837, S. 3 Anm. *** das Jahr 1513 fälschlich als Einführungsjahr des Weihbischofs und gibt an: „die Statue gehört jedenfalls dieser Zeit an“. Ähnlich äußerte sich danach Elis 1857, S. 48. Hermes 1896, S. 21 weist nur auf die Erwähnung des Matthias von Gada hin. Giesau 1929, S. 45 und Hinz 1964, S. 58 setzen die Figur „kurz nach 1513“ bzw. in die Zeit „um 1513“.
  6. Vgl. Nr. 162, 163, 165; BKD, S. 349 f. Nr. 1 (Anna Selbdritt und Johannes der Täufer), Nr. 4 (Kreuzigung). Siehe dazu DI 86 (Stadt Halberstadt), Nr. 69, 70, 75–78.
  7. Vgl. auch Hinz 1964, S. 208 Anm. 63.

Nachweise

  1. Haber 1739, S. 18.
  2. Büsching 1819, S. 226.
  3. Niemann 1824, S. 19.
  4. Lucanus 1837, S. 3.
  5. Elis 1857, S. 48.
  6. Hermes 1896, S. 21.
  7. BKD, S. 292.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 156(†) (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0015606.