Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 154 Dom, Depot E. 15./A. 16. Jh.

Beschreibung

Antependium, Domschatz Inv. Nr. 529; vor 1936 im Kapitelsaal an der Ostwand im vierten Gewölbe von Osten;1) Wollgewebe, der fransenbesetzte obere Streifen (Fürleger) mit der Inschrift gewirkt,2) der untere Rand beschnitten?, Fransenbesatz teilweise verloren, an einigen Stellen fehlt der Schuß. Eingefaßt von grünen Seitenborten mit Stäben von Blüten- und Vasenmustern auf dem Streifen am oberen Rand zwischen dünnen naturbelassenen Linien auf gelber Inschriftenleiste der Anfang eines Gebets bzw. einer Antiphon.

Maße: L. 168 cm, B. 101 cm, Bu. 5,4 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/1]

  1. · ave · maria · gracia · plena · dominvs · tecvm · beneda)3)

Übersetzung:

Gegrüßet seiest du Maria, voll der Gnade, der Herr ist mir dir, gebene(deit).

Kommentar

Die gotische Minuskel steht in regelmäßigem Buchstabenabstand. Trotzdem sind etliche Buchstaben verbunden. Der gebrochene untere Bogen sowie Schaft und gebrochener oberer Bogen des doppelstöckigen a berühren einander nicht. Der linke Teil des oberen gebrochenen Bogens läuft dünn und geschwungen in den Zwischenraum der Buchstabenteile aus. Der gebrochene rechte Bogenabschnitt des d berührt den linken Bogenabschnitt nicht und bildet nur eine knappe Oberlänge. Nur durch den zu einem geschwungenen Strich reduzierten Balken unterscheidet sich das e vom c. Der gebrochene obere Bogen des g ist vollständig geschlossen und läuft rechts in einen Haken aus. Die Fahne des r wird zu einem Quadrangel mit unten angesetztem Zierstrich. Als Worttrenner fungieren Blattstäbe. Granatapfelmuster und Rahmungen aus Blüten und Blumenvasen findet man verstärkt im letzten Drittel des 15. bis ins 16. Jahrhundert.4) Eine ähnliche Kombination aus Wollgewebe, wenn auch mit anderem Muster, und einer gewirkten Nürnberger Borte am oberen Rand mit vergleichbarer Inschrift mit aus Blattstäben gestalteten Worttrennern vom Ende des 15. Jahrhunderts befindet sich heute in Berlin.5) Die Buchstaben weisen leichte Ähnlichkeiten auf. Möglicherweise war der Behang, wie aus Farbunterschieden seiner Oberfläche geschlossen werden kann, ehemals mit den Wappen des oder der Stifter besetzt.6)

Textkritischer Apparat

  1. bened] Der letzte Buchstabe beschädigt; zu ergänzen zu benedicta; fehlt Meyer 1936.

Anmerkungen

  1. Meyer 1936, S. 21 f.
  2. Ebd.; Hinz 1964, S. 200.
  3. Ave Maria nach Lc 1,28; vgl. CAO Vol. III, Nr. 1539; Schott, S.[70].
  4. Reichelt 1956, S. 10–15, 55 mit Bild 21, 70 f. mit Bild 30; Durian-Ress 1986, S. 134 f. Nr. 49.
  5. Wilckens 1991, S. 154 mit Abb. 171; Wilckens 1982, S. 36 Abb. 9.
  6. Mündliche Mitteilung von Dipl. phil. Barbara Pregla, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle. Nach ihrer Auskunft käme als Stifter ehestens Kardinal Albrecht von Brandenburg 1513–1545 in Frage.

Nachweise

  1. Meyer 1936, S. 22.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 154 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0015402.