Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 144 Dom, Depot E. 15./A. 16. Jh.

Beschreibung

Zwei Fragmente eines Maßwerkkamms, Domschatz Inv. Nr. 618/1, 618/2; Holz, Kreuzblumen fehlen oder sind beschädigt, Farbe teils abgeblättert, Schriftverlust. In dem mit Kreuzblumen besetzten, innen durch Hohlkehle profilierten Rahmen, an dessen Rückseite kurz vor dem jeweiligen Ende ein hölzerner Zapfen eingelassen ist, eine querrechteckige Holzplatte mit der gelb (gold ?) auf hellblauem Grund aufgemalten Gedichtzeile der Spruchinschrift, die sich vermutlich im gleichgestalteten zweiten Fragment fortsetzte, jedoch sind hier die Kreuzblumen fast bis zum Ansatz weggebrochen und der Farbauftrag ist bis auf wenige Stellen bis auf das Holz abgeblättert.

Maße: H. 20,9 cm (Fragment I), 14 cm (Fragment II), B. 63,2 cm (Fragment I), 126,8 cm (Fragment II), T. 3,9 cm (Fragment I), 2,8 cm (Fragment II), Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. aspice qvi transis qvia tv michia) // [– – –]1)

Übersetzung:

Sieh her, der du vorübergehst, weil du mir [Ursache des Schmerzes bist].

Versmaß: Vier Versfüße eines Hexameters.

Kommentar

Der Maßwerkkamm könnte entsprechend seinem Inschriftentext zu einer Kreuzigung gehört haben. Das bestätigt die Angabe „Ista metra sequentia debent scribi sub crucifixo Dom(ini) N(ostri) J(esu) Chr(isti)“ in einem Codex des 15. Jahrhunderts aus Hohenfurt in Böhmen, in dem der Vers als zweiter eines Gedichtes „De Christo crucifixo“ überliefert ist.2) Möglicherweise stammt der Text vom Heiligen Grab in der Halberstädter Domkirche. Denn der rheinische Mönch Theodericus berichtete um 1172 als Jerusalempilger von einer Inschrift, die ein Bild des Gekreuzigten über einem Eingang der Grabeskirche in Jerusalem (vgl. auch Nr. 19) begleitete, die mit diesen Worten begann.3)

Textkritischer Apparat

  1. michi] Zu ergänzen wohl cavsa doloris.

Anmerkungen

  1. Vgl. Walther Initia, S. 81 Nr. 1598; Schumann 1979 Bd. 1, S. 301; AH 15, S. 45 Nr. 23,2.
  2. AH 15, S. 45 Nr. 23,2.
  3. ASPICE QUI TRANSIS, QUIA TU MICHI CAUSA DOLORIS: / PRO TE PASSUS ITA, PRO ME TU NOXIA VITA; Theodericus, Peregrinatio, [9],347 f. (S. 153); Bulst 1976, S. 18; De Sandoli 1974, S. 78; Sauer 1993, S. 219 Abb. 1, 228 f. mit Anm. 87 zur Inschrift, zur Beschreibung und zum Grundriß der Grabeskirche. Theodericus’ Peregrinatio läßt sich allerdings nicht in der Dombibliothek nachweisen. Zu Theodericus siehe: Verfasserlexikon Bd. 9, Sp. 741 f.; Bd. 11 (Nachträge), Sp. 1522.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 144 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0014406.