Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 125 Dom, Depot 15. Jh. (um 1490?)

Beschreibung

Fragment der Holzfüllungen der Chorschranke; Domschatz ohne Inventarnummer, ehemals den Maßwerkvierpaß der mittleren Blendnische der Chorschranke im sechsten Joch von Osten an der Nordseite des Chorumgangs ausfüllend; Holz, Leinwandreste, farbig gefaßt; die Fassung sehr verwittert und abgeblättert; erkennbar sind nur noch Überreste des Flügelpaars eines Engels, der in seinen Händen ein Spruchband mit der braun auf Weiß aufgemalten fragmentarischen Inschrift (A, Titulus mit Bibelzitat?) hält. Auf der Rückseite der von derselben Hand zweifach, mit schwarzer Farbe und mit Kreide ausgeführte Name (B).

Maße: H. 41 cm, B. 41,5 cm, T. 2,9 cm, Bu. 0,9 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien in gotischer Majuskel (A), Minuskelschreibschrift (B).

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/2]

  1. A

    Ma[..]usa) sequentibusb) // [– – –]isc) ·1)

  2. B

    Matheus / Matheus

Kommentar

Dargestellt war wohl der Engel als Sinnbild des Evangelisten Matthäus. Vielleicht handelt es sich bei der Inschrift um das Bibelzitat „audiens autem Iesus miratus est et sequentibus se dixit amen dico vobis non inveni tantam fidem in Israhel“,1) das den Glauben des Hauptmanns von Kapharnaum zum Inhalt hat. Die ungefähre Anzahl der fehlenden Buchstaben des Inschriftenfragments und die Endsilbe „is“ stimmen mit dieser Bibelstelle überein. In der Bibel finden sich sonst nur zwei weitere Formen des Partizips Präsens von sequor im Dativ oder Ablativ Plural.2) Beide Stellen weisen jedoch keine Verbindung mit dem abgebildeten Engel bzw. eine entsprechende Buchstabenkonstellation auf. Anstatt einer Bibelstelle ist aber auch ein liturgischer Text denkbar. Eine Ausstattung der Blendarchitektur der Chorschranken mit bemalten Holzfüllungen wird im 15. Jahrhundert vorgenommen worden sein.3) Besonders in der Zeit kurz vor der Schlußweihe des Domes 1491 ist sie denkbar. Die Namen auf der Rückseite dienten vermutlich als Versatzmarken.4)

Textkritischer Apparat

  1. Ma[..]us] Der zweite Buchstabe beschädigt. Wohl zu ergänzen zu Matheus.
  2. Sequentibus] Der fünfte und der letzte Buchstabe beschädigt.
  3. [– – –]is] Der Buchstabe davor beschädigt. Ob es sich um ein b handelte, ist allerdings zweifelhaft. Etwa 15 bis 25 Buchstaben sind ausgefallen, wenn es keine größeren Wortabstände gab.

Anmerkungen

  1. Mt 8,10?
  2. Nm 16,25; Mc 16,20.
  3. Auf die Reste wies Elis 1857, S. 62 f. hin, der auch auf die heute vollkommen verlorenen Holzpaneele aufmerksam machte, die 1857 noch in größerer Anzahl vorhanden waren; ebd., S. 103 f.
  4. Vgl. DI 54 (Landkreis Mergentheim), Nr. 75.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 125 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0012501.