Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 121 Dom, Neuer Kapitelsaal E. 15. Jh.

Beschreibung

Altartafel, Domschatz Inv. Nr. 393; Eichenholz, Tempera- und Harzmalerei,1) gut erhalten, 1928/29 gereinigt, Rahmen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.2) Vielfigurige Kreuzigung vor dem Hintergrund einer Stadtlandschaft und Goldhimmel, am Fuß des die Schächerkreuze überragenden Kreuzes Maria mit den Frauen und der Apostel Johannes sowie Stephaton, der den Stab mit dem Schwamm hält, der gute Hauptmann weist auf Jesus. Das umstehende Volk und die Kriegsknechte zum Teil in drastischer Häßlichkeit dargestellt; auf dem Kreuzbalken rot auf Weiß aufgemalt der Kreuztitulus.

Maße: H. 108,2 cm, B. 69,6 cm, T. 4,1 cm (mit Rahmen), Bu. 1,5 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/1]

  1. · I(HESVS) · N(AZARENVS) · R(EX) · I(VDEORVM)3) ·

Übersetzung:

Jesus aus Nazareth, König der Juden.

Kommentar

Die Buchstaben weisen ausgeprägte Serifen auf. Links vor dem Schaft des I verläuft ein dünner Zierstrich, daran befindet sich in der Schaftmitte der runde Nodus nach links. N ist retrograd. Die Schräghaste ist dünn ausgeführt und in der Mitte mit drei kurzen Schrägstrichen durchstrichen. Der Schaft des R ist oben etwas zugespitzt. Der Bogen kreuzt den Schaft in der Schaftmitte und läuft leicht geschwungen nach links aus. Die Cauda ist leicht nach rechts gewölbt. Der Titulus wurde von der Hand, die die Inschrift in Nr. 120 herstellte geschaffen.

„Meister der Halberstädter Kruzifixustafel“ nannte Busch den Urheber dieses Altarblattes,4) den Haetge nach Halberstadt lokalisiert hatte.5) Ein weiteres Gemälde von dieser Hand wird im Halberstädter Domschatz aufbewahrt (vgl. Nr. 120). Nach Haetge und Busch ist dieser Maler Vorläufer Hans Raphons (vgl. Nr. 161) gewesen. Gmelin hebt, wie schon Busch und Stange, die Übereinstimmung mit dem Altar aus Klein-Schöppenstedt im Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig wie auch mit der Halberstädter Kreuzigung hervor.6) Der Buchstabenbestand reicht für eine zeitliche Einordnung nicht aus. Das Werk wird hier nach stilkritischem Befund datiert. Die Tafel könnte ehemals den Altar in der Lettnervorhalle oder einen Altar im siebten Joch des Südschiffs geschmückt haben, die beide eine Kreuzigung auf Goldgrund aufwiesen.7) Unter letzterem befand sich 1817 eine Predella mit den zwölf Aposteln.

Anmerkungen

  1. Haetge 1931, S. 47.
  2. Gmelin 1974, S. 399.
  3. Io 19,19.
  4. Busch 1943, S. 98.
  5. Haetge 1931, S. 47.
  6. Gmelin 1974, S. 399; Busch 1943, S. 98; Stange 1954, S. 128 f.; Stange 1967–1978 Bd. 1, Nr. 797 S. 240.
  7. Büsching 1819, S. 237, 248.

Nachweise

  1. Haetge 1931, Taf. 21.
  2. Busch 1943, Abb. 454–457.
  3. Stange 1954, Abb. 226.
  4. Hinz 1964, Abb. S. 198.
  5. Gmelin 1974, Abb. 126.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 121 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0012103.