Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 108 Dom, Depot 1474

Beschreibung

Meßkelch, Domschatz Inv. Nr. 11;1) Silber, vergoldet, getrieben, Durchbruchsarbeit, graviert; Sechspaßfuß mit flachem Standring, Zarge zwischen Hohlkehlprofilen mit Kreuzband- und Vierpaßornamenten geschmückt; auf dem Fuß ein graviertes lateinisches Kreuz über einem Kalvarienberg, am oberen Ende des Kreuzesstammes auf geschwungenem Schriftband der gravierte Kreuztitulus (A). Auf dem Schaft über und unter dem Knauf auf schraffiertem Grund die Anrufungen (B, C), die untere durch Niete getrennt; dazwischen ein getriebener breiter Nodus mit gravierten Maßwerkfenstern auf Ober- und Unterseite und sechs rautenförmigen Rotuli mit gravierten vierblättrigen Blüten. Mäßig steile Kuppa, auf der Unterseite des Standrings die gravierte Jahreszahl (D). Abplatzungen zwischen oberem Schaft und Kuppa, kleinere am Anlauf, leichter Weinfraß, der ehemals aufgenietete Kruzifixus fehlt, die Nietlöcher verlötet; der Kelch wurde repariert, wie eine in der Mitte des Kreuzes befindliche silberne, unvergoldete Lötstelle zeigt, die mit demselben, die Holzmaserung andeutend, Wellenornament verziert ist wie die Umgebung.

Maße: H. 17 cm, D. 13,9 cm, Bu. 0,2–0,3 cm (A, C), 1 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A, B, C).

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Hans Fuhrmann/Marion Gronemann) [1/3]

  1. A

    i(hesvs) n(azarenvs) r(ex) i(vdeorvm)2)

  2. B

    ihesvs

  3. C

    · m//ari//a

  4. D

    1474

Übersetzung:

Jesus aus Nazareth, der König der Juden.

Kommentar

Die Inschriften A, B und C wurden zwar in unterschiedlicher Weise graviert, weisen jedoch ähnliche Einzelformen auf. Die Schaftenden sind stumpfwinklig gebrochen, verbreitert und leicht eingebuchtet. Das doppelstöckige a weist einen hohen Schaft auf. Die Fahne des r ist zu einem Quadrangel mit beidseitig angesetztem Zierstrich reduziert. Das obere Schaftende der 1 in der Jahreszahl ist zu einem Quadrangel aufgelöst wie dasjenige des i im Wort inri.

Wegen der ähnlichen Ausführungsweise der Inschriften wird die Jahreszahl auf der Unterseite des Standrings wohl nicht auf eine Reparatur in diesem Jahr hinweisen, obwohl auch das nicht ausgeschlossen ist. Der Kelch kann demnach 1474 entstanden sein, auch wenn die Form des gerundeten Anlaufs ein wenig älter wirkt. Der Kelch war 19023) noch in Gebrauch.

Anmerkungen

  1. Siehe: Nebe 1889/1890, S. 87; Zschiesche 1895, S. 156; Hermes 1896, S. 88; BKD, S. 273, 276.
  2. Io 19,19.
  3. BKD, S. 276.

Nachweise

  1. BKD, S. 276 (B teilweise, C).

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 108 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0010800.