Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 63 Dom, nördlicher Chorumgang A. 15. Jh.

Beschreibung

Bildfenster nord V;1) Farbglas, Schwarzlot, gut erhalten. In dem Fenster von vier Bahnen und fünf Zeilen sowie vier abschließenden Kopfscheiben, das ehemals die Dionysiuslegende enthielt, sind heute vor allem im Maßwerk nur noch wenige mittelalterliche Originalscheiben vorhanden, die aus anderen Fenstern stammen. Auf dem Schriftband am unteren Rand der Scheibe 2a mit der vormals in nord VII befindlichen Bestattung des hl. Johannes Baptista um den Nimbus des Heiligen umlaufend gemalt bzw. radiert bzw. aufgemalt die Bildbeischriften (A, B). Um die Nimben des Christuskindes und der Muttergottes in 4 BC umlaufend die Bildbeischriften (E, F) radiert und in den Schriftbändern in den Händen der Dargestellten in den Maßwerkscheiben 3 AB, 3 CD, die ursprünglich zum Marienfenster gehörten und die die Prophezeiung der Tiburtinischen Sibylle zeigen, die Anrufung (C) und das literarische Zitat (D) gemalt.

Maße: H. 730 cm, B. 255 cm, Bu. ca. 2,8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien in gotischer Majuskel.

CVMA Deutschland Potsdam/Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Renate Roloff) [1/4]

  1. A

    [johan(n)es]a) sepelit(ur) a discipul(is)2)

  2. B

    S[a]nct(us) // Johannes

  3. C

    Deus qui venturus3) ··// miserere / · mei · / ·

  4. D

    · hec est · ara celi · / hec est / Ara celi ·4)

  5. E

    Jh//hesu(s)b) // Chr(istu)sc)

  6. F

    Sancta maria · // mater rd) // Chr(ist)ie)

Übersetzung:

A: Johannes wird von [seinen] Schülern beigesetzt. B: Der heilige Johannes. C: Gott, der im Begriff ist zu kommen, erbarme dich meiner. D: Dies ist ein Altar des Himmels, dies ist ein Altar des Himmels. E: Jesus Christus. F: Heilige Maria, Mutter Christi.

Kommentar

Die Buchstaben der gotischen Minuskel zeigen deutlich die Herkunft der mittelalterlichen Scheiben, die ja aus zwei verschiedenen mit dem heutigen nicht übereinstimmenden Standorten5) stammen, aus derselben Werkstatt, in der auch das Dionysius-, Martins-, Sakrament- und Karlsfenster geschaffen wurden.6) Leitbuchstabenartig kommt in allen diesen Fenstern als Schluß-s ein Schleifen-s vor, außerdem u ohne Brechungen an den oberen Schaftenden sowie als Worttrenner (hier: C–F) und Zeilenfüllung aus einzelnen Punkten zusammengesetzte Rosetten.

Umfang und Inhalt des postulierten Fensters der beiden Johannes’, das sich ehemals in nord VII befand, lassen sich nicht mehr rekonstruieren.7) Die Maßwerkscheiben mit der Darstellung des Kaisers Augustus, der Tiburtinischen Sibylle und Marias mit dem Kinde im Strahlenkranz beschlossen einst das Marienfenster (vgl. Nr. 65) und spielen auf die „Gottesmutter als Kirche Christi an“.8)

Textkritischer Apparat

  1. johannes] Vermutlich nach 1900 ergänzt. Vgl. die Aufnahme von vor 1897 bei Fitz 2003, S. 296 Fig. 158. Danach ist die Zeichnung ebd., S. 232 Fig. 129 zu 2a zu berichtigen.
  2. Jhhesus] Sic! Der erste, dritte und vierte Buchstabe beschädigt.
  3. Christus] Bestand: xps.
  4. r] Sic! Fehlt Fitz.
  5. Christi] Bestand wohl: xpi. Alle Buchstaben beschädigt. Fehlt Fitz.

Anmerkungen

  1. Vgl. Fitz 2003, S. 225–237 mit Abb. 142–148 und Farbtaf. XVIII mit der älteren Literatur.
  2. Vgl. Mt 14,12 und Mc 6,29.
  3. Vielleicht zu Apc 4,8: „... deus omnipotens qui erat et qui est et qui venturus est“.
  4. Legenda aurea, S. 68–72, hier bes. S. 70; Legenda aurea dt. Übers., S. 40 f.
  5. Im Fenster nord VII befand sich vermutlich das Fenster der beiden Johannes’, Südseite, heute in nord VI befindet sich das Marienfenster, das früher an der Südseite abgebracht war; vgl. Fitz 2003, S. 245–272, 294–299.
  6. Vgl. Fitz 2003, S. 298, 312.
  7. Ebd., S. 230, 296, 298.
  8. Ebd., S. 311.

Nachweise

  1. Fitz 2003, S. 234 und 236 mit Abb. 144–148 mit Farbtaf. XVIII.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 63 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0006306.