Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 39 Dom, Bischofskapelle, oberer Raum 1. H. 14. Jh.

Beschreibung

Deckel eines Kastens, Domschatz Inv. Nr. 417;1) Holz, polychrom gefaßt, die Farbe großflächig abgeblättert, auf der Außenseite fast vollständig vergangen, Eisenbeschlag und Nägel stark korrodiert, an der unteren rechten Kante ein eiserner Winkel aufgenagelt. Auf der ehemaligen Innenseite vor einem braunen Hintergrund, in eine von schwarz und weiß schräggestreiften Säulen getragene Maßwerkarchitektur eingestellt fünf Heilige in graue oder rote Gewänder und rote, purpurfarbene oder graue Mäntel gekleidet, die teils ein Buch in der Hand halten, der erste von links bartlos, links neben dem zweiten Heiligen von links in Hüfthöhe ein Titulusfragment (A). Auf der Außenseite in Rundbogenarkaden Szenen aus einem Heiligenleben, die linke Szene unterbrochen von einem eisernen Beschlag, rechts davon ist nur noch eine Person in rotem Mantel und braunem Gewand zu erkennen; unter dem mittleren Rundbogen in gleicher Gewandung eine gekrönte weibliche Heilige vor einem etwas kleiner dargestellten Mann, der mit verschränkten Armen dasteht; im rechten Bildfeld ein Heiliger; über den Rundbögen unterhalb eines 3 cm breiten Rahmens das Inschriftenfragment (B) über einer schwarzen Linie aufgemalt.

Maße: H. 30,5 cm, B. 51 cm, T. 3 cm, Bu. 1,3 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

  1. A

    S[– – –]a)

  2. B

    [– – –]b)//[– – –]V[– – –]c) G[.]NNI · ET E[– – –]d)

Kommentar

Nur wenige Buchstaben der Inschrift B sind deutlich erkennbar. Das V der Inschrift ist gleichwinklig. An den Hastenenden finden sich Sporen. Das G ist eingerollt, das obere Bogenende stark verbreitert. N findet sich in kapitaler wie in runder Form. Der Bogen des runden N wird an seinem Ende nach rechts umgebogen und läuft spitz aus. Unziales E ist abgeschlossen und weist im mittleren Bogenverlauf eine Schwellung auf. Der Abschlußstrich ist kurz, die Ecken sind nach außen umgebogen. Das untere Hastenende des T ist stark verbreitert. Die Balkenenden werden nach unten weit ausgezogen und laufen spitz zu. Inschrift A könnte später aufgebracht worden sein. Nur der Anfangsbuchstabe ist noch entzifferbar.

Hermes und ihm folgend Doering hielten das Fragment für den Überrest einer Tür.2) Schon Doering nahm an, daß die beiden Seiten von verschiedenen Händen gefaßt wurden.3) Tatsächlich handelt es sich wohl um den Deckel eines Kästchens. Nicht entscheiden läßt sich aufgrund des Zustandes der äußeren Seite, ob beide Seiten zeitgleich gefaßt wurden. Sowohl der Text wie auch die Buchstabenformen der nur rudimentär erhaltenen Inschriften lassen keine Einschätzung ihrer Entstehungszeit zu. Nach dem stilkritischen Befund, hier vor allem nach Faltenwurf und Behandlung der Haare, stammen die Darstellungen der Innenseite aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts.4) Dem widerspricht auch nicht der Buchstabe der Inschrift A, wenn er erst später aufgebracht wurde. Die äußere Seite läßt sich aufgrund ihres Erhaltungszustandes nicht bewerten.

Textkritischer Apparat

  1. S[- – -]] Wohl zu Sanctus zu ergänzen.
  2. Vielleicht die Buchstaben unziales E und C.
  3. Möglicherweise die Buchstabenfolge RERVNT.
  4. Möglicherweise die Buchstabenfolge ERN

Anmerkungen

  1. Nebe 1889/1890, S. 91 und Hermes 1896, S. 125 und 135 zählen ihn zu den Bildern; BKD, S. 298.
  2. Hermes 1896, S. 135; Doering 1927, S. 63.
  3. BKD, S. 298.
  4. Siehe dazu Fitz 2003, S. 36 mit Abb. 7; Janke 2006, Nr. 28 c S. 245–247 mit Abb. 76 nimmt an, daß es sich um den Deckel eines Reliquienbehältnisses gehandelt habe. Zu ähnlichen Beispielen Stange 1934, S. 23 mit Abb. 27 f., S. 29 ff. mit Abb. 38; Stange 1967–1978 Bd. 1, Nr. 2 S. 17, Nr. 15 S. 19 f.; Wolfson 1992, S. 145 mit Abb. 48.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 39 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0003907.