Inschriftenkatalog: Dom zu Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 75: Halberstadt Dom (2009)

Nr. 15† Dom, Neuenstädter Kapelle 3. D. 12. Jh.

Beschreibung

Wandteppich oder Teppichfragment überliefert als Kopie des 18. Jahrhunderts, Domschatz Inv. Nr. 519; an der Nordwand der Neuenstädter Kapelle, ehemals im Chor, danach im Kapitelsaal.1) Format querrechteckig, Sackleinen (Drillich), in einem aus zwei Leisten bestehenden Rahmen zu beiden Seiten des auferstandenen Christus, im Lendentuch mit Kreuznimbus und Kreuzfahne, eine Hand zum Segensgestus gehoben, die vier Evangelisten samt ihren Symbolen auf bzw. unter einer Art Bank, sie halten Schreibfedern in ihren Rechten und Bücher bzw. Schriftbänder in den Linken, auf den vertikal zwischen ihnen verlaufenden Schriftbändern die Tituli (A–D).

Inschriften nach der Kopie.

Maße: H. 132 cm, B. 307,5 cm, Bu. 4,8–5,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis als Umformung einer romanischen Majuskel.

Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle (Reinhard Ulbrich) [1/1]

  1. A

    MAT//HEV[S ·]a)

  2. B

    MARCVS .

  3. C

    LV//CAS .

  4. D

    IO//HANNESb) // [.]

Kommentar

Die Schrift des ursprünglichen Teppichs war gewiß eine romanische Majuskel. Die Verwandtschaft zu den Buchstaben des Apostelteppichs ist unübersehbar.

Die Kopie ist nach Carl Elis von dem ehemaligen Domküster Haber im Jahr 1739 angefertigt worden.2) Durch eine im Domarchiv Halberstadt erhaltene Quittung Habers, in der er sich einen Einkauf von 30 Ellen Drillich bestätigen läßt, scheint dies belegt zu sein.3) Daß der „Evangelistenteppich“ bis auf die Figur Christi in seiner Mitte, die Elis unverständlicherweise für Johannes den Täufer hielt,4) stilistisch dem Apostelteppich entsprach, stellte schon Betty Kurth fest.5) Das geht auch aus den Übereinstimmungen hervor, wie sie z. B. die gleiche Art der Behandlung der Fußstützen der Bank, auf der die Apostel und die Evangelisten sitzen, in Original (Nr. 14) und Kopie zeigen. Kurth weist trotz stilistischer Zugehörigkeit die Überlegung Lessings zurück, daß der Evangelistenteppich dem Apostelteppich angefügt war, da dieser als „abgeschlossenes Ganze[s]“ zu betrachten sei.6) Diesem Argument ist zuzustimmen. Trotzdem scheint es möglich, wie auch die gemeinsame Aufhängung in nachmittelalterlicher Zeit zeigt,7) daß beide auch ursprünglich ein Ensemble gebildet haben könnten. Die Schranke des romanischen Domes ließ allerdings auch nach ihrer Umgestaltung nach 1179 mit ihrer Länge von 1 160 cm zumindest für eine reihende Hängung beider Teppiche keinen Platz.8) Ob sie auch übereinander angebracht worden sein könnten, läßt sich nicht sagen, da man weder über die Höhe der Chorschranke noch den liturgischen Gebrauch der Teppiche Nachricht hat.

Textkritischer Apparat

  1. MATHEVS] Der heute erloschene letzte Buchstabe samt Worttrenner ergänzt nach Kurth 1926 Bd. II, Taf. 7 b; Mathäus Elis 1857.
  2. IOHANNES] Der folgende Worttrenner ergänzt nach Kurth 1926 Bd. II, Taf. 7 b; Johannes Elis 1857.

Anmerkungen

  1. Büsching 1819, S. 235; Lucanus 1845, S. 47; Kugler 1853, S. 133; Elis 1857, S. 88; Kirchenschmuck 1858, S. 44; Kurth 1926, S. 207; nach BKD, S. 290 befand er sich in einem Schrankkasten im Kapitelsaal; danach hält Doering 1927, S. 77 f. das Stück dann für unauffindbar.
  2. Elis 1857, S. 88.
  3. Halberstadt, Domarchiv, A I 15; vgl. auch Nr. 11 †.
  4. Elis 1857, S. 88.
  5. Kurth 1926, S. 207.
  6. Ebd.
  7. Büsching 1819, S. 235 f. zählt die Teppiche über den Rücklehnen des Chorgestühls auf: „[an] der linken Seite sind die ersten fünf Darstellungen gemalt“ (gemeint ist die Nordseite, von Osten beginnend, Anm. d. Bearb.), „Christus als der Weltheiland, mit den vier Evangelisten … die Zwölfboten gewirkt … Christus auf dem Regenbogen … Gott Vater auf dem Thron“ (damit wird der Karlsteppich gemeint sein, Anm. d. Bearb.); Lucanus 1845, S. 47 nennt neben dem Christus-Apostelteppich an der Nordseite „nach Osten noch eine gesonderte Darstellung: Christus mit der Siegesfahne zwischen den vier Evangelisten“; Elis 1857, S. 87 f. beschreibt (jetzt von Westen beginnend, Anm. d. Bearb.) den Karlsteppich, auf den der Apostelteppich folgte und den gemalten Teppich mit den Evangelisten, in deren Mitte er allerdings statt Christus Johannes den Täufer sehen wollte; ausdrücklich die Nordseite als Hängungsort nennt Kirchenschmuck 1858, S. 44 und beginnt, ebenfalls von Westen her aufzählend, mit dem Karlsteppich, dem der Apostelteppich und das gemalte Stück mit Christus und den Evangelisten folgten; Lucanus 1866 nennt die Kopie mit den Evangelisten nicht mehr, ebenso Hermes 1896.
  8. Leopold/Schubert 1984, Beilage Nr. 44, Fundament 119, 127, 128.

Nachweise

  1. Elis 1857, S. 88.
  2. Kurth 1926 Bd. II, Taf. 7 b Abb.

Zitierhinweis:
DI 75, Halberstadt Dom, Nr. 15† (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di075l003k0001500.