Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 415(†) St. Nikolai 1640

Beschreibung

Reste des Epitaphs für Alexander Christiani und seine Familie. Es wurde Biederstedt zufolge um 1806 zerstört,1) die erhaltenen Teile wurden vielleicht im Rahmen der Umgestaltung von St. Nikolai zwischen 1823 und 1832 aus St. Jacobi in die Nikolaikirche gebracht. Pyl zufolge war 1885 der Inschrift A tragende Teil verloren.2) Bei zwei relativ großen, annähernd quadratischen Ölgemälden mit der Anbetung Christi durch die Heiligen Drei Könige sowie der Hochzeit zu Kana handelt es sich seiner Meinung nach um Teile dieses Epitaphs, über dessen Konstruktionsweise jedoch keine Angaben vorliegen.3)

Auf einer kleineren Holztafel, die sich heute in der Sakristei von St. Nikolai über dem Türsturz befindet4) und wohl zum Unterhang des Epitaphs gehörte, ist die kniende Familie Christiani zu sehen, links der Verstorbene und drei noch lebende sowie sechs weiß gekleidete, verstorbene Söhne; rechts die beiden Ehefrauen des Alexander Christiani und eine Tochter. In der Mitte ein Christus am Kreuz, daran der Titulus B.

Inschrift A nach Dähnert.

Maße: H. 53,5 cm, Br. 160 cm (gesamtes Epitaph nach Pyl), 131 cm (Tafel). Bu. 0,8 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A†

    Hoc Epitaphium ex ultimo elogio Viri Reverendi et Clarissimi Domini M(agistri) Alexandri Christiani P(iae) m(emoriae) Archidiaconi quondam ad templum olim D(ivo) Nicolao sacrum Vigilantissimi et meritissimi in honorem Dei et memoriam tum praedicti Viri D(omi)n(i) M(agistri) Alexandri Christiani tum suorum nempe ex primo matrimonio Coniugis Ilsabe Volschowen et liberorum tum mortuorum Johannis Joachimi Jacobi et trium embryonum tum superstitum Alexandri et Joachimi atque ex secundo matrimonio relictae viduae Christinae Tessins et Liberorum Johannis et Mariae consecratum et huc appositum est Anno MDCXL circa festum Michaelis

  2. B

    I(ESUS) N(AZARENUS) R(EX) I(UDAEORUM)5)

Übersetzung:

Dieses Epitaph ist gemäß dem letzten Willen des ehrwürdigen und hochberühmten Mannes Herrn Magister Alexander Christiani seligen Gedenkens, einst sehr fürsorglicher und hochverdienter Archidiakon an der vor Zeiten dem heiligen Nikolaus geweihten Kirche, geweiht und hier aufgestellt worden im Jahr 1640 ungefähr am Fest des heiligen Michael (29. September), zu Ehren Gottes und zum Gedenken sowohl an den vorher erwähnten Mann Herrn Magister Alexander Christiani als auch an seine Angehörigen, nämlich aus erster Ehe an die Ehefrau Ilsabe Völschow und an die Kinder, sowohl die verstorbenen Johannes, Joachim, Jakob und an drei Neugeborene als auch an die überlebenden Alexander und Joachim sowie an die aus der zweiten Ehe zurückgelassene Witwe Christina Tessin und an die Kinder Johannes und Maria. (A)

Kommentar

Alexander Christiani wurde am 19. Februar 1587 geboren und starb am 26. Juli 1637.6) Er stammte aus Demmin (Ldkr. Mecklenburgische Seenplatte), immatrikulierte sich 1609 in Greifswald und erwarb 1613 den Magistergrad.7) Seit 1617 war er Professor der Mathematik, seit 1619 auch Professor der Logik und Metaphysik,8) 1623/1624 war er Rektor der Universität.9) Im Jahr 1624 wurde er zum Archidiakon an St. Nikolai berufen und trat vom Rektorenamt zurück.10)

Seine erste Ehefrau Ilsabe Völschow wurde am 4. August 1593 geboren, heiratete 1619 und erlag am 15. Juli 1630 möglicherweise der Pest,11) seine zweite Ehefrau war Christina Tessin. Aus dieser Ehe stammten die Kinder Johannes und Maria. Die Söhne Alexander und Joachim aus der ersten Ehe sowie Johannes aus der zweiten wurden 1630, 1635 und 1644 um der Verdienste ihres Vaters willen ohne Zahlung von Gebühren an der Universität immatrikuliert.12) Das Epitaph wurde der Inschrift zufolge erst drei Jahre nach dem Tod des Alexander Christiani errichtet.

Anmerkungen

  1. Biederstedt, Beyträge 4, S. 86–89; vgl. auch ebenda, S. 91 Anm.
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 453f.
  3. Beide Ölgemälde befinden sich heute in der vierten Kapelle des nördlichen Seitenschiffs; Maße: H. 155 cm, Br. 137 cm. Es könnte sich bei diesen Bildern auch um vom Epitaph unabhängige Stiftungen des Alexander Christiani handeln; so jedenfalls Blühm, Ausstattung, S. 54.
  4. Die Tafel ist in der Grundform querrechteckig, die beiden unteren Ecken wurden ausgespart. Auf den unteren Rand der Tafel wurde in jüngerer Zeit die Inschrift M. Christiani. aufgemalt.
  5. Io. 19,19.
  6. Das Geburts- und Sterbedatum bei Lange, Vitae Pomeranorum, S. 58; das Sterbedatum auch in Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 565. Ein Trauergedicht für Alexander Christiani in UB Greifswald, Vitae Pomeranorum, Bd. 6.
  7. Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 401, 414. Angaben zum akademischen Wirken Christianis auch bei Kosegarten, Universität 1, S. 235; Lange, Ergänzungen, S. 71.
  8. Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 436, 441.
  9. Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 463.
  10. Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 473.
  11. Zur Pest als Todesursache vgl. Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 514; die Lebensdaten und das Jahr der Eheschließung nach Lange, Vitae Pomeranorum, S. 353. Das Glückwunschgedicht anlässlich ihrer Eheschließung in UB Greifswald, Vitae Pomeranorum, Bd. 6; Leichenpredigt und Trauergedicht ehemals ebenda, Bd. 39 (nicht erhalten).
  12. Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 505, 549, 627.

Nachweise

  1. Dähnert, Denkmale, S. 293f. (Nr. I).
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 453 (beide A).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 415(†) (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0041501.