Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 287 Ldkr. Vorpommern-Greifswald, Weitenhagen, evang. Kirchengemeinde 1602

Beschreibung

Kelch. Silber, 1988 repariert und neu vergoldet.1) Aus der Kirche des herzoglichen Amtes Eldena zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Weitenhagen gelangt.2) Sechspassfuß mit breitem Standring und geprägter niedriger Zarge. Sechskantiger Schaft, abgeflachter runder Nodus mit acht runden Ornamenten. Die schlichte, relativ hohe Kuppa ist trichterförmig. Auf dem Fuß sechs Segmente, in einem ein plastischer Kruzifixus mit Kreuznimbus, zu beiden Seiten Maria und Johannes. Im Segment links daneben ein Vollwappen mit Inschrift A, rechts neben dem Kruzifixus ein weiteres Vollwappen und Inschrift B, auf den folgenden Segmenten C–E. Auf der Unterseite des Fußes die weniger sorgfältig gearbeitete Inschrift F. Auf dem Standring unterhalb des Kruzifixus das Beschauzeichen der Greifswalder Goldschmiede (M3) und ein Meisterzeichen (M7). Alle Inschriften sind graviert.

Maße: H. 20 cm, Dm. 12,5 cm (Kuppa), 15,3 cm (Fuß). Bu. 0,3 cm (A, C, D), 0,25 cm (B), 0,4 cm (E), 0,3–0,4 cm (F).

Schriftart(en): Kapitalis (A–E), mit Minuskel (F).

Jürgen Herold [1/11]

  1. A

    ACHATIVS ˑ V(ON) ˑ RADE ˑ F. H.a) / AVF ˑ ELDENO ˑ

  2. B

    HERMAN ˑ GRELLINCK ˑ / F. R.b) AVF ˑ ELDENO ˑ

  3. C

    IOACHIMVS / ANCHORA ˑ / ˑ PASTOR

  4. D

    ACHIM LVDER / PHILIP ˑ LANGE / HERMEN ˑ SCHW/ANEBEKE ˑ VOR/STEER

  5. E

    ANNO SALVTIS / NOSTRAE ˑ 1ˑ60ˑ2 ˑ

  6. F

    XXXVIIIc) ˑ / 1 q(uentchen)

Übersetzung:

Joachim Anker, Pfarrer. (C)

Im Jahr unseres Heils 1602. (E)

Wappen:
Rhade3)Grellinck

Kommentar

Achatius von Rhade (1554–1620)4) wurde 1570 als Student in Greifswald immatrikuliert,5) von 1594 bis 1610 war er Amtshauptmann von Eldena.6) Er spielte eine nicht unbedeutende Rolle während der sog. Zickermann’schen Händel, die eine Episode der anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen Herzog Philipp Julius von Pommern-Wolgast und der Stadt Greifswald darstellten.7) Joachim Anker (Anchora), gestorben 1618, war Pfarrer der nach der Reformation zu einem Sprengel vereinigten Orte Eldena, Wieck (zu Greifswald) und Weitenhagen (Ldkr. Vorpommern-Greifswald).8) Hermann Grellinck war Rentmeister von Eldena und Stellvertreter Rhades. Er heiratete 1606 Katharina Schulte.9) Die Gemeindevorsteher Achim Luder, Philipp Lange und Hermann Schwanebeke lassen sich nicht nachweisen.

Achatius von Rhade, Hermann Grellinck und Joachim Anker werden auch auf einem weiteren Kelch genannt, der ebenfalls 1602, jedoch für die Kapelle in Wieck angefertigt wurde (Kat.-Nr. 288). Der Goldschmied, der den Kelch schuf, ist unbekannt. In der Greifswalder Nikolaikirche befindet sich jedoch eine Grabplatte, die eine nahezu identische Hausmarke mit den Initialen P M aufweist (Kat.-Nr. 386). Dasselbe Meisterzeichen wurde auch auf einem 1607 umgearbeiteten Kelch in Groß-Kiesow (Ldkr. Vorpommern-Greifswald) angebracht.10)

Textkritischer Apparat

  1. F. H.] ‚Fürstlicher Hauptmann‘.
  2. F. R.] Wohl ‚Fürstlicher Rentmeister‘; vgl. dazu den Kommentar.
  3. Gemeint sind 38 Lot.

Anmerkungen

  1. Angabe laut Inventar PEK.
  2. Pyl, Eldena, S. 121.
  3. Wappen Rhade: hier umgeben von zehn Punkten.
  4. Lebensdaten nach Lange, Vitae Pomeranorum, S. 270. Leichenpredigt für Achatius von Rhade in UB Greifswald, Vitae Pomeranorum, Bd. 32.
  5. Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 300.
  6. Schleinert, Gutswirtschaft, S. 287.
  7. Dazu Biederstedt, Reformation, S. 78f.
  8. Vgl. Pyl, Eldena, S. 121; Schleinert, Kirchenpatron, S. 105. Zu den Pfarreien vgl. Berghaus, Stadt Greifswald, S. 567. Das Todesjahr des Joachim Anker nach Biederstedt, Beyträge, Nachlese 1, S. 54.
  9. Lange, Vitae Pomeranorum, S. 123. Vgl. das Hochzeitsgedicht in UB Greifswald, Vitae Pomeranorum, Bd. 81.
  10. Scheffler, Goldschmiede, S. 73 Nr. 136b.

Nachweise

  1. Pyl, Eldena, S. 121 (A–E).
  2. Haselberg, Kreis Greifswald, S. 171 (A–E).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 287 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0028707.