Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 286 St. Marien 1601, 2.H.17.Jh.

Beschreibung

Fragment einer Grabplatte, wahrscheinlich für Peter Corswant (A) und Kaspar Corswant (B). Kalkstein. Unregelmäßiges Bruchstück im fünften Joch des südlichen Seitenschiffs vor dem vierten Pfeiler.1) Es handelt sich um den unteren Teil einer ehemals hochrechteckigen oder quadratischen Platte. Links ist etwa ein Viertel der Breite abgeschnitten. An der oberen Schmalseite Inschrift A. Durch das Beschneiden der Platte und den zusätzlichen Verlust der linken oberen Ecke ist der Anfang der oberen Zeile verloren, derjenige der unteren beschädigt. Darunter Inschrift B. Auch hier fehlen die Zeilenanfänge. Weiter unten am linken Rand ein zur Hälfte abgeschnittener Wappenschild, rechts davon ein Schild mit einer Hausmarke (H6). Inschrift A erhaben in vertieftem Feld, B ist eingehauen.

Maße: H. 110 cm, Br. 95 cm. Bu. 7,5 cm (A), 5 cm (B).

Schriftart(en): Mischschrift aus gotischer Minuskel und Fraktur (A), Kapitalis mit Versalien (B).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    [ - - - v]nd sine erven / [an]no 1601

  2. B

    [ - - - ]ERa) CORSWANT / [ - - - ] Sb) ˑ ERBLICH

Wappen:
Corswant ICorswant II

Kommentar

Pyl ordnet Inschrift A wegen des auf der Platte dargestellten Wappens und in Verbindung mit dem späteren Besitzwechsel (B) dem 1597 verstorbenen Bürgermeister Peter Corswant zu. Die in Inschrift A genannte Jahreszahl 1601 schließt dies jedoch aus. Die Inschrift B bezog Pyl auf Peters gleichnamigen Enkel, der 1672 als Bürgermeister von Greifswald starb.2) Das Corswant’sche Wappen ist auf dieser Platte mit einem zweiten Wappenschild, der eine Hausmarke (H6) zeigt, kombiniert. Dieselbe Anordnung findet sich auch auf einer Grabplatte für Kaspar Corswant (Kat.-Nr. 26), die Hausmarke allein auf einer weiteren Platte für denselben (Kat.-Nr. 250), beide in der Marienkirche. Es liegt daher nahe, die Besitzer in der von Kaspar abzweigenden Linie der Familie zu suchen. Kaspar war ein Bruder des Bürgermeisters Peter und starb 1598. Er war Provisor der Marienkirche und mit Anna Schwarz verheiratet.3) Inschrift A ließ wahrscheinlich Kaspars Sohn, der Kaufmann Peter Corswant, anbringen. Er wurde 1573 geboren, erlangte 1599 das Bürgerrecht, starb aber schon 1603. Aus seiner Ehe mit Maria Hagemeister hinterließ er einen Sohn Kaspar († 1664).4)

Bei Inschrift B gibt Pyl als Vornamen Peter wieder. Es ist jedoch anzunehmen, dass schon damals der Name nicht mehr im Ganzen zu lesen war und Pyl ihn nach seinem Dafürhalten vervollständigt hat. Da die vorhandenen Reste auch eine Ergänzung zu ‚Jasper‘ zulassen, spricht nichts dagegen, als nächsten Besitzer an Peters bereits erwähnten Sohn, den späteren Ratsherrn Kaspar Corswant zu denken. Er wurde 1601 geboren, absolvierte eine Handelslehre in Hamburg, erlangte 1624 das Bürgerrecht, wurde 1640 Provisor der Marienkirche und sieben Jahre später Ratsherr in Greifswald. Verheiratet war er mit seiner Cousine zweiten Grades Elisabeth Corswant, Tochter des Bürgermeisters Georg Corswant († 1610). Er starb 1664.5) Für Inschrift B kommt allerdings auch dessen Sohn, der Bürgermeister Kaspar Corswant (1634–1708), verheiratet mit Regina Hoyer, Tochter des Bürgermeisters Kaspar Hoyer, infrage. Für diese Annahme spricht, dass sein Bruder, der Bürgermeister Christoph Corswant († 1706), eine Grabplatte in der Nikolaikirche besaß (Kat.-Nr. 154) mit einer Inschrift, die Inschrift B auf dieser Platte sehr ähnlich ist.6) Neben der vergleichbaren Schriftausführung betrifft die Ähnlichkeit auch die Textgestalt, insbesondere den Zusatz ‚h(uius) c(ivitatis) s(enator/-is)‘.

Textkritischer Apparat

  1. [ - - - ]ER] Peter Pyl; der historischen Überlieferung folgend eher ‚Jasper‘.
  2. [ - - - ] S] Wahrscheinlich zu ergänzen zu H C S, aufzulösen zu H(UIUS) C(IVITATIS) S(ENATOR) oder S(ENATORIS); Pyl las P. S. Das vollständige Kürzel H. C. S. findet sich auf einer Grabplatte für den Bürgermeister Christoph (von) Corswant († 1706), Kat.-Nr. 154.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Marien, Nr. 194. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Marien, Nr. 80.
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 433.
  3. Gesterding, Zweite Fortsetzung, S. 114 (Nr. 2).
  4. Gesterding, Zweite Fortsetzung, S. 115 (Nr. 7, mit dem falschen Todesjahr 1605); Lange, Vitae Pomeranorum, S. 64.
  5. Pyl, Genealogien 5, S. 421f. (Nr. 491).
  6. Pyl, Genealogien 5, S. 421f. (Nr. 491).

Nachweise

  1. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 433.

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 286 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0028600.