Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 212 St. Nikolai vor 1509, 17.Jh.?

Beschreibung

Grabplatte für Hinrich und Georg(?) Lotze (A). Kalkstein. Drei verschieden große, rechteckige Teilstücke im fünften Joch des nördlichen Seitenschiffs.1) Die Inschrift für die Brüder Lotze (A) erstreckt sich über alle drei Fragmente. Sie verlief ursprünglich an der linken Langseite bis zur Mitte der oberen Schmalseite. Zwischen den Fragmenten sind Teile verloren gegangen. Das Ende ist abgetreten. Auf dem dritten Teilstück die Reste der querlaufenden Inschrift B. Darüber an der ursprünglichen Schmalseite der Platte, rechts oberhalb des Endes von A, Nummerierung C. Inschrift A erhaben in vertiefter Zeile, B und C eingehauen.

Maße: H. 118 cm (Fragment 1), 55 cm (Fragment 2), 122 cm (Fragment 3), Br. 76 cm (Fragment 1), 48 cm (Fragment 2), 60 cm (Fragment 3). Bu. 10 cm (A), 4 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal (A), Kapitalis (B).

Jürgen Herold [1/4]

  1. A

    Jste lapis est d(omi)nor(um) [ - - - ] [ - - - ] hinrici fratr[um]a) [ - - - ] [ - - - ]rg dictor(um) lotze / et suor[ - - - ]b)

  2. B

    ˑ Dc) . A[ - - - ]

  3. C

    158

Übersetzung:

Dieser Stein gehört den Herren (... und) Hinrich, Brüder, (...) genannt Lotze, und ihren Erben. (A)

Kommentar

Inschrift A enthält als einzige im Greifswalder Bestand die Wendung ‚iste lapis est‘ anstelle der sonst üblichen Formel ‚iste lapis pertinet‘.

Die Annahme Pyls, in dieser Inschrift würden der Ratsherr Hinrich Lotze genannt sowie seine Schwester Katharina, die mit dem Bürgermeister Nikolaus Schmiterlow († 1485) verheiratet war, ist nicht zutreffend. Vielmehr verweist die Inschrift auf zwei Brüder Lotze. Da die Inschrift zur Bokholt-Gruppe gehört (siehe Einleitung, Kap. 8), wird es sich bei Hinrich Lotze um den von Pyl angeführten Ratsherrn, bei seinem Bruder um Georg Lotze handeln, beide Söhne des Provisors der Nikolaikirche Nikolaus Lotze und der Katharina Schwulle. Hinrich Lotze war in erster Ehe mit Wobeke, Tochter des Ratsherrn Melchior Rubenow, in zweiter Ehe mit einer Tochter des Ratsherrn Markus Stevelin verheiratet. Er wurde 1476 in den Greifswalder Rat aufgenommen und starb 1509.2) Georg Lotze wurde 1460 an der Universität immatrikuliert, bald zum Baccalaureus artium und schließlich zum Magister promoviert. Im Jahr 1462 nahm ihn Herzog Wartislaw X. als Erzieher seines Sohnes Swantibor an. Danach war er als Protonotar des Wismarer Rates tätig. Nach Greifswald zurückgekehrt, erwarb er nacheinander die juristischen Grade eines Baccalaureus und Lizentiaten, wurde bischöflicher Offizial sowie Mitglied des Kollegiatkapitels von St. Nikolai und war als Anwalt tätig. 1487 erlangte er eine juristische Professur. Im Herbst 1491 wählte man ihn zum Rektor der Universität.3) Durch den überwiegenden Verlust von Inschrift B lässt sich nicht mehr ermitteln, an wen die Platte vermutlich im 17. Jahrhundert kam. Davor oder danach war sie im Kirchenbesitz (C).

Textkritischer Apparat

  1. hinrici fratr[um]] hinric et katerina Pyl.
  2. suor[ - - - ]] Zu ergänzen zu suorum heredum.
  3. D] D(OMINUS) oder D(OMINI).

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Nikolai, Nr. 47. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Nikolai, Nr. 46, 59.
  2. Pyl, Genealogien 5, S. 299f. (Nr. 313).
  3. Kosegarten, Universität 1, S. 149f.; Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 897. Diese Informationen lassen sich anhand der Greifswalder Matrikel nur teilweise nachvollziehen; siehe Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 17 (Immatrikulation), S. 35 (Baccalaureat 1464), S. 117, 119, 121 (Rektor 1491, Lizentiat der Rechte bzw. sacrarum legum).

Nachweise

  1. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 415 (A).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 212 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0021200.