Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 128 St. Jacobi M.14.–M.15.Jh.

Beschreibung

Kelch. Silber, vergoldet. Ohne Marken und Beschauzeichen. Schmaler Standring, darüber Zarge mit durchbrochenen Vierpässen. Auf jedem Segment des fünfeckigen Fußes runde Medaillons mit durchbrochenen Treibarbeiten, eine Kreuzigungsgruppe sowie die Symbole der vier Evangelisten. Die Medaillons ragen in die Schriftleisten hinein. Die Inschriften A und B um den Fuß umlaufend. Inschrift A beginnt auf dem Segment mit dem Löwen; das letzte Wort von B wurde aus Platzgründen über der Kreuzigungsgruppe angebracht. Der Kelchfuß und die Medaillons sind teilweise verbeult und wurden mehrfach ausgebessert, wodurch auch die Inschrift in Mitleidenschaft gezogen wurde, was zu erheblichen Leseschwierigkeiten führt. Worttrenner blütenförmig. Am runden Schaft oberhalb und unterhalb des Nodus durchbrochene Ornamente, auf den Rotuli Inschrift C. Die schlichte, relativ kleine Kuppa ist trichterförmig. Die gravierten Inschriften bestehen aus glatten Buchstaben vor schraffiertem Hintergrund.

Maße: H. 18 cm, Dm. 12 cm (Kuppa), 14,5 cm (Fuß). Bu. 0,7 cm (A, B), 0,4 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A, B), gotische Majuskel (C).

Jürgen Herold [1/13]

  1. A

    disse kellik / hort der ˑ b/roderschop ˑ t/ome ˑ hilgen lic/ham ˑ

  2. B

    misere(re)a) ˑ m(e)i // d(eu)s

  3. C

    IHESVS

Übersetzung:

Dieser Kelch gehört der Bruderschaft zum heiligen Leichnam. (A) Erbarme dich meiner, Gott. (B)

Kommentar

In der Literatur wird der Kelch in die zweite Hälfte des 14. oder den Anfang des 15. Jahrhunderts datiert,1) die vorliegende Form der gotischen Minuskel steht dieser Datierung nicht entgegen. Das Vorkommen der eigentlich älteren gotischen Majuskel (C) ist hier nicht datierungsrelevant, da diese Schriftart für Goldschmiedearbeiten länger gebräuchlich war als auf Stein. Besitzerin des Kelches war die der Jacobikirche verbundene Fronleichnamsbruderschaft, die zuerst 1418 mit einem Altar in St. Marien belegt ist. Das Vermögen der Bruderschaft, unter anderem mehrere Häuser in Greifswald, wurde von Provisoren verwaltet.2) Der niederdeutsche Eigentumsvermerk der Bruderschaft (A) wird ergänzt durch ein kurzes lateinisches, in der ersten Person Sg. formuliertes Gebet (B).

Textkritischer Apparat

  1. Kürzungszeichen fehlt.

Anmerkungen

  1. So Oltmanns, Abendmahlsgerät, S. 75; zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts nach Baier, Denkmale, S. 130.
  2. Dazu Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 628f.

Nachweise

  1. Haselberg, Kreis Greifswald, S. 92.
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 625f., 628.
  3. Oltmanns, Abendmahlsgerät, S. 75 (Nr. 111).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 128 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0012803.