Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 117 St. Marien 1.D.15.Jh., 1621, um 1630, 1639, 1704, 1747

Beschreibung

Grabplatte für Albert Kindermann (A), Marten und Katharina N. N. (B), Ertmann Kasten (C) und Johann Pepelow (D). Hochrechteckige Platte im ersten Joch des nördlichen Seitenschiffs.1) Der Stein ist in der Mitte gebrochen. Ein fehlendes Stück links oben hat zu Schriftverlust in Inschrift A für Albert Kindermann, die kreisförmig auf der Plattenmitte angebracht wurde, geführt. Im Kreisinneren unten eine Hausmarke (H39). Die dazugehörigen Initialen wurden ausgemeißelt. Neben der Hausmarke Nummerierung G. Inschrift A wird von zwei jüngeren Inschriften (E, F) sowie im Scheitel von einer ovalen Vertiefung mit dem Zunftzeichen der Müller oder Mühlenbauer2) überlagert, was neben der Beschädigung der Platte zu weiteren Textverlusten geführt hat. Im oberen Drittel der Platte untereinander die beiden Inschriften C für Ertmann Kasten und B für Marten und Katharina N. N., deren Nachnamen ausgemeißelt sind. In der unteren Plattenhälfte in zentrierten Zeilen Inschrift D für Johann Pepelow. In der Plattenmitte wurden später, A überlagernd, zwei weitere Inschriften, nämlich E und F hinzugefügt, die beide durch das bereits erwähnte Zunftzeichen gestört werden. Inschrift A erhaben in vertiefter Zeile, die übrigen eingehauen.

Inschrift A ergänzt nach Pyl.

Maße: H. 185 cm, Br. 100 cm. Bu. 6,5 cm (A, F), 4,5 cm (B, C), 5–6 cm (D), 5–7 cm (E).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Kapitalis (B–F).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    [Hic] iacet ˑ [a]ḷbert(us) kinderm[ - - - ]a) ˑ [ - - - ] o[ - - - ]b)

  2. B

    [ - - - ]SE STEIN GEHORET MARTEN / [.....]E VNDE CATTRINA [....]Z / VND IHREN BEIDEN ERVEN / A(NN)O 1621

  3. C

    [D]ISER STEIN VND BEGREBNIS GEH/[OR]ET ERTMAN CASTEN VND SEI/NEN ERBEN

  4. D

    JOHAN PEPELOWEN / ERBLICH / ANNO 1639

  5. E

    F ˑ M ˑ S / ANNO 1704

  6. F

    Z Zc) [ - - - ] B / [A]NNO 1747

  7. G

    K / 44

Übersetzung:

Hier liegt Albert Kindermann (...). (A)

Kommentar

Inschrift B ist in einer schrägliegenden Kapitalis ausgeführt, die von der darüber angebrachten, sehr unregelmäßigen Inschrift C anscheinend nachgeahmt werden sollte.

Inschrift A war bereits im 19. Jahrhundert erheblich beschädigt. Durch das Anbringen des Zunftzeichens waren Anfang und Ende zerstört. Wahrscheinlich handelt es sich bei dem unter der Grabplatte zuerst Bestatteten um den Bäcker Albert Kindermann, der 1405 ein Haus in der Fleischerstraße von den Brüdern Konrad und Johann Putlist und 1408 zwei Buden in der Lappstraße von Hinrich Bukow erwarb. 1420 wird seine Witwe erwähnt, die 1425 ein Haus am Markt an Jakob Todrank verkaufte. Ein anderer Albert Kindermann, vielleicht ein Sohn oder Neffe, verkaufte 1440 ein Haus in der Kuhstraße.3) Er käme ebenfalls als der in der Inschrift Genannte infrage, wobei die Schriftart – ältere gotische Minuskel, der Schaft des i unten stumpf endend, die Oberlänge des k gekerbt mit eingerollten Enden – auf das erste Drittel des 15. Jahrhunderts verweist. 1621 ging die Platte in den Besitz eines Ehepaares über (B), deren Nachnamen durch den Nachbesitzer, vermutlich Ertmann Kasten, getilgt wurden (C).

1639 kam die Platte an Johann Pepelow, der am 25. November desselben Jahres Katharina Papke, die Witwe von Martin Döberler, heiratete (D).4) Er hatte bereits im Jahr 1600 das Bürgerrecht erlangt und besaß ein Haus in der Langen Straße, wo ihm später noch ein zweites gehörte.5) Erneute Besitzwechsel der Grabplatte fanden 1704 und 1747 statt (E, F). Ob die Hausmarke mit den getilgten Initialen einer dieser Inschriften oder einem weiteren Besitzer zuzuordnen ist, bleibt offen. Im 18. Jahrhundert gehörte die Platte zeitweise auch der Marienkirche (G) sowie einem Müller oder Mühlenbauer, dessen Zunftzeichen vermutlich das jüngste Besitzzeichen ist.

Textkritischer Apparat

  1. Der Name ist wahrscheinlich zu ergänzen zu ‚Kindermann‘. Siehe den Kommentar.
  2. o[ - - - ]] Vielleicht zu ergänzen zu orate pro eo. Wortlaut der Inschrift nach Pyl, teilweise wohl frei ergänzt: Hic iacet Albertus Kind prebendarius huius ecclesie. Für prebendarius hält Pyl auch die Lesung porcionarius für möglich.
  3. Z Z] Oder 22.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Marien, Nr. 68. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Marien, Nr. 217.
  2. Zunftzeichen Müller oder Mühlenbauer: halbes Mühlrad, darüber Zahnrad, darunter Winkel und Zirkel (Grenser, Zunft-Wappen, S. 71–74).
  3. Igel, Bürgerhaus, Kapitel 4.6.1, Dokument 146102, 152105, 153004 und öfter.
  4. Schubert, Trauregister 9, S. 7 (Nr. 254).
  5. StA Greifswald, Rep. 3 Nr. 28, Bl. 22v; StA Greifswald, Grundstückschronik, Lange Straße 55 (1610–1665); Lange Straße 82 (1649, 1654).

Nachweise

  1. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 563 (A), 600 (D), 601 (C, B).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 117 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0011700.