Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 114 St. Marien 1.V.15.Jh.

Beschreibung

Grabplatte für Berte (A) und Johannes Blifalhir (B). Kalkstein. Hochrechteckige Platte in der nördlichen Turmseitenhalle.1) Die beiden Ecken links sind abgebrochen, die obere rechte Ecke wurde großflächig abgetrennt. In der oberen Plattenhälfte befindet sich die kreisförmige Inschrift A für Berte Blifalhir. Als Worttrenner dienen Rauten und Quadrate. Darunter in einem durch eine einfache Linie umschlossenen Kreis das Brustbild eines Priesters mit Kelch und Hostie. Vom Kreisscheitel erstreckt sich eine Linie nach rechts bis zum Plattenrand, wo die zugehörige Inschrift B für Johannes Blifalhir beginnt. Sie verläuft entlang der rechten Lang- und der unteren Schmalseite. Die Worttrenner sind quadratisch. Am Ende Schriftverlust durch die Beschädigung der linken unteren Ecke. Im Innenfeld von A die auf dem Kopf stehende Nummerierung C. Die Inschriften A und B erhaben in vertiefter Zeile, C eingehauen.

Maße: H. 200 cm, Br. 109 cm. Bu. 8 cm (A), 7,5 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    ˑ Hic ˑ iacet ˑ berte ˑ hliwalhirchea) ˑ or(ate) p(ro) ea

  2. B

    Hic ˑ iatecb) ˑ d(omi)n(u)s ˑ ioh(ann)es ˑ hlyuelhyrc) / pleban(us) ˑ hui(us) ˑ eccle[sie]

  3. C

    74

Übersetzung:

Hier liegt Berte Blifalhir, betet für sie. (A)

Hier liegt Herr Johannes Blifalhir, Pfarrer dieser Kirche. (B)

Kommentar

Der Schaft des unzialen H in Inschrift A ist oben durchstrichen, sodass ein Tatzenkreuz entsteht.2) Die Bogenschwellung ist spitz ausgezogen. Bei Inschrift B ist der Bogen des unzialen H nach links über den Schaft hinaus verlängert.

Die Familie Blifalhir ist seit dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts in Greifswald durch einen Johannes Blifalhir bezeugt, der in der Büchstraße (heute Johann-Sebastian-Bach-Straße) wohnte. Er starb vor 1329 und hinterließ außer seiner Witwe die Kinder Nikolaus und Wendele.3) Nikolaus tauschte 1356 das Haus in der Büchstraße gegen eines in der Steinstraße. Ein Lambert Blifalhir ist 1366 als Makler nachweisbar.4) Der Priester Johannes Blifalhir (B) trat 1419 eine Vikarie in der Kirche des Georgenhospitals für den Fall seines Todes an den Priester Johannes Lange ab. Berte Blifalhir (A) war vielleicht die Mutter oder eine Schwester des Geistlichen.5) Die Datierung der beiden Inschriften in das erste Viertel des 15. Jahrhunderts liegt daher nahe. Später gelangte die Platte in den Besitz der Marienkirche (C).

Textkritischer Apparat

  1. hliwalhirche] So statt bliwalhirche; von Kirchner zu bliwalhirsche emendiert, so auch Lesung Pyl.
  2. iatec] So statt iacet.
  3. hlyuelhyr] So statt blyuelhyr.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Marien, Nr. 14. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Marien, Nr. 263.
  2. Ein ähnlicher Versal findet sich auf einer weiteren Grabplatte der Marienkirche, Kat.-Nr. 92.
  3. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 566.
  4. Igel, Bürgerhaus, Kap. 4.3.5, Dokument 17011.
  5. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 566; Kirchner, Grabsteine Marienkirche, S. 217.

Nachweise

  1. Kirchner, Grabsteine Marienkirche, S. 216f. (A, B).
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 566 (A, B).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 114 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0011409.