Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 65† St. Jacobi nach 1388?, 2.H.15.–A.16.Jh.

Beschreibung

Grabplatte für Margareta (von Münster), Ehefrau des Bürgermeisters Arnold Letzenitz (A), und für Angehörige der Artisten- bzw. Philosophischen Fakultät (B). Von Kirchner (1845) wurde die Platte noch beschrieben, Pyl (1885) fand sie nicht mehr vor und vermutete, man habe sie im Rahmen von Umbauten im Chorbereich 1842 zu Stufen verarbeitet.1) Die Wiedergabe der Inschriften erfolgt nach Pyl, der sie aus einem heute verlorenen Manuskript des Jakob Heinrich Balthasar in der Greifswalder Universitätsbibliothek entnommen und Kirchners ältere Lesung danach korrigiert hatte.

Inschriften nach Pyl.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. A

    [Anno d(omi)ni m] ccc lxxi in profesto luce ewangeliste obiit margareta vxor arnoldi lecenisze proconsulisa) orate pro ea

  2. B

    Lapis arcium facultatis

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1371 am Vortag des Festes des Evangelisten Lukas (17. Oktober) starb Margareta, Ehefrau des Bürgermeisters Arnold Letzenitz. Betet für sie. (A)

Stein der Artistenfakultät. (B)

Kommentar

Margareta von Münster (A), Tochter des Ertmar von Münster und der Berta,2) war die erste Ehefrau von Arnold Letzenitz († 1417), der in der Inschrift für die am 17. Oktober 1371 verstorbene Margareta als Bürgermeister (proconsul) bezeichnet wird. Daraus ergibt sich ein Widerspruch zu den Angaben, die Pyl zu Arnolds Ämterlaufbahn macht, wonach er 1379 Ratsherr und erst 1388 Bürgermeister wurde.3) Dies ist nur dadurch zu erklären, dass die Grabplatte erst nach 1388, als er bereits Bürgermeister war, angefertigt wurde, vielleicht auf Veranlassung der Kinder Margaretas.4) Arnold heiratete später eine Taleke. Die Platte ging wohl in der zweiten Hälfte des 15. oder am Anfang des 16. Jahrhunderts in den Besitz der Artistenfakultät der Universität über (B).5) Bis ins 18. Jahrhundert wurden darunter Angehörige der Philosophischen Fakultät bestattet. Allerdings waren die Besitzrechte zwischen der Fakultät und der Gemeinde St. Jacobi umstritten, die Universitätsangehörigen beriefen sich daher mehrfach auf Inschrift B, um ihre Ansprüche zu belegen.6) Auslöser der Auseinandersetzungen war offenbar der Tod des Professors Kaspar Borries im Jahr 1732.7)

Textkritischer Apparat

  1. proconsulis] miles Kirchner.

Anmerkungen

  1. Siehe auch Kat.-Nr. 94.
  2. Zur Grabplatte für Berta siehe Kat.-Nr. 39.
  3. Pyl, Genealogien 4, S. 162f. (Nr. 186). Gesterding, Erste Fortsetzung, S. 116, und Wernicke, Greifswald, S. 537 (Liste der Greifswalder Bürgermeister) geben 1382 als das Jahr seiner Aufnahme in den Rat an.
  4. Drei Kinder aus der ersten Ehe sind bekannt, Gertrud (heiratete 1404 Georg von Lübeck, † 1416 oder später), Michael († vor 1405) und Raphael (Ratsherr 1419, † 1446). Aus der zweiten Ehe stammt ein Sohn Georg; Pyl, Genealogien 2, S. 138f., S. 393; Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 644; Pyl, Genealogien 4, S. 163 (Nr. 186); Pyl, Genealogien 5, S. 247f. (Nr. 247).
  5. Anhaltspunkt für die Datierung dieser Inschrift ist die Angabe von Pyl, dass es sich um eine „Minuskel-Inschrift“ handelte.
  6. Siehe UAG, Phil. Fak. I, Nr. 119. Diese Akte enthält Schriftstücke der Jahre 1732–1780.
  7. Die Angaben von Kosegarten, Universität 1, S. 283, und Pyl, Greifswalder Kirchen 1, S. 651, Kaspar Borries sei 1734 verstorben, sind daher zu korrigieren.

Nachweise

  1. Kirchner, Letzenitzen, S. 140 (A).
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 558 (A), 651 (A, B).
  3. UAG, Phil. Fak. I, Nr. 119, (B).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 65† (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0006501.