Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 46 St. Marien 1361, 1.D.17.Jh., 17.Jh.?, 1712

Beschreibung

Grabplatte für Everhard N. N. (A), Peter Colbert (B) und Joachim Stenzler (D). Kalkstein. Hochrechteckige Platte zwischen dem zweiten und dritten Joch des südlichen Seitenschiffs.1) Zwischen einfachen Linien umlaufend Inschrift A für Everhard N. N., in den Ecken Medaillons mit den Evangelistensymbolen. An der unteren Schmalseite vollständiger, an den anderen Seiten partieller Schriftverlust. Im Innenfeld Reste einer Personendarstellung unter einer Bogenarchitektur. Am oberen Rand und in der Mitte des Innenfeldes Spuren von nicht mehr lesbaren Inschriften. In der unteren Plattenhälfte die zweizeilige Inschrift B für Peter Colbert, die an der rechten Langseite in die Schriftleiste von A hineinreicht. Darunter an der unteren Schmalseite Inschrift D für Joachim Stenzler. In der oberen Hälfte der Platte in Kopfhöhe der Figur Inschrift C. Die Nummerierung E ist zwischen C und D platziert, Nummerierung F in der Plattenmitte. Inschrift A erhaben in vertiefter Zeile, die übrigen eingehauen.

Inschrift A ergänzt nach Pyl.

Maße: H. 236 cm, Br. 139 cm. Bu. 8,5 cm (A), 5 cm (B, D), 8 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Majuskel (A), Kapitalis (B, C), mit Versalien (D).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    A[NNO ˑ D(OMI)NI ˑ M ˑ CCC - - - ] FE/RIA ˑ IIII ˑ A(N)TE ˑ [MI]CHAEL(IS) ˑ O(BIIT) ˑ E[VERA - - - ]a) / [ - - - SE]/PULTI ˑ I(N) ˑ DO(MI)N(I) ˑ [ - - - ]b) ˑ IN(CARNATION)E ˑ A(N)NO ˑ LXI° ˑ IN ˑ VIII ˑ [CAL(E)ND(AS)] ˑ AP(RI)LI(S) ˑ

  2. B

    SVM PETRI [C]OLBERTI SENIORIS / SVORVMQ(VE) HAEREDVM

  3. C

    S ˑ H ˑ B ˑ M ˑ W ˑ E ˑc)

  4. D

    DIESER STEIN VND BEGREBNIS . / GEHÖRET JOCHIM STENZLERN . / VND SEINEN ERBEN . / A(NN)O 1712

  5. E

    [.]6

  6. F

    9

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 13(..) am Mittwoch vor Michaelis starb Everhard (...). Sie wurden bestattet im Jahr nach der Fleischwerdung des Herrn (... 13)61 am achten Tag vor den Kalenden des April (25. März). (A)

Ich gehöre Peter Colbert dem Älteren und seinen Erben. (B)

Kommentar

Bei Inschrift A handelt es sich um die jüngste datierte gotische Majuskel auf Stein. Alle übrigen Majuskelinschriften reichen nicht über die 1350er Jahre hinaus. Pyl vermutete, dass die Inschrift in zwei Teilen angebracht wurde und man den jüngeren Abschnitt mit der Jahreszahl 1361 noch nach dem Muster des älteren Teils angefertigt hat.2) Die Datierung von Inschrift B folgt der Schriftform (Engelbrecht/Kruse-Gruppe, siehe Einleitung, Kap. 8).

Pyl zufolge wurde die Platte ursprünglich für zwei Mitglieder der Familie Wampen angefertigt, nämlich für den im ersten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts als Greifswalder Bürger nachweisbaren Everhard d. Ä. und dessen gleichnamigen Neffen, Sohn seines Bruders Hermann und der Sophia Letzenitz,3) der bereits 1317 als Magister bezeichnet wurde, 1360 Scholaster in Güstrow (Ldkr. Rostock) war und 1361 verstarb. Die in großen Teilen verlorene Inschrift A gibt allerdings keinen Familiennamen preis. Ebenso wenig lässt ein Wappen auf eine bestimmte Familie schließen.4) Dass in der Inschrift zwei Personen erwähnt wurden, geht im Übrigen nur aus der Pluralform SEPULTI hervor, wogegen die bildliche Darstellung nur eine Figur zeigt. Dennoch ist davon auszugehen, dass die Inschrift zwei Personen nannte, die im Abstand von einigen Jahren starben. Die nachfolgende Inschrift am oberen Rand des Innenfeldes ist inzwischen unlesbar ist. Später ging die Platte an Peter Colbert über (B), 1712 wurde sie von dem Böttcher Joachim Stenzler erworben, der sich 1696 mit Margareta Reincke vermählt hatte.5) Zwischenzeitlich war die Grabplatte auch im Besitz der Marienkirche (E, F).

Textkritischer Apparat

  1. E[VERA - - - ]] Pyl ergänzt in der Rekonstruktion der Inschrift zu Everardus De Wampen; Pyl, Genealogien 4, S. 171.
  2. An dieser Fehlstelle XTI (für ‚Christi‘) bei Pyl.
  3. Die Initialen können nicht aufgelöst werden.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Marien, Nr. 227. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Marien, Nr. 72.
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 552.
  3. Sophia war eine Tochter des Ratsherrn Lambert Letzenitz und der Sophia. Die Grabplatte ihrer Eltern, früher in der Jacobikirche, befindet sich heute in St. Marien (Kat.-Nr. 9).
  4. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 551f., korrigiert in Pyl, Genealogien 4, S. 171.
  5. Schubert, Trauregister 9, S. 31 (Nr. 277). Nach Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 595, war Joachim Stenzler der Vater des späteren Generalsuperintendenten (1763–1778) Lorenz Stenzler.

Nachweise

  1. Pyl, Genealogien 4, S. 171.
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 551f. (A), 595 (D) 601 (B, C).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 46 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0004606.