Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 21 St. Nikolai vor 1350, 1606, 1699, 1772

Beschreibung

Grabplatte für den Bürgermeister Bolto Mulhart (A), David Papke (B), Christian Schultze (C) und Andreas Arendt (D). Kalkstein. Hochrechteckige Platte im dritten Joch des südlichen Chorumgangs vor dem Pfeiler,1) im oberen Drittel schräg gebrochen. Zwischen einfachen Linien umlaufend Inschrift A für Bolto Mulhart, insgesamt stark abgetreten, besonders am Ende der oberen Schmalseite und der gesamten rechten Langseite. Als Worttrenner ein Doppelpunkt. Alle weiteren Inschriften sind A gegenüber auf dem Kopf stehend angebracht. Im unteren Viertel des Innenfeldes Inschrift B für David Papke, in der Plattenmitte Inschrift C für Christian Schultze, darüber Nummerierung E, die Inschrift D für Andreas Arend überlagert. Am oberen Rand des Innenfeldes eine ausgemeißelte Inschrift, am unteren Plattenrand Nummerierung F. Alle Inschriften sind eingehauen.

Inschrift A ergänzt nach Pyl.

Maße: H. 230 cm, Br. 123 cm. Bu. 7 cm (A, C), 6 cm (B), 6,5 cm (D).

Schriftart(en): Gotische Majuskel (A), Fraktur mit Elementen der gotischen Minuskel (B), Kapitalis mit Versalien (C, D).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    AN(N)O D(OMI)NI Ṃ C̣/[CC - - - ]a) [MAR]CI / O(BIIT) D(OMI)N(V)S BOLTO / MVLART Q(V)ONDAM : PRECO(N)SVLb)

  2. B

    Dieser Stein vnd Begrebnus / gehoret David Papken vnd / seinen Erben Anno 1606

  3. C

    CHRISTIAN SCHVEL/ZE VND SEINEN ERBEN / ANNO 1699

  4. D

    AN JTZO / DIESER STEIN UND / BEGRÄBNIS GEHORET / ANDREAS AREND / UND SEINEN ERBEN / ANNO 1772

  5. E

    8

  6. F

    214

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 13(..) (...) Markus (25. April) starb Herr Bolto Mulhart, einst Bürgermeister. (A)

Kommentar

Bolto Mulhart war der Sohn des Ratsherrn Hermann Mulhart († vor 1313) und einer Tochter des Bürgermeisters Everhard von Kiel († 1306). Nachdem er sich mit seinen Geschwistern über das väterliche Erbe geeinigt hatte, erwarb er 1335 einen Anteil an Görmin (Ldkr. Vorpommern-Greifswald). Bereits 1321 war er in den Greifswalder Rat aufgenommen worden, gab 198 Mark und 13 Schilling zur Finanzierung des Rügischen Erbfolgekrieges und vertrat die Stadt unter anderem bei den Bündnisverhandlungen mit König Magnus von Schweden 1344. Unmittelbar darauf wurde er zum Bürgermeister ernannt. Da seine Ehefrau Elisabeth seit 1350 als Witwe bezeichnet wurde, wird er kurz zuvor gestorben sein.2) Seine Grabplatte kam vermutlich im 16. Jahrhundert an die Nikolaikirche (E), von der sie 1606 durch David Papke erworben wurde (B). Dieser stammte aus Gramzow in der Uckermark (Brandenburg), wurde 1577 an der Greifswalder Universität immatrikuliert, ließ sich hier als Krämer nieder und erlangte 1594/1595 das Bürgerrecht.3) 1699 ging die Platte an Christian Schultze, seit 1693 verheiratet mit Maria Neuschwager, über (C),4) 1772 an Andreas Arendt (D), nachdem sie vorher erneut im Besitz der Nikolaikirche war (F).

Textkritischer Apparat

  1. Am Ende dieser längeren Fehlstelle las Pyl D(OMINICA) A(NTE). Da diese Kürzung ungebräuchlich ist, wird sie nicht in die Edition der Inschrift übernommen.
  2. PRECO(N)SVL] Verhauen für PROCO(N)SVL.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Nikolai, Nr. 204. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Nikolai, Nr. 300.
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 403f.; Pyl, Genealogien 4, S. 67–69 (Nr. 100).
  3. Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 314; StA Greifswald, Rep. 3 Nr. 28, Bl. 19v (Ostern 1594 – Johannis 1595).
  4. Schubert, Trauregister 9, S. 36 (Nr. 126).

Nachweise

  1. Kirchner, Grabsteine Nikolaikirche, S. 195 (A).
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 403 (A), 473 (B), 474 (C), 475 (D).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 21 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0002109.