Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 426(†) St. Nikolai 1648

Beschreibung

Epitaph für den Bürgermeister Christian Schwarz. Ölmalerei auf Holz. Im südöstlichen Bereich des Chorumgangs an der Südwand. Das von teilweise vergoldetem üppigen Knorpelwerk umgebene Epitaph zeigt in der oberen Zone Christus vor Pilatus, auf dem Rahmen beiderseits zwei Vollwappen, darüber zwei Halbfiguren mit Rüstung und Helm. Weiter unten beidseitig zwei weitere Wappenschilde, die mit Goldfarbe bemalt und deren Inhalte daher nicht mehr zu erkennen sind. In der Sockelzone auf einer zweiten, querrechteckigen Bildtafel eine Darstellung der knienden Familie des Verstorbenen, auf dem Unterhang in einer Kartusche die aufgemalte Inschrift A. Diese Inschrift ist nicht mehr im ursprünglichen Zustand erhalten, sondern wurde später, vielleicht erst im 19. Jahrhundert neu angebracht, denn die verwendete lateinische Schreibschrift ist so vor der Mitte des 17. Jahrhunderts nicht möglich. Vorlage war offensichtlich die Überlieferung bei Dähnert (1755), dessen Abkürzungen bis ins Detail beibehalten wurden. Auf dem heraldisch linken Wappenschild ehemals Inschrift B.

Inschrift B nach Pyl.

Maße: H. ca. 300 cm, Br. ca. 200 cm. Bu. 2–3 cm (A).

Schriftart(en): Lateinische Schreibschrift mit Kapitalis.

Jürgen Herold [1/2]

  1. A†

    D(OMI)NO CHRISTIANO SCHWARZEN. / Consil(iario) Ducali et Provinciali, Civit(atis) huius Consuli qui / praemissis uxore Regina Völschowen ac liberis, Georgio / et Sybilla 18. Julii anno 1648. aet(atis) 67. hac in terris / vita pie defunctus, pietatis et mem(oriae) erg(o) hoc monumen=/tum posuerunt superstites liberi Regina D(octoris) B(artholdi) / Krakevitzii re(licta) vidua Christianus V(triusque) J(uris) D(octor) / et Civit(atis) Strales(undensis) Camerarius. Joachimus / Civis Grypsw(aldensis) Emerentia, D(octoris) / Petri Kirchain, Professo=/ris. uxor Georgius, Civis

  2. B†

    Homo est sicut flos campi1)

Übersetzung:

Dem Herrn Christian Schwarz, herzoglicher Rat und Provinzialrat, Bürgermeister dieser Stadt, der, nachdem ihm seine Ehefrau Regina Völschow und die Kinder Georg und Sibylla vorangegangen waren, am 18. Juli 1648 im 67. Lebensjahr fromm aus diesem irdischen Leben schied, haben dieses Denkmal aus kindlicher Liebe und zum Gedächtnis seine noch lebenden Kinder Regina, Witwe des Doktor Barthold Krakewitz, Christian, Doktor beider Rechte und Kämmerer der Stadt Stralsund, Joachim, Bürger von Greifswald, Emerentia, Ehefrau des Professors Doktor Peter Kirchain, (und) Georg, Bürger, errichtet. (A)

Der Mensch ist wie eine Blume auf dem Feld. (B)

Wappen:
Schwarz I,2) Völschow I3)

Kommentar

Christian Schwarz wurde am 24. Dezember 1581 geboren,4) seine Eltern waren der Kaufmann Jürgen Schwarz und dessen zweite Ehefrau Emerentia Schmiterlow.5) Im Jahr 1597 begann er an der Universität Greifswald ein Studium der Rechte.6) Er war von 1610 bis 1631 Ratsherr sowie von 1631 bis zu seinem Tod 1648 Bürgermeister, darüber hinaus auch herzoglicher Rat.7) Mit Regina Völschow war er seit 1606 verheiratet.8) Sie wurde am 4. August 1582 geboren und starb am 25. Januar 1630.9)

Eines ihrer Kinder, Regina Schwarz (8. November 1607 – 17. Juni 1680), war die zweite Ehefrau des Generalsuperintendenten Barthold Krakewitz (Kat.-Nr. 369, 419).10) Der Sohn Christian Schwarz, Doktor beider Rechte, der in der Inschrift als Kämmerer von Stralsund bezeichnet wird, war von 1655 bis 1679 auch Stralsunder Bürgermeister und wurde 1671 in den Adelsstand erhoben.11) Eine weitere, im Alter von 17 Jahren verstorbene Tochter Sibylla (14. Februar 1621 – 31. Juli 1638) ist bis heute als Dichterin bekannt.12) Ihr jung verstorbener Bruder Georg wurde in St. Jacobi bestattet (Kat.-Nr. 319).13)

Anmerkungen

  1. Ps. (H) 102,15 (homo ... sicut flos agri sic florebit).
  2. Wappen Schwarz I: hier ohne Hirschgeweih.
  3. Wappen Völschow I: Schriftband leer.
  4. Lange, Vitae Pomeranorum, S. 310; die dort als „Chn. II“ und „Chn. V“ bezeichneten Personen sind identisch. Gesterding, Erste Fortsetzung, S. 188 (Nr. 65). Vgl. auch die Schriften anlässlich der Bestattung des Christian Schwarz in UB Greifswald, Vitae Pomeranorum, Bd. 35, 103.
  5. Gesterding, Erste Fortsetzung, S. 183f. (Nr. 23).
  6. Ältere Matrikel Greifswald 1, S. 364; bei Lange, Vitae Pomeranorum, S. 310, wird Christian Schwarz als „cand. jur.“ bezeichnet.
  7. Gesterding, Erste Fortsetzung, S. 188 (Nr. 65), dort als königlicher(!) Landrat bezeichnet; auch Assessor des herzoglichen Geheimen Kollegiums in Stettin nach Lange, Vitae Pomeranorum, S. 355. Vgl. Wernicke, Greifswald, S. 537f. (Liste der Greifswalder Bürgermeister), hier S. 537.
  8. Lange, Vitae Pomeranorum, S. 310; vgl. auch ein Hochzeitsgedicht in UB Greifswald, Vitae Pomeranorum, Bd. 35.
  9. Lange, Vitae Pomeranorum, S. 355.
  10. Lange, Vitae Pomeranorum, S. 312; vgl. ein Leichenprogramm und Trauergedichte in UB Greifswald, Vitae Pomeranorum, Bd. 35, 63, 103.
  11. Gesterding, Erste Fortsetzung, S. 190 (Nr. 94).
  12. Lexikon Mecklenburg-Vorpommern, S. 596; genauer Schneikart, Frauen, S. 269f.; Langer, Stadtgeschichte, S. 403f.
  13. Zu den übrigen Geschwistern vgl. Gesterding, Erste Fortsetzung, S. 190f. (Nr. 93–99); Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 419.

Nachweise

  1. Dähnert, Denkmale, S. 274 (Nr. VI; A).
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 420.

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 426(†) (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0042604.