Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 229 St. Nikolai 1548, nach 1570

Beschreibung

Grabplatte für Anton Voss (A) und Brandt Hartmann (B). Kalkstein. Querrechteckige Platte im zweiten Joch des südlichen Chorumgangs.1) An den Resten einer ehemals umlaufenden, heute verlorenen Inschrift mit Eckmedaillons ist zu erkennen, dass es sich um den oberen Teil eines ursprünglich hochrechteckigen Steins handelt. Im oberen Viertel der Platte Inschrift A für Anton Voss mit einem zugehörigen Wappen in der Plattenmitte. An der unteren Plattenkante Inschrift B für Brandt Hartmann. An der oberen Kante Nummerierung C. Inschrift A erhaben in vertiefter Zeile, B, C und die Jahreszahl von A eingehauen.

Inschrift B ergänzt nach Pyl.

Maße: H. 96 cm, Br. 129 cm. Bu. 7,5–9,5 cm (A), 2 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Kapitalis (B).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    her antonivs vos vn(de) sinen erve(n) / 1548

  2. B

    HER BRANDT HARTMAN VNDE SINEN [ERVEN]

  3. C

    7

Wappen:
Voss

Kommentar

Bei Inschrift A handelt es sich um die jüngste datierte gotische Minuskel auf Greifswalder Grabplatten.

Anton Voss (A) war der Sohn des Ratsherrn und Magisters Andreas Voss († 1511/12) und der Anna Quant, Tochter des Ratsherrn Peter Quant († 1504/05) und Witwe des Bürgermeisters Johannes Bünsow († 1495). Anton Voss wurde 1518 an der Universität immatrikuliert und besaß später mehrere Häuser in der Steinbecker-, Langen, Fleischer- und Knopfstraße. Seine Aufnahme in den Greifswalder Rat erfolgte 1545. Von 1539 bis 1552 war er Provisor der Nikolaikirche. Seine erste Ehe mit einer Tochter des Ratsherrn Hermann Wilde († 1521) blieb kinderlos. Später heiratete er Anna Bavemann, Tochter des Ratsherrn Hinrich Bavemann († 1521/22) und Witwe von Johannes Engelbrecht († 1534). Er starb 1558 oder 1559.2) Die Grabplatte hatte er bereits 1548 erworben.

Aus seiner zweiten Ehe ging eine Tochter Magdalena hervor. Sie heiratete den Ratsherrn Brandt Hartmann, an den die Platte auf dem Erbweg gelangte (B). Dessen Vater Joachim Hartmann war von Pasewalk (Ldkr. Vorpommern-Greifswald) nach Greifswald übergesiedelt, hatte ein Haus in der Fischstraße erworben und sich mit Anna Stevelin, Tochter des Bürgermeisters Johannes Stevelin († 1518), Brandts Mutter, vermählt. Brandt Hartmann wurde 1540 an der Greifswalder Universität immatrikuliert, erwarb 1548 das Bürgerrecht und bewohnte ein Haus in der Fleischerstraße. Von 1561 bis 1566 war er Ratsmitglied, lebte aber noch 1580.3) Da außerdem die Kapitalis auf Greifswalder Grabplatten erst seit etwa 1570 üblich war, ist Inschrift B möglicherweise in das achte Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts zu datieren. Zwischenzeitlich oder später war die Platte im Kirchenbesitz (C).

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Nikolai, Nr. 205. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Nikolai, Nr. 278.
  2. Gesterding, Erste Fortsetzung, S. 211 (Nr. 1); Pyl, Genealogien 5, S. 316–318 (Nr. 338), S. 348f. (Nr. 385).
  3. Pyl, Genealogien 5, S. 362f. (Nr. 403).

Nachweise

  1. Kirchner, Grabsteine Nikolaikirche, S. 197 (A).
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 422 (A, B).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 229 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0022902.