Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 219 St. Marien 4.V.15.–1.V.16.Jh.

Beschreibung

Kelch. Silber, vergoldet. Fuß sechspassförmig, auf der Zarge ein graviertes Zickzackband. Auf einem Segment des Fußes eingravierte Erdschollen (Golgatha-Hügel), darauf ein Kreuz als Lignum vitae mit dem gravierten Titulus A. Der ehemals aufgenietete Kruzifixus fehlt. In die Unterseite des Fußes ist ein Meisterzeichen in Form einer Hausmarke (M5) graviert. Am sechseckigen Schaft gravierte Zickzackbänder. Auf dem Nodus durchbrochenes Maßwerk, auf den Rotuli des Nodus Inschrift B mit Binnengravur. Die schlichte Kuppa ist trichterförmig. Der Kelch wurde früher „als Krankenkelch des Pastors benutzt“.1)

Maße: H. 18 cm, Dm. 9,8 cm (Kuppa), 13,5 cm (Fuß). Bu. 0,15 cm (A), 1 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis mit Elementen der frühhumanistischen Kapitalis (A), gotische Minuskel (B).

Jürgen Herold [1/9]

  1. A

    I(ESUS) N(AZARENUS) R(EX) I(UDAEORUM)2)

  2. B

    ihesvs

Kommentar

Inschrift A weist retrogrades N und damit ein Element der frühhumanistischen Kapitalis auf, die vor dem vierten Viertel des 15. Jahrhunderts nicht üblich ist. Inschrift B ist als Bandminuskel ausgeführt: Die Buchstabenbrechungen sind als gefaltete Bänder gestaltet, die durch Schattenschraffuren betont werden. Diese Schmuckform der gotischen Minuskel lässt sich nicht vor der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nachweisen,3) eine Entstehung des Kelches im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts ist auch möglich.

Anmerkungen

  1. Haselberg, Kreis Greifswald, S. 108.
  2. Io. 19,19.
  3. Weitere Beispiele für Bandminuskel auf Goldschmiedearbeiten etwa bei Fritz, Bilder, S. 131, Abb. 106 (1499), S. 342, Abb. 269 (1481); ähnlich auch DI 41 (Landkreis Göppingen), Nr. 173, Abb. 83 (um 1500). – Bandminuskel auf Glocken: DI 47 (Landkreis Böblingen), Nr. 79, Abb. 15 (1473); Bandminuskel auf Stein: DI 62 (Landkreis Weißenfels), Nr. 44, Abb. 25 (1465).

Nachweise

  1. Haselberg, Kreis Greifswald, S. 108 (B).
  2. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 523 (B).
  3. Oltmanns, Abendmahlsgerät, S. 76 (Nr. 117, B).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 219 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0021906.