Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 199 St. Marien E.15.–A.16.Jh., 1622, 1663

Beschreibung

Grabplatte für Klaus Schwerin (A), Balthasar Krull (B) und Baltzer Schulte (C). Kalkstein. Hochrechteckige, diagonal in zwei Teile zerbrochene Platte in der südlichen Turmseitenhalle.1) An der oberen Schmalseite Inschrift A für Klaus Schwerin. Darunter eine Raute in Ritzzeichnung (H58). Beiderseits der Raute und in diese nur geringfügig hineingreifend Inschrift C für Baltzer Schulte, darunter eine teilweise getilgte Hausmarke (H59). Links neben der Hausmarke auf dem Kopf stehend Nummerierung E. Oberhalb der Plattenmitte eine ausgemeißelte Inschrift, darunter eine weitere, teilweise unkenntlich gemachte Hausmarke (H60), die durch eine später angebrachte Nummerierung (D) überlagert wird. Zwischen der ausgemeißelten Inschrift und dieser Hausmarke Inschrift B für Balthasar Krull, mit geringfügigem Schriftverlust durch den Riss in der Platte. Zu ihr gehört vermutlich eine Hausmarke im unteren Viertel (H61). Inschrift A erhaben in vertiefter Zeile, die übrigen eingehauen.

Maße: H. 200 cm, Br. 98 cm. Bu. 10,5 cm (A), 4,5 cm (B), 6 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Kapitalis mit Versalien (B, C).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    clawis swerina)

  2. B

    S Bb) KRVLS TESTA[ME]NT GE=/HÖRICH A(NN)O 16̣22

  3. C

    BALTZER SCHVLTE / ANNO 1663

  4. D

    9c)

  5. E

    K / 9

Kommentar

Bei Klaus Schwerin (A) handelt es sich um ein Mitglied des im südlichen Vorpommern und auf Usedom ansässigen Rittergeschlechts von Schwerin. Darauf weist auch das hier ohne Schild wiedergegebene Wappenbild der Familie (Raute) hin. Die Inschrift gehört zu einer Gruppe gleichartiger Inschriften vom Ende des 15. und dem Beginn des 16. Jahrhunderts (Bokholt-Gruppe, siehe Einleitung, Kap. 8). Infrage kommt daher ein Vertreter der Usedomer Linie, Klaus d. Ä. von Schwerin, Herr auf Grellenberg (Ldkr. Vorpommern-Rügen), urkundlich nachgewiesen seit 1480, vielleicht auch dessen Sohn Klaus d. J., nachgewiesen 1533–1545. Klaus d. Ä., verheiratet mit Anna Wakenitz, war herzoglicher Rat und Vogt von Wolgast (Ldkr. Vorpommern-Greifswald). Er starb zwischen 1523 und 1534. In engere Berührung mit Greifswald kam er spätestens 1514, als der Abt von Eldena, Enwald Schinkel, ihn mit dem Klostergut Friedrichshagen bei Greifswald belehnte. 1520 überschrieb er dem Abt siebzig sundische Mark zugunsten eines Kanonikats und einer Präbende in der Greifswalder Nikolaikirche, über die das Kloster das Patronatsrecht ausübte. Klaus d. J., der das Gut Grellenberg von seinem Vater erbte, ist seit 1533 in den Urkunden nachzuweisen. Seine Ehefrau war Dorothea Dauten, Tochter von Joachim Dauten und Hedwig von Lepel-Seckeritz. Seine Beziehungen zu Greifswald waren vor allem finanzieller Art. 1563 nahm er ein Darlehen in Höhe von 600 Mark sundisch von der Marientidenbruderschaft der Jacobikirche sowie ein weiteres über 200 Mark von der Bornholm’schen Kompanie auf.2)

1622 kam die Platte durch testamentarische Verfügung an die Erben des bereits verstorbenen Töpfers Balthasar Krull (B), der 1606 das Bürgerrecht erlangt hatte und ein Haus in der Rotgerberstraße besaß.3) 1663 ging sie an den Wolgaster Kaufmann Baltzer Schulte über (C), der sich 1674 mit Maria Scheven vermählte.4) Zwischenzeitlich (D) sowie später erneut (E) war die Platte im Besitz der Marienkirche.

Textkritischer Apparat

  1. swerin] e über der Zeile.
  2. S B] Wahrscheinlich Kürzung für ‚seligen Balthasar‘.
  3. 9] Oder 6.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Marien, Nr. 277. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Marien, Nr. 14.
  2. Gollmert, Biographische Nachrichten, S. 58–61.
  3. StA Greifswald, Rep. 3 Nr. 28, Bl. 28r (29. September 1600); StA Greifswald, Grundstückschronik, Rotgerberstr. 24 (1616, 1619).
  4. Lange, Vitae Pomeranorum, S. 306.

Nachweise

  1. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 400 (B), 570, Tf. IV.9 (A), S. 600 (C).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 199 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0019906.