Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 159 St. Nikolai 15.Jh.

Beschreibung

Grabplatte für Hinrich und Brigitta von Lübeck (A). Kalkstein. Hochrechteckige Platte im vierten Joch des nördlichen Seitenschiffs.1) Der Stein wurde an der oberen Schmalseite schon im 19. Jahrhundert beschnitten, dadurch Verlust des Anfangs der zwischen zwei Linien umlaufenden Inschrift A. Weiterer Schriftverlust durch Beschädigungen an den Kanten sowie durch das Fehlen der rechten unteren Ecke. An der oberen Schmalseite Nummerierung B. Inschrift A erhaben in vertiefter Zeile, B ist eingehauen.

Inschrift A ergänzt nach Pyl.

Maße: H. 118 cm, Br. 85 cm. Bu. 5 cm (A).

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    [ - - - ]a) / hi(n)ric(us) ˑ uan ˑ lubek ˑ filii ˑ d(omi)ni [got - - - ]b) / [ua]n ˑ lube[k] ˑ p(ro)c̣ọ(ṇ)ṣụḷis / [et brigitt]a ˑ uan ˑ lubek ˑ filia ˑ eius

  2. B

    277

Übersetzung:

(...) Hinrich von Lübeck, Söhne des Herrn (...) von Lübeck, Bürgermeister, und Brigitta von Lübeck, seine Tochter. (A)

Kommentar

Inschrift A wurde in der älteren Form der gotischen Minuskel angefertigt. Ungewöhnlich sind die gespaltenen und nicht wie sonst üblich eingebuchtet oder abgeschrägt endenden Oberlängen von b, k und l. Die Schäfte von i, m, n und u sind an beiden Enden gebrochen.

Pyl zufolge wurde die Grabplatte den Söhnen des Bürgermeisters Gottschalk (II) von Lübeck († 1410), Gottschalk (IV)2) und Hinrich, gewidmet (A). Bei der ebenfalls darunter bestatteten Brigitta handelt es sich nach Pyl um eine unvermählt verstorbene Tochter Gottschalks (II) oder Hinrichs.3) Diese Zuordnung ist allerdings fraglich, da sowohl der jüngere Gottschalk († 1443 als Bürgermeister) als auch der von Pyl in den Blick genommene Hinrich von Lübeck († vor 1444) eigene Familien und Nachkommen hatten. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass sie zusammen mit ihrer Schwester bzw. Tochter oder Nichte unter einer gemeinsamen Grabplatte beigesetzt wurden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich um drei Geschwister handelt, die unverheiratet verstarben und ein gemeinsames Grab erhielten. Der Vorname des Vaters ist heute nicht mehr erkennbar. Wenn Pyls Lesung des Namens Gottschalk zutrifft, kann es sich bei den Verstorbenen um Kinder von zwei Bürgermeistern dieses Namens aus der Familie von Lübeck handeln, nämlich von Gottschalk (II) oder Gottschalk (IV).4) Später kam die Platte in den Besitz der Nikolaikirche (B).

Textkritischer Apparat

  1. Pyl ergänzt zu Hic iacent gotscalcus et.
  2. [got - - - ]] Pyl ergänzt zu gotscalci.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Nikolai, Nr. 31. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Nikolai, Nr. 327.
  2. Er wird in der genealogischen Literatur als Gottschalk IV (Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 407f.; Pyl, Genealogien 2, S. 171–173, Nr. 46) oder auch Gottschalk III (Pyl, Genealogien 5, S. 232, Nr. 234) geführt.
  3. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 407f.
  4. Pyl, Genealogien 4, S. 150f. (Nr. 178); Pyl, Genealogien 5, S. 214 (Nr. 215), S. 232 (Nr. 234).

Nachweise

  1. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 407f. (A).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 159 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0015905.