Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 150† St. Nikolai 1479–1480, 1585, 1688?, um 1700

Beschreibung

Grabplatte für Werner Letzenitz (A), Paul Lepel und Anna Hannemann (B), Albert Vogt (C) sowie für Theodor Pyl (D). Nach Pyl (1885) lag die Platte im zweiten Joch des südlichen Chorumgangs,1) heute verloren. Eine ältere Inschrift mit Eckrosetten sowie ein Wappen, beide als Metalleinlagen ausgeführt, wurden schon von Pyl als zerstört vermerkt. Auf der Platte waren im Zusammenhang mit Inschrift A das Wappen Letzenitz, mit B die Wappen der Familien Lepel und Hannemann angebracht.

Inschriften nach Pyl.

Maße: H. 275 cm, Br. 166 cm (Pyl).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Kapitalis (B, D).

  1. A

    Jste lapis pertinet wernero [letzenisze]

  2. B

    Haereditarium Sepulchrum nobilissimi viri Pauli Lepelii qui obiit anno domini 1576 XII die Decembris aetatis suae anno circiter 80 eiusque coniugis dilectissimae Annae Hannemans quae [obiit 158]5 XXI. Octob(ris) aetatis anno itidem

  3. C

    H. L. Albertus Vogt v. s. E. Anno 1688a)

  4. D

    M. T. P.b)

Übersetzung:

Dieser Stein gehört Werner Letzenitz. (A)

Erbbegräbnis des hochedlen Mannes Paul Lepel, der im Jahr des Herrn 1576 am 12. Dezember ungefähr im 80. Jahr seines Alters starb, und seiner liebsten Ehefrau Anna Hannemann, die 1585 am 21. Oktober im gleichen Alter starb. (B)

Wappen:
Letzenitz
Lepel, Hannemann

Kommentar

Für wen die Grabplatte ursprünglich bestimmt war, ist unbekannt. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts kam sie in den Besitz von Werner Letzenitz, dessen Familienname in Inschrift A zwar bereits vor dem Verlust der Platte zerstört war, der aber angesichts des zugehörigen Wappens als Besitzer außer Frage steht. Er war der Sohn des Ratsherrn Raphael Letzenitz und dessen zweiter Ehefrau Katharina Gnewekow und starb zwischen dem 16. Januar 1479 und dem 11. März 1480. Schon 1461 hatte er seinen Hof bei der Jacobikirche der Universität überlassen. Vielleicht erwarb er die Grabstelle aus diesem Grund in der Nikolaikirche, die den Status einer Universitätskirche hatte, und nicht, wie für die Familie Letzenitz bis dahin üblich, in St. Jacobi. Entgegen Pyls Annahme ergibt sich aus Inschrift A jedoch nicht, dass er auch hier bestattet wurde.2)

Hundert Jahre danach wurde sie für das Erbbegräbnis von Paul Lepel und Anna Hannemann erworben (B). Paul Lepel entstammte einem seit dem 13. Jahrhundert in Pommern nachweisbaren Rittergeschlecht, das vor allem auf der Insel Usedom begütert war.3) Er besaß auch einen Anteil an der Schmatzhagen’schen Grabstelle in der Marienkirche und war Patron der Schmatzhagen’schen Vikarie (Kat.-Nr. 47). Seine Ehefrau Anna Hannemann war eine Tochter des Ratsherrn Peter Hannemann († 1527).4)

Später kam die Grabplatte an den Theologieprofessor und Pastor der Jacobikirche Albert Vogt, der am 5. September 1634 im westfälischen Lippstadt als Sohn des Lehrers Johannes Vogt und der Anna Groth geboren wurde. 1654 begann er an der Rostocker Universität ein Studium der vorderasiatischen Sprachen und der Theologie, erwarb 1657 den Magistergrad in Philosophie und wurde 1660 außerordentlicher, 1663 ordentlicher Professor für orientalische Sprachen an der Universität Greifswald. 1667 wechselte er auf eine außerordentliche Professur für Theologie. Ein Jahr später wurde er zum Lizentiaten der Theologie promoviert, 1675 ordentlicher Professor und Pastor der Jacobikirche. Er war zweimal verheiratet, zuerst mit Maria Friedlieb aus Stralsund (1641–1670), seit 1672 mit Anna Hövers. Die von Pyl überlieferte Jahreszahl 1688 seiner Inschrift (C) kann nicht zutreffen, da er bereits am 4. Juni 1676 starb.5) Die Platte ging um 1700 an den Theologieprofessor Theodor Pyl (1647–1723) über (D), der 1701 eine weitere Grabplatte in der Nikolaikirche besaß.6)

Textkritischer Apparat

  1. Inschrift so bei Pyl; ‚Herr(n) Lizentiat Albertus Vogt und seinen Erben Anno 1688‘.
  2. M. T. P.] Nach Pyl aufzulösen zu ‚Magister Theodor Pylen‘.

Anmerkungen

  1. Siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Nikolai, Nr. 283.
  2. Pyl, Genealogien 2, S. 393; Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 412; Pyl, Genealogien 5, S. 248 (Nr. 247).
  3. Kneschke, Adels-Lexicon 5, S. 474; Gerhard Hay, Lepel, v., in: NDB 14, S. 301f.
  4. Pyl, Genealogien 5, S. 313 (Nr. 334)
  5. Kosegarten, Universität 1, S. 264f.; Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 464; Lange, Vitae Pomeranorum, S. 356; Alvermann/Dahlenburg, Köpfe, S. 203.
  6. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 465. – Die zweite Platte mit der Inschrift M. T. Pylen, 1701 befindet sich im zweiten Joch des südlichen Seitenschiffs, sein Epitaph im nördlichen Chorumgang.

Nachweise

  1. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 412, 652 (A), 426 (B), 464 (C), 465 (D).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 150† (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0015005.