Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 126 St. Nikolai 1.H.15.Jh., 1597, 1630 o. später, 1711

Beschreibung

Grabplatte für Andreas Wichmann (A), Volkwart Glewing (B) und Andreas Busse (D). Kalkstein. Hochrechteckige Platte im zweiten Joch des nördlichen Chorumgangs vor dem Eingang zur Luchtmaker’schen Kapelle.1) Die rechte obere Ecke ist an der Kante der Langseite ausgebrochen, die untere Ecke fehlt. Die linke Plattenhälfte ist dunkel verfärbt, die rechte war vermutlich in ihrer früheren Lage verdeckt und dadurch geschont. Inschrift A für Andreas Wichmann an der rechten Langseite bis zur Mitte der unteren Schmalseite. Schriftverlust durch Fehlstellen an der rechten Langseite. In der Plattenmitte Inschrift B für Volkwart Glewing. Die beiden unteren Zeilen werden in der Mitte durch die Ecke eines unterhalb angebrachten, gelehnten Schilds mit Hausmarke (H44) unterbrochen. Über B Inschrift C, in der Mitte abgetreten. Im unteren Drittel Inschrift D für Andreas Busse. Darüber ein eingehauenes Andreaskreuz. An der oberen Schmalseite rechts Nummerierung E. Links daneben ein Dübelloch. Die Inschriften A und B erhaben in vertiefter Zeile, die übrigen sind eingehauen.

Maße: H. 155 cm, Br. 87 cm. Bu. 7,5 cm (A), 6,5 cm (B, D), 7 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), mit Elementen der Fraktur (C), Mischschrift aus gotischer Minuskel und Fraktur (B), Kapitalis mit Versal (D).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    [J]ste lapiṣ p(er)tinet andree wichma[n] / [et he]redib(us)

  2. B

    Volckwardt gleuinck / vnd Sinen Eruen / anno 1597

  3. C

    [.]ermena) [..]wesel[..]

  4. D

    ANDREAS ˑ BUSSE ˑ / U(ND) S(EINEN) E(RBEN) / 1711

  5. E

    138

Übersetzung:

Dieser Stein gehört Andreas Wichmann und seinen Erben. (A)

Wappen:
Glewing II

Kommentar

Andreas Wichmann (A) war vermutlich ein Sohn von Nikolaus Wichmann, dessen Witwe Vreteke dem Heilig-Geist-Hospital 1402 ein Haus in der Steinbeckerstraße übertrug.2) Andreas (Drews) Wichmann kaufte 1414 ein Haus in der Brüggstraße. Er ist bis 1440 nachweisbar.3) Aus seiner Familie stammen drei Geistliche der Nikolaikirche, Johannes, Hinrich und Rickwart Wichmann, am Ende des 15. Jahrhunderts.4)

1597 ging die Platte in den Besitz von Volkwart Glewing, Sohn von Johannes Glewing und Anna Fink, über (B). Volkwart Glewing wurde 1555 geboren. Er war zuerst mit Margarete Westphal, Tochter von Valentin Westphal, dann mit Anna Rosenow, Tochter von Joachim Rosenow († 1613, Bürgermeister von Anklam im Ldkr. Vorpommern-Greifswald), verheiratet. Einer seiner Söhne war der Ratsherr Johannes Glewing († 1640).5)

Ein erneuter Besitzwechsel lässt sich namentlich nicht mehr nachvollziehen, da die entsprechende Inschrift (C) stark abgetreten ist. Als Datierungsansatz kann nur die verwendete Schriftart dienen, eine dünnstrichig eingehauene gotische Minuskel mit Elementen der Fraktur und Frakturversalien, die in Greifswald ab 1630 vereinzelt in Gebrauch war. 1711 kam die Platte an Andreas Busse (D); er oder sein Sohn wurde 1753 Kammersekretär in Greifswald.6) Zwischenzeitlich oder später gehörte sie der Nikolaikirche (E).

Textkritischer Apparat

  1. [.]ermen] Am Anfang der Rest einer Frakturversalie, eventuell H, daher vielleicht zu ergänzen zu Hermen.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Nikolai, Nr. 102.
  2. Igel, Bürgerhaus, Dokument 139004.
  3. Igel, Bürgerhaus, Dokument 163105, 196013, 196107 und öfter.
  4. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 957, 960f.
  5. Pyl, Genealogien 5, S. 333f. (Nr. 364), S. 403f. (Nr. 470).
  6. Gesterding, Erste Fortsetzung, S. 150 (Nr. 29).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 126 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0012609.