Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 120 Greifswald-Eldena, Zisterzienserkloster St. Marien M.14.–1.D.15.Jh.

Beschreibung

Grabplatte für einen Priester. Kalkstein. Querrechteckige, fast quadratische Platte, in der Südwand des Chores eingemauert. Die zwischen zwei Linien kreisförmig eingehauene Inschrift nimmt fast die gesamte Fläche der Platte ein. Schriftverlust im rechten unteren Viertel durch Abnutzung und Ausbrüche der Oberfläche. Im Kreisinneren die Ritzzeichnung eines Kelches mit Patene.

Inschrift ergänzt nach Kirchner.

Maße: H. 101 cm, Br. 112 cm. Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Jürgen Herold [1/1]

  1. + hic iacet d(omi)n(u)s [ - - - ni]enkerke(n)a) orate p(ro) eo

Übersetzung:

Hier liegt Herr (...) Nienkerken. Betet für ihn.

Kommentar

Die unten stumpf endenden Schäfte bei den i der gotischen Minuskel dieser Inschrift geben einen Datierungsrahmen von der Mitte des 14. bis zum ersten Drittel des 15. Jahrhunderts vor.

Durch die Beschädigung im unteren Bereich sind Name und Amtsbezeichnung des Bestatteten verloren gegangen. Entgegen der von Pyl geäußerten und auch von Haselberg aufgegriffenen Annahme kann es sich bei ihm nicht um den urkundlich nachweisbaren, nach 1383 verstorbenen Mönch des Eldenaer Konvents Hermann Nienkerken handeln.1) Die Abbildung des Kelches kommt auf Greifswalder Grabplatten mehrmals, meistens im Zusammenhang mit der figürlichen Darstellung des Verstorbenen, vor. Soweit nachweisbar handelt es sich bei den entsprechenden Personen ausnahmslos um Weltpriester. Sie werden in den zugehörigen Inschriften entweder nach ihrem Weihegrad presbiter oder mit ihrem Amtstitel canonicus oder plebanus genannt. Die Bezeichnung dominus tritt in Verbindung mit einem weiteren Titel zweimal auf, in beiden Fällen in der Kombination dominus et magister (Kat.-Nr. 104, 125). Pyls Konjektur der Fehlstelle zu dominus et monachus ist sehr ungewöhnlich und daher auszuschließen. Andererseits ist der umfangreiche Textverlust durch einen Vornamen allein nicht auszufüllen. Die schon von Kirchner (1836) geäußerte und von Pyl ebenfalls in Erwägung gezogene Vermutung, dass der Verstorbene „auch ein Geistlicher des Kirchdorfes Neuenkirchen“ gewesen sein könnte und nienkerken nicht der Nachname wäre, sondern den Wirkungs- oder Herkunftsort bezeichnete, liegt somit, auch im Hinblick auf den Titel dominus, näher.2)

Textkritischer Apparat

  1. d(omi)n(u)s [ - - - ni]enkerke(n)] Pyl ergänzt zu dominus et monachus hermannus de nienkerken. Siehe dazu den Kommentar.

Anmerkungen

  1. Pyl, Eldena, S. 134f.; Haselberg, Kreis Greifswald, S. 76.
  2. Kirchner, Grabsteine Eldena, Teil 2, S. 154; Pyl, Eldena, S. 134, Anm. 2. Siehe auch Herold, Äbte, S. 367f.

Nachweise

  1. Kirchner, Grabsteine Eldena, Teil 2, S. 154.
  2. Pyl, Eldena, S. 134.
  3. Haselberg, Kreis Greifswald, S. 76.
  4. Herold, Äbte, S. 367f.

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 120 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0012007.