Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 81 St. Marien 2.H.14.Jh., 1.D.17.Jh., M.18.Jh.

Beschreibung

Grabplatte für Kaspar Bünsow (B) und Andreas Jasmann (C). Kalkstein. Hochrechteckige Platte am ersten Pfeiler im nördlichen Seitenschiff.1) Die umlaufende Inschrift A ist nur noch an der oberen Schmalseite sowie an der linken Langseite teilweise lesbar. Von den Eckmedaillons mit Evangelistensymbolen sind nur noch die beiden oberen zu erkennen. Im Innenfeld ein großer zu A gehöriger, gelehnter, stark abgetretener Wappenschild. Im oberen Drittel der Platte Inschrift B für Kaspar Bünsow, an den Seiten in die Schriftbänder von A hineingreifend. Darunter nebeneinander zwei Wappenschilde, der heraldisch linke mit einer Hausmarke (H23). Inschrift C für Andreas Jasmann im unteren Drittel der Platte auf dem Kopf stehend. Die Nummerierung D wird durch die untere Zeile von C gestört. Nummerierung E ist in der Plattenmitte angebracht. A und B erhaben in vertiefter Zeile, die übrigen sind eingehauen.

Maße: H. 222 cm, Br. 130 cm. Bu. 9 cm (A), 5,5 cm (B), 7 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien (A), Kapitalis (B), mit Versalien (C).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    Anno ˑ d(omi)ni ˑ M ˑ ccc ˑ [ - - - ] / [ - - - ] / [ - - - ] / [se]pulta ˑ p[ - - - ]a) Misericordia(m) ˑ d(omi)ni ˑ [..] Marb)

  2. B

    H(ER) ˑ CASPAR BVNSOW VND ˑ SEINEN ˑ ERBEN

  3. C

    DIESER ˑ STEIN ˑ VND / BEGRABNIS ˑ GEHÖRET / ANDREAS ˑ JASMANN

  4. D

    4

  5. E

    26

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 13(..) (...) begraben. (...) Erbarmen des Herrn (...). (A)

Wappen:
Bünsow II, ?2)
?3)

Kommentar

Inschrift A zeigt die ältere Form der gotischen Minuskel. Die unten stumpf endenden Schäfte von m, n und i verweisen auf die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts. Auffällig sind die beiden hier außerhalb der Jahresangabe verwendeten, links geschlossenen unzialen M in Misericordiam und Mar.

Pyl (1885) gab als Namen desjenigen, dem die Grabplatte ursprünglich gewidmet war, Hinricus Sitman an (A). Der Familienname Sitmann ist in den Stadtbüchern des infrage kommenden Zeitraums jedoch nicht nachzuweisen. Da die entsprechende Stelle der Inschrift heute weitgehend zerstört ist, kann Pyls Lesung nicht überprüft werden. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Inschrift bereits zu seiner Zeit erheblich beschädigt war. Die weibliche Form von sepulta in Inschrift A verweist außerdem darauf, dass die verstorbene Person eine Frau oder dass die Inschrift einem Mann und einer Frau gewidmet war. Bei Kaspar Bünsow, an den die Platte in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts gelangte (B), kann es sich um zwei Personen dieses Namens handeln; zum einen um den Sohn von Johannes Bünsow und Elsa Oldehaver, der 1554 geboren wurde, sich 1588 mit Dorothea Völschow vermählte, 1607 in den Rat gewählt wurde und am 7. März 1627 starb.4) Er besaß in der Marienkirche (auch) die Grabplatte Kat.-Nr. 75. Zum anderen könnte dessen Cousin gemeint sein, Sohn des Bürgermeisters Moritz Bünsow und der Katharina Corswant. Er wurde am 22. Juli 1565 geboren, heiratete Emerentia Maskow, wurde 1601 Ratsherr und starb am 20. Juni 1618.5) Auch die Hausmarke im Schild neben dem Bünsow’schen Wappen liefert mit Blick auf die Familien der Ehefrauen keinen Anhaltspunkt dafür, um welchen der Vettern es sich hier handelt.6) In der Marienkirche existieren zwei weitere Grabplatten (Kat.-Nr. 43, 361), bei denen unklar ist, welchem Kaspar Bünsow sie gehörten. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts kam die Platte an den Kaufmann Andreas Jasmann, der ein Haus in der Hafenstraße besaß (C).7) Davor war sie im Kirchenbesitz (D, E).

Textkritischer Apparat

  1. p[ - - - ]] per piam Pyl. Die noch vorhandenen Buchstabenreste lassen diese Lesung jedoch nicht zu.
  2. [..] Mar] Die Inschrift bricht hier (vermutlich) ab; vielleicht zu ergänzen zu et Marie. Pyls Lesung der gesamten Inschrift lautet: Anno domini m ccc [ - - - ] Hinricus Sitman [ - - - ] sepulta per piam misericordiam dni.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Marien, Nr. 92. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Marien, Nr. 161.
  2. Wappen ? (Hausmarke H23).
  3. Wappen ? (Sparren, darunter Stern).
  4. Pyl, Genealogien 5, S. 183 (Nr. 444); Gesterding, Zweite Fortsetzung, S. 10 (Nr. 27); Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 575; Lange, Vitae Pomeranorum, S. 47 (auch UB Greifswald, Vitae Pomeranorum, Bd. 77, Hochzeitsgedicht; Bd. 5, Leichenprogramm, Trauergedicht).
  5. Pyl, Genealogien 5, S. 183 (Nr. 437); Gesterding, Zweite Fortsetzung, S. 11 (Nr. 32); Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 575; Lange, Vitae Pomeranorum, S. 47 (auch UB Greifswald, Vitae Pomeranorum, Bd. 5, mit Leichenpredigt und einem Trauergedicht mit Stammtafel).
  6. Sowohl die Familie Maskow (siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 662) als auch die Völschows (Wappen Völschow I) führen Wappen mit Heroldsbildern und gemeinen Figuren, die Völschows aber auch Schilde mit Hausmarken, von denen jedoch keine der sonst bekannten (H23, H31) mit derjenigen auf dieser Grabplatte übereinstimmt oder ihr nur ähnlich ist.
  7. StA Greifswald, Grundstückschronik, Hafenstraße (1731–1757, 1747 als Kaufmann bezeichnet).

Nachweise

  1. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 568 (A), 575 (B).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 81 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0008105.