Inschriftenkatalog: Greifswald
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 77: Greifswald (2009)
Nr. 69 St. Marien 1392, 1415, 1624, 1677
Beschreibung
Grabplatte für Lutgard (A) und Ebele (B), Töchter des Johannes Hilgemann, sowie für Matthias Schwarz d. Ä. (C) und Matthias Schwarz d. J. (D). Kalkstein. Hochrechteckige Platte im zweiten Joch des nördlichen Seitenschiffs.1) Inschrift A für Lutgard Hilgemann, zwischen einfachen Linien an drei Seiten zwischen Eckrosetten umlaufend, beginnt links oben. Später wurde Inschrift B für Ebele Hilgemann hinzugefügt. Sie beginnt an der unteren Schmalseite und verläuft ohne Rahmung innerhalb des von A gebildeten Innenfeldes und der offen gelassenen linken Langseite. Die Zeilen stoßen an den Umbrüchen stumpf aneinander. Beide Inschriften sind in der Mitte der Langseiten stark abgetreten und werden dort zudem von den jüngeren Inschriften gestört. Im oberen Teil des Innenfeldes Inschrift C für Matthias Schwarz d. Ä., die beidseitig in Inschrift A hineingreift. Darunter, etwa im Zentrum der Platte, die ebenfalls querlaufende Inschrift D für Matthias Schwarz d. J. Auch sie reicht auf der rechten Seite in Inschrift A hinein. Im unteren Drittel Spuren eines gelehnten Wappenschildes, der von einer Krone als Besitzzeichen der Marienkirche und der Nummerierung E überlagert wird. Die Inschriften A und B erhaben in vertiefter Zeile, die übrigen sind eingehauen.
Inschriften A und B ergänzt nach Pyl.
Maße: H. 162 cm, Br. 83 cm. Bu. 5,5 cm (A, B), 5 cm (C), 4,5 cm (D).
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien (A, B), Kapitalis mit Versalien (C, D).
- A
Anno ˑ d(omi)ni ˑ M° ˑ ccc° ˑ xcii° ˑ fe(r)i(a) / iiii ˑ [post dominicam - - - obiit lutgart f]ilia ioh(ann)is / hilgheman ˑ or(ate) ˑ p(ro) ˑ eaa)
- B
anno d(omi)ni M cccc xv octaua / die be[ati iacobi obiit ebele soror f]iliar(um) / d(omi)ni ioh(ann)isb) hilgheman
- C
MATTHIAS SCHWARTZE / VND SEINE ERBEN / ANNO 1624
- D
MATTHIAS ˑ SCHWARTZE / DER IV̈NGER ˑ VND SEINER / FRAVWEN ˑ ERBEN / ANNO 1677 DEN / 16 FEBRVARI
- E
K / 57
Übersetzung:
Im Jahr des Herrn 1392 am Mittwoch nach dem Sonntag (...) starb Lutgart, Tochter des Johannes Hilgemann. Betet für sie. (A)
Im Jahr des Herrn 1415 am achten Tag nach dem Fest des heiligen Jakobus (1. August) starb Ebele, Schwester der Töchter des Herrn Johannes Hilgemann. (B)
Textkritischer Apparat
- Es folgt ein nicht mehr bestimmbares Zierelement als Zeilenfüller.
- Es folgt eine Lücke, vielleicht wegen einer Störung im Stein.
Anmerkungen
- Siehe Grundriss St. Marien, Nr. 88. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Marien, Nr. 189.
- Igel, Bürgerhaus, Dokument 104108.
- Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 772; Pyl, Genealogien 5, S. 203–205 (Nr. 207).
- Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 555. – Die Schwestern Katharina und Lutgard waren mit zwei gleichnamigen Bürgermeistern namens Hinrich Rubenow († 1447 bzw. 1462) verheiratet; siehe auch Pyl, Genealogien 5, S. 268.
- Gesterding, Erste Fortsetzung, S. 184 (Nr. 29), S. 188 (Nr. 68).
- Schubert, Trauregister 9, S. 13 (Nr. 522). – Die Hochzeit fand am 12. September statt.
Nachweise
- Kirchner, Grabsteine Marienkirche, S. 220 (A, B).
- Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 421 (C, D), 555 (A, B).
Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 69 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0006906.
Kommentar
Johannes Hilgemann, Sohn des Bürgers Arnold Hilgemann, kam 1384 nach der Erbteilung mit seinen Brüdern in den Besitz des väterlichen Hauses in der Knopfstraße.2) Er wurde 1389 in den städtischen Rat, 1418 zum Bürgermeister gewählt und starb 1430.3) Die Grabplatte ließ er für seine Tochter Lutgard anfertigen, die 1392 vermutlich als Kind verstorben war (A). Eine später geborene Tochter erhielt gleichfalls den Namen Lutgard. Johannes’ 1415 verstorbene Tochter Ebele wurde ebenfalls unter dieser Platte bestattet. Dass sie in der Inschrift (B) als soror filiarum domini iohannis hilgheman bezeichnet wird, führte Pyl (1885) darauf zurück, dass ihre überlebenden Schwestern Lutgard und Katharina diese Inschrift später, nach dem Tod des Vaters, hinzufügen ließen. Jedoch lassen sich keine weiteren Indizien für diese Annahme finden.4) Wie die Formulierung der Verwandtschaftsbeziehungen zustande kam, lässt sich daher nicht klären. 1624 kam die Platte in den Besitz von Matthias Schwarz d. Ä. (C), Sohn des Bürgermeisters Christian Schwarz († 1623) und der Gertrud Tessin, vermählt mit Gertrud Bohlen.5) Bei dem nächsten Besitzer Matthias Schwarz d. J., der die Platte 1677 vermutlich auf dem Erbweg erhielt (D), wird es sich um einen Sohn des Vorbesitzers handeln. Ein Matthias Schwarz vermählte sich 1665 mit Maria Schultz.6) Im 18. Jahrhundert fiel die Grabplatte an die Marienkirche (E).