Inschriftenkatalog: Greifswald

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 77: Greifswald (2009)

Nr. 19 St. Marien 1344, E.15.–A.16.Jh., E.16.–A.17.Jh., 1689

Beschreibung

Grabplatte für Mitglieder der Marientidenbruderschaft (B), Christoph Bünsow (C) und Johann Christoph Pohl (D). Kalkstein. Hochrechteckige Platte im dritten Joch des südlichen Seitenschiffs.1) Die rechte obere Ecke fehlt. Die ehemals umlaufende Inschrift A ist nur noch an der oberen Schmalseite und im oberen Bereich der Langseiten erhalten. Als Worttrenner dienen Doppelpunkte. Oberhalb der Plattenmitte über die gesamte Plattenbreite Inschrift B. Darüber zwischen den noch vorhandenen Resten von Inschrift A die Inschrift C für Christoph Bünsow, die, obwohl sie ausgemeißelt wurde, noch teilweise lesbar ist. Darunter zwei zugehörige Wappenschilde, deren Bilder ebenfalls getilgt wurden. Bei dem linken ist anzunehmen, dass es sich um das Wappen Bünsow handelt, Wappen rechts nach Pyl (1885) das der Familie Fink.2) Nach unten greifen die Schilde geringfügig in Inschrift B ein. Unterhalb der Plattenmitte Inschrift D für Johann Christoph Pohl. Zwischen den Inschriften B und D auf der Mittelachse der Platte untereinander Nummerierung E, eine Krone als Besitzzeichen der Marienkirche, eine wahrscheinlich zu D gehörige Hausmarke (H3) sowie rechts davon Nummerierung F. Die Inschriften A und B erhaben in vertiefter Zeile, die übrigen eingehauen.

Maße: H. 256 cm, Br. 135 cm. Bu. 7 cm (A), 10 cm (B), 5,5 cm (C, D).

Schriftart(en): Gotische Majuskel (A), gotische Minuskel (B), Mischschrift aus gotischer Minuskel und Fraktur (C), Kapitalis mit Versalien (D).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    ANNO : D(OMI)NI : M° : CCC° / [X]LIIII : IN : D[IE - - - ] / [ - - - ] / [ - - - ]E : AMEN

  2. B

    lapis d(omi)nor(um) ˑ horar(um) ˑ b(ea)te marie v(ir)g(in)is

  3. C

    Christoffer Bvnsow [vn]d / Sein[en] Ẹṛḅ[en]

  4. D

    DIESER STEIN UND BEGRÄBNIS / GEHÖRET IOHAN CHRISTOFF POHL / UND SEINEN ERBEN / A(NN)O 1689

  5. E

    42

  6. F

    9

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1344 am Tag (...). Amen. (A)

Stein der Herren von den Horen der heiligen Jungfrau Maria. (B)

Kommentar

Durch die nur noch fragmentarische Erhaltung der ältesten Inschrift (A) lässt sich nicht mehr ermitteln, wem die Platte ursprünglich gewidmet war. Später kam sie in den Besitz der Marientidenbruderschaft.3) Die entsprechende Inschrift (B) wurde in einer Variante der späten Form der gotischen Minuskel ausgeführt, die vom Ende des 15. bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts verwendet wurde (Bokholt-Gruppe, siehe Einleitung, Kap. 8).

Wenn Pyls Zuordnung des rechten Wappens zur Familie Fink zutrifft, ging die Platte Ende des 16. oder Anfang des 17. Jahrhunderts an Christoph Bünsow, Sohn des Bürgermeisters Kaspar Bünsow († 1555) und der Liboria Glineke, über. Christoph erwarb 1567 das Bürgerrecht und war mit Anna Fink, Tochter des Johannes Fink, Ratsherr von Anklam (Ldkr. Vorpommern-Greifswald), verheiratet.4) Er besaß eine weitere Grabstelle in der Marienkirche (Kat.-Nr. 249). Andernfalls könnte es sich auch um dessen gleichnamigen Vetter, Sohn des Greifswalder Ratsherrn Bartholomäus Bünsow († 1575) und der Margarete Apenborg, handeln, geboren 1556, seit 1588 Ratsherr und Beisitzer des Stadtgerichts, 1613 Stadtkämmerer. Außerdem war er Provisor des Heilig-Geist-Hospitals und mit Elisabeth Völschow, Tochter des Ratsherrn Martin Völschow († 1590), verheiratet. Er starb am 5. April 1626.5)

Die Platte wurde 1689 durch den Goldschmied Johann Christoph Pohl erworben (D), der sich 1685 mit Anna Lobeß, Tochter von Martin Lobeß, vermählt hatte.6) Die Marienkrone und die Nummerierung E verweisen darauf, dass die Grabplatte vorher im Kirchenbesitz war. Die Nummerierung F stammt vielleicht erst aus späterer Zeit.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Marien, Nr. 220. Zur früheren Lage siehe Pyl, Greifswalder Kirchen, nach S. 248, Grundriss St. Marien, Nr. 75.
  2. Der Wappeninhalt wird bei Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 576, nicht genannt.
  3. Siehe Kat.-Nr. 4.
  4. Pyl, Genealogien 5, S. 388f. (Nr. 446).
  5. Pyl, Genealogien 5, S. 381 (Nr. 434).
  6. Schubert, Trauregister 9, S. 30 (Nr. 203).

Nachweise

  1. Pyl, Greifswalder Kirchen, S. 550 (A), 569 (B), 576 (C), 601 (D).

Zitierhinweis:
DI 77, Greifswald, Nr. 19 (Jürgen Herold, Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0001906.