Inschriftenkatalog: Stadt Goslar

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 45: Stadt Goslar (1997)

Nr. 141 Zum Großen Heiligen Kreuz 1611

Beschreibung

Wappenscheiben, Glas, bemalt, in zwei Fenster der Diele links und rechts der Eingangstür eingesetzt. Sie stammen aus der St. Katharinenkapelle in der Glockengießerstraße, die 1850 abgerissen wurde1). Die Scheiben sind in vier Gruppen in Form von Dreiecken angeordnet. Links von der Tür sind in das obere Segment des Fensters die Wappenscheiben mit den Inschriften A1–A6 eingepaßt, darunter die mit den Namen A7–A12. Rechts der Eingangstür finden sich im oberen Bereich des Fensters sechs Wappen mit den Inschriften B1–B6, darunter sechs weitere mit den Namen B7–B12. Die Inschriften werden in der Reihenfolge von links nach rechts und oben nach unten wiedergegeben. Inschrift A12 weist außer dem Namen des Stifters Initialen und vier Ziffern auf. Die Namen sind unter den Wappen in dunkler Farbe auf gelb geränderte Bänder aufgemalt.

Maße: H. 17 cm (einzelne Scheibe), Br. 12 cm, Bu. 1–1,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Inschriftenkommission Göttingen [1/3]

  1. A1[. . .]a)
  2. A2HANS STRVVE2)
  3. A3HINRICH : HENCKEN3)
  4. A4HANS DENCKES4)
  5. A5HINRICH FORMA(N)5)
  6. A6

    HANS : HILSEN/BARCH6)

  7. A7HENNI HERSMAN7)
  8. A8HENEI : ALMER8)
  9. A9CHRISTIAN : BRENCKENb)9) ·
  10. A10CHRISTOFER : / · BOKEMAN 16[11]c)10)
  11. A11TILE · FRICKEN11) ·
  12. A12

    CL ME / GL SS / CASTEN GOSLAR 161112)

  13. B1[. . .]d)
  14. B2HENEI WALDAW13)
  15. B3IOHAN SCHVTEN14)
  16. B4ANDRES GLASER15)
  17. B5IONAS / OLROCHGE / 161116)
  18. B6

    HINRICH ROSEMAN 161117)

  19. B7HERMEN : HAKEN18)
  20. B8HEINNI · BRNNEKEN9)
  21. B9MELCHER : SCHIBE19)
  22. B10HIERICH : REVELe)20)
  23. B11TOBIAS : WINTER21)
  24. B12

    DAVIDT : SAND/ER22)

Kommentar

Da vier Scheiben die Jahreszahl 1611 aufweisen, wird davon ausgegangen, daß auch die übrigen Scheiben in diesem Jahr entstanden und ihren Platz in der St. Katharinenkapelle fanden, die seit 1603 von den Kanonikern des Petersbergstifts genutzt wurde (vgl. Nr. 131).

Hans Struve wird seit 1589 in den Quellen genannt, jedoch sind Vater und Sohn nicht eindeutig zu unterscheiden23); außerdem zog 1605 ein Neubürger dieses Namens von auswärts zu24). Hinrich Hencke ist nicht zweifelsfrei nachzuweisen25); nur sein Nachname ist in Goslar belegt26). Hans Dencke aus Dörnten versprach 1600, für sich und seine Frau Catharina Philipp das Bürgergeld zu zahlen. 1604 wurde die Zahlung eines halben Guldens vermerkt. 1606 trat er als Bürge auf, zehn Jahre später wird der Bräutigam seiner Tochter erwähnt27). Hans Hilsenberg erwarb 1622 zusammen mit anderen Käufern eine Tonne gesalzenen Lachs28). Henni Hersmann wurde vermutlich am 1.9.1588 mit der Witwe Anna Rohose getraut29). Henei Almer besaß 1645 ein Haus in der ‘Jakobsgasse’, wohl der Jakobistraße30). Christoph Bokemann erwarb 1602 das Bürgerrecht31). Tile Fricke ist in den Jahren 1600 bis 1618 als Bürge nachweisbar; er und seine Frau Gese hatten vom Kapitel des Petersbergstifts Land gepachtet32). Carsten Goslar erwarb im Jahr 160633), Henei Waldau 1605 das Bürgerrecht34). Andreas Glaser aus Broitzem bei Hildesheim, seit 1603 Bürger der Stadt, trat 1614 als Bürge auf; 1622 bezahlte er das Bürgergeld für seine Braut Gertrud Schmied35). Jonas Olrogge erhielt 1602 das Bürgerrecht und ist 1613 als Bürge nachweisbar36). Hermen Haken bezahlte 160537), Heini Brendeke 160138) das Bürgergeld. Der kaiserliche Notar Melchior Schiebe erwarb 1603 das Bürgerrecht und entrichtete in den folgenden Jahren bis 1631 im Auftrag von 24 Neubürgern das Bürgergeld39). Er unterschrieb oder beglaubigte zahlreiche Dokumente, u. a. die Urkunde, in der 1630 die Übergabe der Kaiserpfalz an die Jesuiten geregelt wurde40). Tobias Winter aus der Grafschaft Schaumburg, seit 1603 ebenso wie seine Braut Sophia Körner Bürger von Goslar, ist in den Jahren 1614 und 1616 als Ratsherr belegt41). Auch David Sander erhielt 1603 das Bürgerrecht. Er und seine Ehefrau Emerentia Panschmidt fochten einen langjährigen Streit um Pachtland des Petersbergstifts mit seinem Schwager Wilhelm Brendeke aus; im November 1641 war David Sander bereits verstorben42).

Zu Christian Brendeke und Johann Schütte, beide Ratsherren und Mitglieder der Kramergilde, vgl. Nr. 76; zu Hinrich Rosemann vgl. Nr. 149. Hinrich Formann und Hinrich Reuel sind nicht nachzuweisen.

Textkritischer Apparat

  1. Originale Wappenscheibe möglicherweise nicht erhalten, an dieser Stelle heute schmuckloses Glas.
  2. BRENCKEN] Teilweise von der Bleifassung verdeckt.
  3. BOKEMAN 16[11]] Der Name und die ersten beiden Ziffern teilweise, die beiden letzten Ziffern vollständig von der Bleifassung verdeckt.
  4. Wappenscheibe nicht erhalten, ersetzt durch eine moderne Scheibe mit der Inschrift Wappenbilder aus der Kapelle des Petersstiftes gegenüber dem Annenhause.
  5. REVEL] V mit diakritischem Zeichen in Form zweier übergeschriebener Punkte.

Anmerkungen

  1. Vgl. Anm. d sowie Nr. 131.
  2. Wappen Struve (Pferd; Bonhoff/Griep, Nr. 1696).
  3. Wappen Hencke (zwei Hüte auf einem Hügel).
  4. Wappen Dencke (M47; auch Bonhoff/Griep, Nr. 355).
  5. Wappen Formann (M48; auch Bonhoff/Griep, Nr. 484).
  6. Wappen Hilsenberg (Ornament oder Werkzeug ?; vgl. ebd., Nr. 742, dort jedoch unzutreffend wiedergegeben).
  7. Wappen Hersmann (zwei Balken belegt mit Rosen 2:1, darüber zwei Klauen; ebd., Nr. 719).
  8. Wappen Almer (Herz durchbohrt von dem Schnitzmesser eines Drechslers und wohl einem weiteren Drechslermesser; ebd., Nr. 16. – Auskunft von Herrn Prof. Dr. Friedrich Karl Azzola, Trebur).
  9. Wappen Brendeke (gespalten, rechts Kleeblüte, links Kleeblatt aus Stiel; vgl. Bonhoff/Griep, Nr. 269).
  10. Wappen Bokemann (geteilt, oben Brustbild wilder Mann, unten zwölfstrahliger Stern).
  11. Wappen Fricke (M49; auch Bonhoff/Griep, Nr. 506).
  12. Wappen Goslar (M50; auch Bonhoff/Griep, Nr. 565).
  13. Wappen Waldau (zwei Brezeln untereinander; vgl. ebd., Nr. 1838, dort nicht ganz zutreffend wiedergegeben).
  14. Wappen Schütte (geteilt, gezungter Löwe mit wechselnder Tinktur, einen Pfeil haltend; ebd., Nr. 1563).
  15. Wappen Glaser (Winkel und Herzlot; ebd., Nr. 551).
  16. Wappen Olrogge (drei Ähren auf Hügel; ebd., Nr. 1223).
  17. Wappen Rosemann (drei Rosen 1:2 und Schere; ebd., Nr. 1433).
  18. Wappen Haken (drei Haken; vgl. ebd., Nr. 648).
  19. Wappen Schiebe (Scheibe von zwei Pfeilen durchbohrt; ebd., Nr. 1505).
  20. Wappen Reuel (M51; auch Bonhoff/Griep, Nr. 1383).
  21. Wappen Winter (M52; auch Bonhoff/Griep, Nr. 1929).
  22. Wappen Sander (Herz von Schwert und Pfeil durchbohrt; ebd., Nr. 1482).
  23. Vgl. Goslarer Bürgerbuch 1, 1602/50 (Braut Gese Degen), 1620/48 (genannt ‘der Ältere’), 1610/51, 1613/7 (Braut bzw. Ehefrau Ilsabeth Cassebaum), 1617/13. Vgl. auch StA Goslar, Urkunde Kistenamt Nr. 33 (1604 April 8): bezeichnet als ‘Hans Struve auf der Gose’; Urkunde Stadt Goslar 1300d (1589 Mai 21): Hans Struve d.Ä., Nr. 1403 (1621 Jan. 9): Hans Struve d. J.
  24. Goslarer Bürgerbuch 1, 1605/67.
  25. Ein von 1626–1657 in Göttingen an St. Nikolai amtierender Pastor namens Heinrich Henckell wandte sich 1640 und 1645 an den Goslarer Rat (StA Goslar, A 12504 [Privata 1640/25]; vgl. auch A 12511 [Privata 1645/41]). Er stammte allerdings nicht aus Goslar. Zu Heinrich Henckell vgl. Meyer, Pastoren 1, S. 332, 489.
  26. StA Goslar, A 12401 (Privata 1590/34).
  27. Goslarer Bürgerbuch 1, 1600/43, 1606/14, 1606/18, 1616/84.
  28. StA Goslar, A 12464 (Privata 1622/57); zu Hans Hilsenberg vgl. auch A 12509 (Privata 1644/1).
  29. Kirchenbuchamt Goslar, Kirchenbuch St. Stephani, Getraute 1588 (Henning Hermans).
  30. StA Goslar, A 12511 (Privata 1645/23); vgl. auch A 12512 (Privata 1646/24).
  31. Goslarer Bürgerbuch 1, 1602/38 u. 53.
  32. Ebd., 1600/63, 1609/12, 1613/49, 1618/49; StA Goslar, Urkunde Petersbergstift Nr. 132 (1600 Feb. 25).
  33. Goslarer Bürgerbuch 1, 1606/22.
  34. Ebd., 1605/14.
  35. Ebd., 1603/81, 1614/14, 1622/16.
  36. Ebd., 1602/32, 1613/41.
  37. Ebd., 1605/29.
  38. Ebd., 1601/37.
  39. Ebd., 1603/73, 1628/85 u. 87–91, 1629/36–41 u. 43, 1631/4–11 u. 13 u. 14.
  40. StA Goslar, Urkunde Stadt Goslar Nr. 1343 (1601 April 4), Nr. 1360df (1609 Feb. 2), Nr. 1377 (1615 April 16), Nr. 1411k1 (1630 Juni 15); Urkunde Kistenamt Nr. 35 (1608 Jan. 6), Nr. 43 (1626 Apr. 9–15).
  41. Goslarer Bürgerbuch 1, 1603/44 u. 59. Vgl. ebd. 1640/42 (wahrscheinlich sein gleichnamiger Sohn).
  42. StA Goslar, Urkunde Petersbergstift Nr. 149 (1621 Nov. 30), Nr. 150b (1629 April 14), Nr. 155b (1641 Nov. 30).

Zitierhinweis:
DI 45, Stadt Goslar, Nr. 141 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di045g008k0014105.