Inschriftenkatalog: Stadt Goslar
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 45: Stadt Goslar (1997)
Nr. 84 Mönchestr. 3 1561
Beschreibung
Wandmalereien an drei Wänden in einem Raum in der Nordwestecke des ersten Obergeschosses des ‘Mönchehauses’. Die fünf Gefache der Nordwand zeigen in Grisaille Darstellungen der schreibenden Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes mit ihren Attributen sowie des Apostels Paulus, der einem Boten eine Schriftrolle überreicht. In den darunter plazierten Schriftfeldern werden, soweit noch erkennbar, ihre Attribute genannt und ihre besonderen Verdienste erläutert (A–E); die Buchstaben sind in weißer Farbe auf dunklem Untergrund aufgemalt. An der Seitenwand des Sessels, auf dem Matthäus sitzt, ist das Entstehungsjahr der Malereien festgehalten (A2)1). Die kaum noch sichtbare, senkrechte dunkle Linie in der Mitte eines jeden Schriftfeldes, durch die es gewissermaßen in eine linke (A1, B, C1, D1, E) und eine rechte Textkolumne (C2, D2) geteilt wurde, ist nur noch schwach zu erkennen und wurde bei der Übermalung und Ergänzung der Buchstaben ignoriert, so daß bei flüchtigem Blick der Eindruck einer von links nach rechts durchgehenden Zeile entsteht. Die Inschriften sind durch Übermalung überformt, die Buchstabenhöhe variiert. Möglicherweise wurden nicht mehr lesbare Bereiche der Schriftfelder, vor allem der rechten Kolumnen, durch dunkle Farbe abgedeckt, so daß nur noch ein Teil des ursprünglichen Textbestands nachgemalt wurde und sichtbar ist. Die Süd- und Ostwand des Raums ist mit Groteskendarstellungen und großflächiger Rankenornamentik ebenfalls in Grisaille-Malerei bedeckt2). An der Südwand in der Nähe des Fensters ist auf einem stilisierten Wappenschild eine wohl überformte Künstlersignatur (F) aufgemalt. Die Wandmalereien wurden zu Beginn der sechziger Jahre restauriert3), aber auch schon im 19. Jahrhundert überfaßt4). Zu den außen am Mönchehaus angebrachten Inschriften vgl. Nr. 79.
Maße: H. 106 cm, Br. (eines Bildfeldes) 91 cm, Bu. 2 cm (A–E), 1,5 cm (F).
Schriftart(en): Fraktur.
- A1
Sts · Mattheus [. . .]
- A2
1561
- B
Sts Marcvs · [. . .] · herren · der [. . .]
- C1
Sts · Lucas · vorgleichet [e]in · / ochsens · / Boschrejbt [. . .] · [. . .]rth · vnd · das Christi · [..]dt.
- C2
Bezevget · auch · unsers · herren / hern · lehben · und · sterben / Dor · [..] vielekes · mir d[. . .] / [..]ejt
- D1
[St]s Johannes · wirt · vorglejch/et einem gosler [. . .]a) / [. . .] eine · [..]er · ub[. . .] / [. . .]
- D2
Bo[schre]jbt · fleissig · Des · hern / [. . .] godtheit / [. . .] fle [. . .]n
- E
[St]s Paulus · der · heiligen · C[hrist]/lichenb) kirchen · Dejnth · [. . .]/ [sc]hreiben · und · heren [. . .] / [. . .] mejn [. . .]c)
- F
Daniel Poppe
Textkritischer Apparat
- Hier ist wohl ‘Adler’ zu ergänzen. Das Attribut des Evangelisten Johannes wird also unter Zuhilfenahme des Goslarer Wappentiers erläutert.
- C[hrist]lichen] Ergänzung nach Griep.
- Dejnth ... mejn [. . .]] heutiger Befund; - der - wth - Undt - Schreiben - und - ehren - ers - treuwlick - meinth - Hat - ... - darumb - gelieten - ganz - vill - Nodt - angst - und - dorseghung - aus - gut Griep.
Anmerkungen
- Eine genaue Beschreibung der Gestaltung des gesamten Raums bei Grote, S. 65f; Angelica Dülberg, Zur Ikonographie der profanen Wand- und Deckenmalerei vom 15. bis zum 19. Jahrhundert – ein erster Überblick, in: Raumkunst in Niedersachsen, S. 133–156, hier S. 147.
- Vgl. dazu Krystof, S. 122; Raumkunst in Niedersachsen, Katalog, Nr. 49 S. 230.
- Vgl. ‘Arbeiten an einem mittelalterlichen Kleinod’, Goslarsche Zeitung 22.2.1964.
- Vgl. Steinacker, S. 25: „Eine neuere Restauration hat nur einige Worte stehen lassen und diese noch meist verdorben“.
- Vgl. Anm. 1 und 2. So auch Griep, Bürgerhaus, S. 164; ders., Kunstwerke 1 H, S. 24.
- Dülberg (wie Anm. 1), S. 147 (nach Griep, Kunstwerke 1 H, S. 24).
Nachweise
- Griep, Kunstwerke 1 H, S. 24 (E).
Zitierhinweis:
DI 45, Stadt Goslar, Nr. 84 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di045g008k0008405.
Kommentar
Der Namenszug des Malers Daniel Poppe an der Südwand wird mit der an der gegenüberliegenden Wand aufgemalten Jahreszahl 1561 in Verbindung gebracht und die gesamte Raumausmalung einem Entstehungszusammenhang zugeordnet5). Wahrscheinlich wurden die Darstellungen der Evangelisten und des Apostels Paulus von Holzschnitten angeregt, die sich häufig in Bibeldrucken zu Beginn des jeweiligen Evangeliums bzw. der Paulusbriefe finden und den schreibenden Autor sowie Besonderheiten seines Werks zeigen. Es wird vermutet, daß süddeutsche Holzschnitte als Vorbilder anzusehen sind6), wobei unmittelbare Vorlagen nicht gefunden werden konnten. Weitere Werke des Malers Daniel Poppe sind nicht bekannt.
In den Beischriften zu den Personendarstellungen wird nach der Nennung des für jeden Evangelisten gängigen Symbols auf besondere Charakteristika der Evangelien und besondere Leistungen der Dargestellten verwiesen.