Inschriftenkatalog: Stadt Goslar

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 45: Stadt Goslar (1997)

Nr. 70 Schreiberstr. 10 1518

Beschreibung

Zwei Fensterstürze, Stein, an der zweigeschossigen Kemenate. Der links danebenliegende Hausteil besteht in seinen zwei unteren Geschossen aus Stein, das zweite Obergeschoß aus Fachwerk. Inschrift A ist auf Bandrollen, die einen Ast umschlingen, am oberen Rand eines farbig gefaßten Fenstersturzes im Erdgeschoß angebracht, Inschrift B in gleicher Ausführung an einem Fenstersturz im Obergeschoß1). Die Fensterrahmen sind graublau und rot gefaßt, die Buchstaben gelb hervorgehoben. Unter dem Hauptgesims befinden sich zwei steinerne Wappenschilde.

Maße: Bu. ca. 8 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

Julia Zech [1/3]

  1. A

    QVID/QVID / AGAS / PRVDE(N)Ta) / AGAS / ET · RES/PICE · FI/NEM2)

  2. B

    ANNO / XV XVIIIb) / IN / VIGILIA / SIMONIS · ET / IVDE

Übersetzung:

Was immer du tust, tue klug und siehe auf das Ende. (A)

Im Jahr 1518 am Tag vor Simon und Judas (27.10.). (B)

Versmaß: Hexameter (A).

Wappen:
Balder3)?4)

Kommentar

Die hier verwendete frühhumanistische Kapitalis zeigt das Bemühen um besonders ornamentale Buchstabenformen5). Beim Erbauer des Hauses wird es sich um den späteren Bürgermeister Carsten Balder handeln, der in zahlreichen Urkunden aus der Erbauungszeit des Hauses auftritt6).

Textkritischer Apparat

  1. PRVDE(N)T] Wort aus Platzgründen nicht zu Ende ausgeführt; erforderlich wäre PRVDENTER.
  2. XV XVIII] Nach den beiden ersten Ziffern fehlt ein hochgestelltes c, um deren Bedeutung als Hunderter-Ziffern zu verdeutlichen.

Anmerkungen

  1. Im Obergeschoß befindet sich eine mit Grotesken bemalte Holzdecke, die möglicherweise noch in der Bauzeit, vielleicht aber erst um 1550 angebracht und gestaltet wurde; dazu Krystof, S. 119–122 (Abb. S. 119); Griep, Kunstwerke 1 G, S. 18f.
  2. Vgl. Andrae, S. 436f Anm. 1, und Walther II 4, Nr. 25242. Dielitz, S. 265: „Wohl nach der Aesop[ischen] Fabel 45; doch vergl. auch Jes. Sir. 7, 40“.
  3. Wappen Balder (zwei gekreuzte Weinranken mit Trauben; Bonhoff/Griep, Nr. 2056, dort nicht ganz zutreffend wiedergegeben).
  4. Wappen ? (zwei Stiele, am oberen Ende verbunden durch eine Blüte; ebd., Nr. 2057, dort nicht ganz zutreffend wiedergegeben).
  5. Zur Schrift vgl. Einleitung, S. XXVIIIf.
  6. Vgl. StA Goslar, Personennamenregister zu den Urkunden-Findbüchern 1401–1797, S. 10f. Nach Crusius, S. 217, war Carsten Balder 1529–1547 Bürgermeister. Sein Vater Heinrich starb „Ende 1517 oder Januar 1518“ (Cordes, S. 17), kann also nicht der Erbauer des Hauses sein.

Nachweise

  1. Mithoff, Archiv, Tf. 32.
  2. Mithoff, Kunstdenkmale, S. 71.
  3. Kdm. Stadt Goslar, S. 350.
  4. Andrae, S. 437.
  5. Bonhoff, Hausinschriften, S. 30.
  6. Griep, Bürgerhaus, S. 171; Tf. 10a (A).

Zitierhinweis:
DI 45, Stadt Goslar, Nr. 70 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di045g008k0007001.