Inschriftenkatalog: Stadt Goslar
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 45: Stadt Goslar (1997)
Nr. 50 Rathaus um 1500, 1620
Beschreibung
Leuchter, Rentiergeweih, Holz, Eisen. Der farbig gefaßte sog. Kleine Kaiserleuchter ist in der Diele aufgehängt. Er wurde 1950 restauriert1). Auf der Schädeldecke des Rentiers ist eine sechseckige profilierte Platte befestigt, an deren Seiten Inschrift A aufgemalt ist. Auf dieser Platte ist die Skulptur des thronenden Kaisers angebracht; Inschrift B ist an der rechten Seite seines Thronsessels aufgemalt2).
Maße: H. (ohne Aufhängung) 130 cm, Du. ca. 85 cm, Bu. 2,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Fraktur (B).
- A
o gosler du bist / togeda(n)dema) hilge(n) / romeske(n) rik/esunder middel / undb) wae(n)nicht macstuc) dar/van wike(n)
- B
renovert / mdcxx
Übersetzung:
O Goslar, du bist dem Heiligen Römischen Reich zugetan, unmittelbar und ehrlich, du darfst nicht davon weichen. (A)
Textkritischer Apparat
- dem] Über m Kürzungsstrich.
- und] Über u Kürzungsstrich.
- nicht macstu] kanstu nicht Hans Geismars Chronik Goslars, S. 65.
Anmerkungen
- Griep, Kunstwerke 1 D, S. 28. Zu diesem Leuchter vgl. auch Stuttmann/von der Osten, S. 15.
- Der Vermerk renovert mdcc an der linken Thronseite ist heute nicht mehr lesbar.
- Stadt im Wandel 1, Nr. 80 S. 132–134.
- Vgl. Einleitung, S. XIX.
- UB Goslar 4, Nr. 355 S. 245f, hier S. 246 (die Formel des Treueeids ist „aus etwas späterer Zeit“): Dat we unsem herren, hern Karle, keysere des hilghen Romeschen rykes, willet truwe unde holt wesen, alse borgere oreme rechten herren to rechte scullet, unde willet de stat to Goslere ome unde deme hilghen Romeschen ryke bewaren, alse we best kunnen unde mogen: dat uns god also helpe unde sine hilghen. Vgl. Kdm. Stadt Goslar, S. 269; auch Wilhelm Wiederhold, Goslar als Königsstadt und Bergstadt (Pfingstblätter des Hansischen Geschichtsvereins 13), Lübeck 1922, S. 40.
- Hans Geismars Chronik Goslars, S. 65.
Nachweise
- Mithoff, Kunstdenkmale, S. 67.
- Kdm. Stadt Goslar, S. 269 (A), S. 302 (B).
- Wilhelm Wiederhold, Goslar als Königsstadt und Bergstadt (Pfingstblätter des Hansischen Geschichtsvereins 13), Lübeck 1922, S. 40.
- Meier, Stadt, S. 105 (A).
- Stuttmann/von der Osten, S. 15.
- Griep, Kunstwerke 1 D, S. 27f.
Zitierhinweis:
DI 45, Stadt Goslar, Nr. 50 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di045g008k0005009.
Kommentar
Die zeitliche Einordnung des Leuchters erfolgt nach der Datierung vergleichbarer Stücke in Goslar. Zu verweisen ist zunächst auf den sog. Großen Kaiserleuchter, der sich ebenfalls im Rathaus befindet und um 1500 entstand3). Weiterhin wurden die steinernen Skulpturen thronender Kaiser an den Außenseiten der Stadttore am Ende des 15. und im frühen 16. Jahrhundert angebracht 4). Sie weisen auf die zeitgenössische Betonung der Reichsunmittelbarkeit der Stadt hin, die auch in der Inschrift deutlich zum Ausdruck kommt. Die Reimverse greifen inhaltlich auf den Schwur zurück, den die Bevollmächtigten der Goslarer Bürgerschaft 1349 vor Kaiser Karl IV. ablegten5). In der Goslarer Chronik des Hans Geismar wird der Wortlaut im Zusammenhang mit der durch Kaiser Friedrich I. geregelten Gerichtsbarkeit des kaiserlichen Vogts wiedergegeben6), ohne daß jedoch auf den Leuchter Bezug genommen wird.