Inschriftenkatalog: Stadt Goslar
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 45: Stadt Goslar (1997)
Nr. 31† Magdeburg, Magdeburger Museen um 1430
Beschreibung
Wandteppich, Wolle und Leinen, Applikationstechnik, annähernd quadratisch. Das Stück wurde 1893 vom damaligen Kaiser Friedrich-Museum in Magdeburg aus der Sammlung Fenkner erworben. Wie bei allen Stücken aus dieser Sammlung ist Goslarer Provenienz zwar nicht gesichert, aber in diesem Fall doch wahrscheinlich1): In der Darstellungsweise zeigt dieser Teppich Ähnlichkeiten mit der großen Margaretendecke aus dem St. Annenhospital. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der sog. Hochzeitsteppich ausgelagert und ist seit 1945 verschollen. Nachforschungen bei den Magdeburger Museen, der Nachfolgeinstitution des Kaiser Friedrich-Museums, blieben ohne Erfolg.
Die Figuren, Ornamente und Randstreifen des Teppichs bestanden aus ausgeschnittenen, applizierten Leinenstücken. Nur kleine Einzelheiten wie Gewandfalten und Gesichtszüge waren aufgestickt. Dargestellt waren in insgesamt fünfzehn viereckigen Bildfeldern auf verblichenem, rotem Grund Szenen aus dem Leben eines Mannes von seiner Kindheit bis zur Hochzeit. Um das Innenfeld lief zwischen doppelten Schnüren, die ihrerseits auf schmale grüne Stoffstreifen genäht waren, die unten rechts nicht mehr vollständige Inschrift, die in der linken oberen Ecke begann. Die gleiche Begrenzungsart wie für die Schriftleiste wurde benutzt, um die fünf Bildreihen mit jeweils drei unterschiedlich breiten Bildfeldern voneinander abzugrenzen. Die Inschrift begann in der linken oberen Ecke und bestand aus abwechselnd grün und rot gestickten Wörtern. Als Worttrenner wurden dreiteilige Blüten verwendet.
Inschrift nach Photo Magdeburger Museen.
Maße: H. 170 cm, Br. 153 cm2).
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
god · de · gheve · lvcke · vnde · heyl · der · / ioghet · gem[. . .]dea) / · alle · doghet · der · help · vns · aller · meyst / · der · vader · der · sone · der · heyligheist · am(en)
Übersetzung:
Gott gebe Glück und Heil der Jugend (...) alle Tugend. Er helfe uns allermeist, der Vater, der Sohn, der Heilige Geist. Amen.
Textkritischer Apparat
- Hier fehlt ein ca. 64 cm langer Streifen des Schriftbands (dazu Walther Greischel, Ein gotischer Wandteppich aus Niedersachsen im Kaiser Friedrich-Museum in Magdeburg, in: Montagsblatt [Wissenschaftliche Wochenbeilage der Magdeburgischen Zeitung] 11.11.1929, S. 365f, hier S. 366).
Anmerkungen
- Vgl. Einleitung, S. IX.
- Maße nach Griep; Maße nach Renate Jaques, Deutsche Textilkunst, Krefeld 1953, Register, S. 294: „1,42 : 1,32 m“.
- Kroos, S. 107.
- Dazu Kroos, S. 106, Anm. 158.
- Vgl. Marie Schuette, Gestickte Bildteppiche und Decken des Mittelalters, 2 Bde., Leipzig 1927/1930, hier Bd. 1, Tf. 19, 20.
Nachweise
- Photo Magdeburger Museen, Kloster Unser Lieben Frauen.
- Griep, Kunstwerke 1 N, S. 43–46.
- Walther Greischel, Ein gotischer Wandteppich aus Niedersachsen im Kaiser Friedrich-Museum in Magdeburg, in: Montagsblatt (Wissenschaftliche Wochenbeilage der Magdeburgischen Zeitung) 11.11.1929, S. 365f.
- Renate Jaques, Deutsche Textilkunst, Krefeld 1953, Abb. 108 S. 171.
Zitierhinweis:
DI 45, Stadt Goslar, Nr. 31† (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di045g008k0003104.
Kommentar
Auf diesem Wandbehang ebenso wie auf dem Margaretenteppich im St. Annenhospital, der „kaum vor 1430–40“ 3) entstanden sein kann, ist dargestellt, wie das kleine Kind mittels eines Gestells auf Rädern laufen lernt4). Dieselbe Darstellung findet sich auch auf dem Jagdteppich in Wienhausen. Sowohl diese Ähnlichkeit als auch die übereinstimmende Kleidung der dargestellten Personen im Vergleich mit dem Jagdteppich5) lassen eine Datierung des Hochzeitsteppichs auf etwa 1430 zu. Schriftgeschichtlich steht dieser Datierung nichts im Wege. Weil für den Wienhausener Teppich Braunschweig als Herstellungsort angenommen wird, könnte auch der Goslarer dort angefertigt worden sein. Vermutlich war er als Geschenk für ein Brautpaar gedacht.