Inschriftenkatalog: Stadt Goslar
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 45: Stadt Goslar (1997)
Nr. 14 Greifplatz 5 1297
Beschreibung
Bruchstück einer Grabplatte, das zu Beginn der achtziger Jahre dieses Jahrhunderts „im Eingangsbereich zur Straße Hinter den Brüdern“ gefunden wurde1), Stein, ursprünglicher Standort unbekannt. Erhalten ist nur etwa das obere Viertel der Platte mit einer durch einfache Linien abgetrennten Schriftleiste an der rechten und linken Seite; die Inschrift der Kopfseite wurde durch eine später angebrachte Fase zerstört. Im Mittelfeld der Platte ist als Ritzzeichnung unter einem Dreipaßbaldachin ein Männerkopf mit langen Haaren und das obere Ende eines Schwerts zu erkennen. Es könnte sich also um das Grabdenkmal eines kaiserlichen Vogts handeln. Die eingehauene Inschrift war umlaufend zwischen Begrenzungslinien angebracht, die Buchstaben der linken Seite sind weniger regelmäßig gestaltet.
Maße: H. 59 cm, Br. 101 cm, Bu. 4–4,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
[. . .] / [. . .] XCVII · O[. . .] / [. . .]SCATa) I(N) PACE · A · [D]b)
Übersetzung:
(...)97 (... ruhe) in Frieden (...)
Textkritischer Apparat
- Zu ergänzen ist [REQUIE]SCAT.
- A [D]] Lesung des letzten und Bedeutung der letzten beiden Buchstaben unsicher, A vielleicht zu A(MEN) zu ergänzen.
Anmerkungen
- Griep, Ausgrabungen 5, in: Harz-Zs. 35, 1983, S. 15.
- Vgl. die ähnlich gestalteten Baldachine eines in Ritztechnik ausgeführten Doppelgrabmals etwa aus der Mitte des 13. Jahrhunderts bei Kurt Bauch, Das mittelalterliche Grabbild. Figürliche Grabmäler des 11.–15. Jahrhunderts in Europa, Berlin/New York 1976, Abb. 171 S. 111.
- Vgl. DI 30 (Calw), Nr. 13 (1299), auch Nr. 5 (um 1150); DI 34 (Bad Kreuznach), Nr. 14 (1264).
- Vgl. die Liste der Vögte des 13. Jahrhunderts bei Wilke, S. 139, mit UB Goslar 2, Register.
Nachweise
- Griep, Goslar um 1500, S. 39.
- Griep, Ausgrabungen 5, in: Harz-Zs. 35, 1983, S. 14f.
Zitierhinweis:
DI 45, Stadt Goslar, Nr. 14 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di045g008k0001403.
Kommentar
Die Gestaltung des dreipaßförmigen Maßwerkbaldachins, der – wie am linken Rand der Platte noch erkennbar – von zwei Säulen getragen wurde, spricht für eine Entstehung des Grabdenkmals im 13. Jahrhundert2). Obwohl sich die Formel cuius anima requiescat in pace erst in späterer Zeit durchsetzt, findet sie sich gelegentlich auch schon in Grabinschriften des späten 13. Jahrhunderts3). Somit läßt sich die fragmentarische Datierung in der Inschrift zu [MCC]XCVII ergänzen. Nach 1260 sind drei kaiserliche Vögte belegt, deren urkundliche Erwähnungen vor 1297 ein Ende finden: Burchard von Bilstein, Edeler von Homanneshusen und Herzo von Barum4). Bei einem dieser Vögte könnte es sich um den Bestatteten handeln.
Die Gebäude des wohl in den zwanziger Jahren des 13. Jahrhunderts gegründeten Franziskanerklosters wurden 1823 abgerissen. Die Kirche oder der Kirchhof muß nicht der ursprüngliche Standort der Grabplatte gewesen sein, zumal die Fase oben auf dem Stein auf spätere Zweckentfremdung schließen läßt.