Inschriftenkatalog: Stadt Goslar
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 45: Stadt Goslar (1997)
Nr. 1 Kaiserpfalz, Lapidarium 11. Jh.
Beschreibung
Weihestein1), Sandstein, wahrscheinlich Fragment, bestehend aus zwei Bruchstücken, besonders Oberkante des oberen Bruchstücks stark abgestoßen. Das untere Bruchstück weist eine hochrechteckige Vertiefung auf, dieser Teil oder der gesamte Stein ist später möglicherweise als Teil eines Türrahmens verwendet worden. Die dreizeilige Inschrift ist eingehauen.
Maße: H. 48 cm2), Br. 26 cm, Bu. 5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
[. . .]a) · ARA · / III · K(A)L(ENDAS) · IVL(II) · / S(AN)C(T)IFICA/[T]A · E(ST) · [. . .]
Übersetzung:
(...) Altar wurde am dritten Tag vor den Kalenden des Juli (29.6.) geweiht.
Textkritischer Apparat
- Vor ARA ist vermutlich HAEC oder ISTA zu ergänzen.
Anmerkungen
- Inv.-Nr. LA 210, 235. Zur Herkunft der Stücke im Lapidarium vgl. Einleitung, S. IXf.
- Maße der zusammengefügten Bruchstücke.
- Zum Weihedatum vgl. Dahlhaus, S. 404f.
- Hölscher, Gottesdienst, S. 14, 40f. Im Grundriß des Baumeisters Ilse von 1813 (StA Goslar, Zeichnung Ilse) ist in der südlichen Nebenapsis ein Altar eingetragen. Vgl. auch den im Goslarer Museum befindlichen Petrusaltar aus der Zeit um 1500 (Nr. 49), der möglicherweise aus der Stiftskirche stammt.
- Chronik des Stiftes S. Simon und Judas, S. 606 (lat.), S. 600 (ndt.).
- Vgl. etwa die Weiheinschriften der Wormser Stephanskirche von 1055 und der Nikolauskapelle von 1058 (DI 29 [Worms], Nr. 10, 11), ebenso die Weiheinschrift des Hochaltars der Hildesheimer Domkirche von 1061 (Auskunft von Dr. Christine Wulf, Inschriftenkommission Göttingen; vgl. demnächst DI Hildesheim). Zum kirchlichen Brauch, das Weihedatum von Kirchen und Altären sowie weitere Angaben, hier vor allem das Patrozinium, schriftlich festzuhalten, vgl. Joseph Braun, Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung, 2 Bde., München 1924, hier Bd. 1, S. 720–725.
Zitierhinweis:
DI 45, Stadt Goslar, Nr. 1 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di045g008k0000106.
Kommentar
Die mit Ausnahme des nahezu kreisrunden C ausgeprägt hohen Buchstabenformen sprechen für eine Datierung der Inschrift ins 11. Jahrhundert. Die Buchstaben sind in schmaler Kerbe eingehauen, die Querbalken von A, E und F sind entsprechend kurz. Auf eine Entstehung in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts könnten die besonders langen Sporen am Balken des L und an den Bögen des C hinweisen; die an den Hasten ansetzenden Sporen fallen deutlich kürzer aus.
Die Inschrift dokumentiert eine Altarweihe, die an einem 29. Juni, dem Fest der Heiligen Petrus und Paulus, vollzogen wurde. Für die Stiftskirche St. Simon und Judas, deren Weihe am 2. Juli 10513) erfolgte, ist die Existenz eines Petrusaltars in der Nebenapsis rechts der Hauptapsis bezeugt4). In einem Reliquienverzeichnis5) werden der Petrusaltar und die darin befindlichen Reliquien genannt. Ob der Stein nach St. Simon und Judas zu lokalisieren ist oder in die Marienkapelle, die vor 1038 unter Konrad II. auf Veranlassung der Kaiserin Gisela als zweigeschossiger Bau nach dem Vorbild der Aachener Pfalzkapelle an der Nordseite der Kaiserpfalz erbaut wurde, ist nicht zu entscheiden.
In der Inschrift fehlen die Jahresangabe, die Nennung des weihenden Bischofs oder Erzbischofs und die des Altarpatroziniums, ebenso die Namen des oder der Heiligen, deren Reliquien im Altar versenkt wurden6). Wahrscheinlich ist sie nur teilweise erhalten.