Inschriftenkatalog: Stadt Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 19: Stadt Göttingen (1980)

Nr. 182† Göttingen, St. Johanniskirche (1645)

Beschreibung

Grabstein des Georg Andreas Fabricius. Über den genauen Standort und den Verbleib ist nichts bekannt.

Inschrift nach Friedekindt, Leichenpredigt für G. A. Fabricius.

  1. C(HRISTO) J(ESU) S(ACRUM) GEORG(IUS) ANDREAS FABRICIUS, HERTZBERG(ENSIS) THEOD(OSII) FILIUS, PHIL(OSOPHIAE) MAG(ISTER) POET(A) LAUR(EATUS) CAESAR(EUS) SCHOLAE OLDENBURG(ENSIS) RECTOR, PER ANN(OS) TRES, GOTTINGENS(IS) PAEDAGOGIARCHA PER ANN(OS) XIV, MULHUSINOR(UM) GYMNASIARCHA PER ANN(OS) VII, GOTTINGAM REVOCATUS PAEDAGOGIARCHAa) DENUO FUNCTUS PER ANN(OS) XII, POST EXANTLATOS VARIOS ET DIFFICILES LABORES CHRISTO SERVATORI ANIMAM, TERRAE MAGNAE MATRI CORPUS REDDIDIT, QVOD HUC POSUERUNT RELICTI MARIA à DRANSFELD, UXOR, ET FILIUS UNICUS HENNING(US) GOTFRIDUS, LIBERIS RELIQVIS QVINQVE PRAEMISSIS, ET INVERSO NATURAE ORDINE à PATRE SEPULTIS: CHRISTUS AUTEM IN DIE NOVISSIMO EX HOC PULVERE CERTO RESUSCITABIT. AD VITAM AETERNAM. INTERIM ANXIA VITA VALE. TIBI MORS SE MISCET ET UMBRA ES,CUM CHRISTO IN COELIS VIVERE VITA MERA EST.IPSE MORTALITATIS MEMOR VIVUS SIBI FECIT

Übersetzung:

Jesus Christus geweiht.

Georg Andreas Fabricius aus Herzberg, Sohn des Theodosius, Magister der Philosophie, kaiserlicher Poeta laureatus, war 3 Jahre lang Rektor der Schule in Oldenburg, für 14 Jahre Pädagogiarch1) in Göttingen, danach 7 Jahre Gymnasiarch2) in Mühlhausen. Nach Göttingen zurückberufen, hat er wiederum 12 Jahre das Amt des Pädagogiarchen verwaltet.

Nachdem er vielfache und beschwerliche Mühseligkeiten erduldet hatte, gab er Christus, dem Erlöser, die Seele, der großen Mutter Erde jedoch den Leib zurück. Ihn haben hier als Hinterbliebene die Ehefrau Maria von Dransfeld und der einzige Sohn Henning Gottfried beigesetzt, nachdem die übrigen fünf Kinder (in die Ewigkeit) vorausgesendet und in Verkehrung der natürlichen Ordnung vom Vater begraben wurden.

Christus aber wird (ihn und sie) am jüngsten Tage aus diesem Staub gewiß zum ewigen Leben wiedererwecken. Für jetzt lebe wohl, angstvolles Leben. Der Tod gesellt sich zu dir, und du bist ein Schatten; mit Christus in den Himmeln zu leben, ist reines Leben.

Er selbst hat, eingedenk der Vergänglichkeit, sich als Lebender (diese Inschrift) verfaßt.

Versmaß: ANXIA VITA – MERA EST ein Distichon.

Kommentar

Georg Andreas Fabricius, 1586 als Sohn des späteren Göttinger Pfarrers Theodosius Fabricius (vgl. über ihn Nr. 128) in Herzberg a. d. Elster geboren, studierte nach dem Besuch des Pädagogiums in Göttingen Philosophie und Theologie in Jena und Wittenberg.3) Nach dem Magisterexamen, das er 1608 ablegte, wurde er 1609 zum Rektor der Schule in Oldenburg ernannt, drei Jahre später berief ihn der Göttinger Rat zum Leiter des Pädagogiums.4) In dieser Funktion bekam Fabricius wegen seiner ramistischen Einstellung Schwierigkeiten mit dem Magistrat, der sich 1618 über ihn und den Generalsuperintendenten Henning Tegtmeier (vgl. Nr. 159) aus diesem Grund beim Konsistorium in Wolfenbüttel beklagte5); die in der Inschrift genannten VARIOS ET DIFFICILES LABORES deuten auf die betreffenden Mißhelligkeiten hin.

Als Tilly 1626 die Stadt eroberte, wich Fabricius nach Mühlhausen aus, wo er das Rektorat des Gymnasiums übernahm. Erst 1633 kehrte er nach Göttingen zurück, wo er bis zu seinem Tod 1645 unterrichtete.6)

Fabricius hat ein umfangreiches wissenschaftliches Werk hinterlassen. Neben Schriften zur Anthropologie und Astronomie stehen theologische Abhandlungen, eine Sammlung von Poetica und eine Einführung in die Vortragskunst.7) In einem ‚Thesaurus Philosophicus‘ hat er schließlich das ganze Lehrsystem in Übersichtstafeln zusammengestellt und somit ein nützliches Nachschlagewerk geschaffen.8)

Textkritischer Apparat

  1. PAEDAGOGIARCHIA Friedekindt.

Anmerkungen

  1. Rektor des Pädagogiums.
  2. Rektor des Gymnasiums.
  3. Friedekindt, Leichenpredigt für G. A. Fabricius (48)–(50).
  4. Ebd. (52)ff.
  5. ZGB Göttingen III 4, S. 67, Anm. a).
  6. Friedekindt, Leichenpredigt für G. A. Fabricius (56, 57, 60).
  7. Anthropologica Institutio, s. l. 1618. Astronomia , s. l. 1622. Exercitium oratirium de passione et morte Christi, s. l. et a. Capita doctrinae Lutheranae seu loci theologici, Mühlhausen 1628. Horae succisivae poeticae, Goslar 1618. De ratione disputandi brevis et methodica instructio, s. l. et a.
  8. Erschienen Braunschweig 1624.

Nachweise

  1. H. Friedekindt, Leichenpredigt für G. A. Fabricius (62).
  2. Scripta in Gymnasium Gottingensis II, s. l. et a., handschriftlich auf dem Vorsatzblatt.
  3. ZGB Göttingen III 4, S. 67f.

Zitierhinweis:
DI 19, Stadt Göttingen, Nr. 182† (Werner Arnold), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di019g001k0018201.