Inschriftenkatalog: Stadt Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 19: Stadt Göttingen (1980)

Nr. 128† Göttingen, St. Johanniskirche 1597

Beschreibung

Grabstein des Theodosius Fabricius. Über den Verbleib ist nicht bekannt.

Inschrift nach Dransfeld.

  1. EPITAPHIUMReverend(issimi). et ClarissimiD(omi)n(i) THEODOSI FABRICII[Lapidi sepulchrali inscriptum]a)

    CLARA SUB OBSCURIS LUX ISTIS CLAUDITUR UMBRISFABRICIUS, LECTUM NOBILE VASq(ue) DEI.HIC MERITIS FORTUNAM, ANIMO MALA, NESTOR A VOCE,INGENIO FAMAM VICIT ET ARTE GENUSRECTE ITER ET CALAMO MONSTRAVIT AD AETHERA, CERTUMILLIUS ET FORTI TRADIDIT ORE DUCEM.ACER ERAT SCELERUM VINDEX, SED JUDICE VERBO,MITIOR AT MITIS VOX PIETATIS ERAT.PRO CHRISTO PUGNANS ANIMOSUS STABAT ABEGITNON FERA SORS, SED MORS à STATIONE VIRUM.DEFLEAT HUNCb) MERITO RESPUBLICA, LUGEAT OMNISCIVIS ET HOC LACERUM PLORET OVILE DEI.

    Obiit VII. Aug. anno 1597.

Übersetzung:

Epitaph des ehrwürdigen, hochberühmten Herrn Theodosius Fabricius, [auf den Grabstein geschrieben].

Ein strahlendes Licht ist unter diesen dunklen Schatten eingeschlossen: Fabricius, ein auserlesenes und edles Gefäß Gottes. Er, ein Nestor an Beredsamkeit, hat durch Verdienste das Schicksal, durch Charakterstärke die Schwächen, durch Verstand die öffentliche Meinung und durch Begabung seinen Stand überwunden. Auf rechte Weise wies er mit der Schreibfeder die Bahn zu den himmlischen Dingen und zeigte mitmutiger Stimme den zuverlässigen Führer (= Christus) dorthin. Er war ein unnachssichtiger Rächer von Verbrechen, milder dagegen, eine sanfte Stimme der Gnade, als Richter durch das Wort (Gottes) (?). Tapfer stand er im Kampf für Christus, nicht das grausame Schicksal, sondern der Tod vertrieb den Mann von seinem Platz. Verdientermaßen soll ihn die Stadt beweinen, soll jeder Bürger trauern und diese zerstreute Herde Gottes wehklagen. Er starb am 7. August im Jahre 1597.

Kommentar

Theodosius Fabricius, 1560 in Nordhausen als Sohn des Pfarrers Andreas Fabricius geboren1), wurde 1590 zum Pastor primarius der Johanniskirche berufen.2) Er hatte 1582 bis 1584 in Wittenberg studiert3), wurde dort Pfarrer4) und später Superintendent in Herzberg a. d. Elster.5) Als die sächsische Regierung sich dem Kalvinismus zuwandte, verließ Fabricius Sachsen und ging nach Göttingen.6) Dort erhielt er neben der Pfarrstelle eine Professur am Pädagogium, wo er außer Theologie, Philosophie und Rhetorik7) auch Geschichte, Astronomie, Geometrie und Physik lehrte.8)

Seine schriftstellerische Tätigkeit stellte Fabricius vornehmlich in den Dienst der Verbreitung von Luthers Schriften, aus denen er zwei Kompendien mit ‚Loci communes‘ veröffentlichte.9) Er hat daneben eine Paralleldarstellung der Leidensgeschichte in Latein, Griechisch und Hebräisch publiziert10) und versuchte in einem Traktat auch eine Antwort auf die drängendste außenpolitische Frage jener Jahre zu geben, ob nämlich die Türken Deutschland erobern würden oder nicht.11) Fabricius starb 1597 an der Pest, der damals in Göttingen innerhalb von fünf Monaten 3500 Bürger erlegen sind.12)

Den Text der Inschrift in Distichen verfaßte Samuel Scernicovius, Konrektor am Pädagogium.13)

Textkritischer Apparat

  1. Vermutlich kein Bestandteil der Inschrift, sondern erläuternder Zusatz von Dransfeld.
  2. NVNC Stuss.

Anmerkungen

  1. Pflaumenkern, Leichenpredigt für Th. Fabricius (19).
  2. Dransfeld, Prodromus 34f. Saathoff, Kirchengeschichte 169.
  3. Stuss 278. Saathoff, Kirchengeschichte 169.
  4. Dransfeld, Prodromus 34f.
  5. Ebd.
  6. Kirsten, Nachrichten über die ältesten Schulen Göttingens II, 66f.
  7. Dransfeld, Prodromus 34f.
  8. Pflaumenkern, Leichenpredigt für Th. Fabricius (25).
  9. Loci communes. Aus den deutschen Geistreichen Schrifften des thewren Hocherleuchten Mannes Gottes vnd waren letzten Eliae. D. Martini Lutheri, Magdeburg 1597. – Loci communes. D. Martini Lutheri, London 1651.
  10. Harmonia historiae passionis et resurrectionis domini (. . .) Jesu Christi, Wittenberg 1595. – Als weitere theologische Schrift ist überliefert: Historia Certaminis sacramentarii, Magdeburg 1593.
  11. Disputation von der Frage Ob der Türcke noch endlich das Römische Reich oder Deutschland erobern werde oder nicht? Wittenberg 1595.
  12. Pflaumenkern, Leichenpredigt für Th. Fabricius (27).
  13. Stuss 290.

Nachweise

  1. Dransfeld, Prodromus 37.
  2. J. H. Stuss, Memoria beati Theodori Berckelmanni, Hannover 1733, 289f.

Zitierhinweis:
DI 19, Stadt Göttingen, Nr. 128† (Werner Arnold), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di019g001k0012807.