Inschriftenkatalog: Stadt Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 19: Stadt Göttingen (1980)

Nr. 112† Göttingen, St. Jakobikirche 1564

Beschreibung

Glocke, die 1917 abgeliefert werden mußte. Sie war mit einem Engelfries verziert. Inschriften: A) Schulterinschrift, B) Umschrift am Schlag.

Die Überlieferungen der Inschriften weichen stark voneinander ab. Hier wird die jüngste Lesung (Warnecke) als Quelle gewählt, die die enthaltenen Namen korrekt wiedergibt. Im Kdm. II findet sich nur Inschrift A), während Spangenbergs Version Flüchtigkeiten bei der Schreibung der Personennamen zeigt. Gleichwohl läßt dessen Lesung vermuten, daß Warnecke den Wortlaut von B) an einer Stelle nicht vollständig wiedergegeben hat (vgl. Anm. n).

Inschriften nach Warnecke.

Maße: Du. 126 cm.1)

  1. A)

    IM NAMEN DER HEILIGENa) DREVOLDIGKEITb) HAT MICH HANS PELECKINGc) VON HILDENSENd) IN GÖTTINGENe) BEREIT UNDf) IST GESCHEHENg) NACHh) CHRISTI GEBORTi) 1564.j)

  2. B)

    [DA]k) JOHANN UTHLO FRISIUSl) PASTOR UNDEm) DE ERBARENn) UND VORSICHTIGEN PAWELo) RICHHELM BARTOLOMEI DORMANNSp) LORENTZ HELMBR[ECHT]q) [. . . . . . . . . . . .]r) VUM.s)

Kommentar

Das Wortfragment am Schluß von B) läßt sich nicht ergänzen.

Hans Pelking war Erzgießer in Hildesheim, wo er vor allem Geschütze anfertigte.2) Für die Heiligenstädter Marienkirche goß er 1555 eine Glocke3), für die Jakobskirche in Peine 1561 ein Taufbecken.4) Für die Göttinger Jakobikirche goß er 1564 zwei Glocken; die Inschrift der einen Glocke ist hier mitgeteilt worden, die andere Glocke, von der keine Inschrift überliefert ist, wurde 1679 umgegossen.5) Die Kastenherren der Jakobikirche bescheinigten Pelking in einem Schreiben vom 20. Januar 1565, daß die Glocken zu ihrer „vollsten Zufriedenheit ausgefallen sind und darum der Meister zu empfehlen sei.“6)

Johann Uthlo aus Friesland (daher FRISIUS) wurde 1542 als Lehrer an das Göttinger Pädagogium berufen7), 1553–1593 war er Pfarrer an der Jakobikirche.8) Paul Reichhelm stammte aus einer Göttinger Ratsfamilie, die mehrfach den Bürgermeister stellte.9) Er selbst, der 1525 in Leipzig immatrikuliert wurde10), war 1550–1552 und 1566/67 Ratsherr, 1567 auch Bürgermeister; von 1563–1565 bekleidete er das Amt des Kaufgildemeisters.11) Bartholomäus Dormann, Meister der Schneidergilde 1561–157412), war Ratsherr 1575–1589 und 1595–1597.13) Lorenz Helmbrecht war Ratsherr 1550–1553 und 1554/55, Meister der Schradergilde 1557–1568.14)

Textkritischer Apparat

  1. HILLIGEN Kdm.
  2. DREVOLDIGHEIT Spangenberg, Beiträge; DREVOLDICHEIT Kdm.
  3. PELKING Spangenberg, Beiträge; PELCKINCK Kdm.
  4. HILDENSEM Spangenberg, Beitäge; VAN HILDENSEM Kdm.
  5. GOTINGEN Kdm.
  6. UNDE Spangenberg, Beiträge.
  7. GESCHEN Kdm.
  8. Fehlt Spangenberg, Beiträge.
  9. GEBURT Spangenberg, Beiträge.
  10. MDLXIV, vertikaler Strich Spangenberg, Beiträge.
  11. So Spangenberg, Beiträge, während Warnecke D. N. setzt.
  12. JOHANNES VIHLE FRICKE Spangenberg, Beiträge.
  13. Spangenberg, Beiträge, fügt hier ein: BI[. . . .] GEBREDERE OK.
  14. ERBARN Spangenberg, Beiträge.
  15. PAWL Spangenberg, Beiträge.
  16. BARTHOLOMEI DORMAN Spangenberg, Beiträge.
  17. LORENZ HELMOL[. . .] Spangenberg, Beiträge. Der name ist HELMBR[ECHT] zu ergänzen, vgl. Gerlach, Regesten 192, Nr. 30.
  18. Lücke von 62 cm Länge und 11 cm Höhe, vgl. Warnecke 91.
  19. VEVEL Spangenberg, Beiträge.

Anmerkungen

  1. Warnecke 91.
  2. Kdm. III 213. Vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 436, 443, 454. – Über Pelking s. auch Mithoff, Mal. Künstler und Werkmeister 245f.
  3. H. Otte, Glockenkunde 205.
  4. Kdm. III 213.
  5. Spangenberg, Geschichte und Beschreibung 96f. Die Inschrift der 1679 neugegossenen Glocke, die ebenfalls verloren ist, wies auf den Umguß nach 115 Jahren mit folgenden Worten hin: CAMPANA HAEC POSTQUAM SONVERAT ANNOS CXV DENVO FVSA FVIT PER NICOLAVM GREVEN HANNOVERANVM.
  6. Gerlach, Regesten 192, Nr. 30.
  7. Saathoff, Kirchengeschichte 142.
  8. Ebd. 254.
  9. Ritter, Ratsherren 109; 113f.
  10. Unter dem Namen ‚Paul Segebode‘, vgl. G. Erler (Hrsg.), Die Matrikel der Universität Leipzig I, Leipzig 1895, 591. Zu den wechselnden Familiennamen ‚Reichhelm/Segebode‘ vgl. Ritter, Ratsherren 114.
  11. Ritter, Ratsverfassung 12.
  12. Ritter, Ratsherren 52.
  13. Ritter, Ratsverfassung 6f.
  14. Ebd. 8.

Nachweise

  1. Warnecke, Die Göttinger Kirchenglocken, in: Göttinger Gemeindeblatt 8 (1917) Nr. 7/8, S. 88–93.
  2. Spangenberg, Geschichte und Beschreibung 96f. (wie Spangenberg, Beiträge).
  3. Spangenberg, Beiträge 445.
  4. Kdm. II 75.
  5. Bielefeld, Göttinger Glockenkunde (Katalog, Ms.).

Zitierhinweis:
DI 19, Stadt Göttingen, Nr. 112† (Werner Arnold), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di019g001k0011202.