Inschriftenkatalog: Stadt Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 19: Stadt Göttingen (1980)

Nr. 110a† Göttingen, St. Johanniskirche? 1557

Beschreibung

Grabplatte des Göttinger Bürgermeisters Ludolf Rauschenplat. Die Zeichnung wurde bei einer Besichtigung als Protokollanlage erstellt im Zusammenhang eines vor dem Reichskammergericht ausgetragenen Prozesses der Familie von Rauschenplat gegen die Erben des früheren Kanzlers Johann Stopler. Umlaufend Inschrift A, beginnend oben links, am Ende in drei Zeilen am oberen Rand des Innenfeldes der Platte fortgesetzt. Unter dem Ende von Inschrift A die Initialen B, dazwischen eine Hausmarke.1) Die untere Hälfte des Innenfeldes wird eingenommen von dem Wappen des Verstorbenen, unter diesem die Jahreszahl C.

Inschriften nach Zeichnung in HStAH Hann. 27 Hildesheim, Nr. 1491/5 (Nro. 210).

Schriftart(en): Kapitalis

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Katharina Kagerer) [1/1]

  1. A

    ANNO · D(OMI)NI · 1557 · DES · SVN=/NABENDE · NA · DES · HILLIGEN · CREVTZES · DAGE2) · / DA · STARF · DE · ERSAME · / BORGEMESTER · LVDOLFF · RVSKEPLATE · DEM · / GOT · GNEDIG · VND · / BARMHERTZIG · SY · / AMEN ·

  2. B

    L(VDOLFF) // R(VSKEPLATE)

  3. C

    1557

Wappen:
Rauschenplat3)

Kommentar

Ludolf Rauschenplat, geboren in Einbeck um 1485, erwarb 1516 die Mitgliedschaft in der Göttinger Kaufleutegilde; er wohnte von 1519 bis zu seinem Tod in der Johannisstraße 6, seine Witwe lebte dort bis etwa 1560. 1529 war Ludolf Rauschenplat an den Verhandlungen zur Einführung der Reformation in der Stadt beteiligt, 1531 wurde er Ratsherr; von 1533 bis 1541 und von 1543 bis 1547 wird er als Bürgermeister genannt,4) amtierte aber noch länger: 1554 wurde er von seinem Mitbürgermeister Giselher Schwanenflügel und dessen Anhängern aus der Stadt verjagt.5) Begraben wurde Ludolf Rauschenplat aber dennoch in Göttingen.

Die Göttinger Ratsfamilie Rauschenplat entstammte offenbar einem illegitimen Zweig der adeligen Familie gleichen Namens, die vor allem im Raum des Stiftes Hildesheims und des Reichsstiftes Gandersheim begütert war. Das Wappen der Göttinger Ratsfamilie ist offenbar durch Minderung von dem der adeligen Familie abgeleitet.6)

Das Reichskammergerichtsverfahren, in dessen Zusammenhang die Zeichnung der Grabplatte entstand, war Teil eines Streites zwischen der Ludolfschen Linie der von Rauschenplat und den Nachkommen des Wolfenbütteler Kanzlers Johann Stopler (gest. 1553). Stopler hatte 1553 mit dem Gut Binder, das vorher der ausgestorbenen Familie von Linde gehört hatte, Rechte auf Besitz des 1566 gestorbenen Hermann von Rauschenplat in Wolperode und Hilprechtshausen (nordwestlich von Gandersheim) erworben, wogegen drei Brüder von Rauschenplat klagten.7)

Anmerkungen

  1. Hausmarke Ludolf Rauschenplat?: Y, durch den senkrechten Schaft drei Querstriche, der mittlere verkürzt. Nicht bei Meyermann, Göttinger Hausmarken.
  2. 18. September.
  3. Wappen Rauschenplat (zwei senkrecht gestellte Äste mit an der Spitze nach außen hervorwachsenden Kleeblättern). Dieses Wappen fand sich an zwei Göttinger Häusern: Düstere Str. 20 u. Johannisstr. 6. Vgl. Meyermann, Göttinger Hausmarken, S. 66 u. Tafel 17 (Nr. 398f.).
  4. Hans Mahrenholtz, Die Familie Rauschenplat in Niedersachsen, Hannover 1975 (Familienkundliche Kommission für Niedersachsen und Bremen. Forschungsberichte, N. F. Bd. 2), S. 57.
  5. Franciscus Lubecus, Göttinger Annalen. Von den Anfängen bis zum Jahr 1588, bearb. von Reinhard Vogelsang, Göttingen 1994 (Quellen zur Geschichte der Stadt Göttingen, Bd. 1), S. 407.
  6. Mahrenholtz, Familie Rauschenplat (wie Anm. 3), S. 53f. Zum Wappen der adeligen Familie Rauschenplat (drei in ein Dreieck gestellte Äste mit daraus nach außen hervorwachsenden Kleeblättern) vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 8 u. Tafel 6. Meyermann, Göttinger Hausmarken, S. 66 u. Tafel 17 (Nr. 396f.).
  7. Vgl. den Aktentitel zu HStAH Hann. 27 Hildesheim, Nr. 1491/1–7; www.arcinsys.niedersachsen.de/arcinsys/detailAction.action?detailid=v2598632 (08.02.2016).

Nachweise

  1. HStAH Hann. 27 Hildesheim, Nr. 1491/5 (Nro. 210).