Inschriftenkatalog: Stadt Göttingen
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 19: Stadt Göttingen (1980)
Nr. 6† Göttingen, St. Johanniskirche 1348
Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]
Beschreibung
Feiertagsglocke, sie wurde 1828 umgegossen.1) Der untere Durchmesser betrug „3 Ellen 1. Zoll“, die dagegen vergleichsweise geringe Höhe „2½ Ellen“.2) Die gotische Majuskelinschrift lief dreizeilig auf der Flanke, die Buchstaben der mittleren waren etwas größer als die der oberen und unteren Zeile.3)
Inschrift nach Spangenberg, Geschichte und Beschreibung: Zeichnung neben S. 87.
ICH · BIN · MARIA · GHENANT · MICH · GHOVS · EIN · MEISTER · UIZ · SASCEN · LANT · MAGISTER · HANNES · VON · HALVERSTATT */ + ANNO · D(OMI)NI · M · C · C · C · XL · VIII · IN · DIE · SIMONISa) · ET · IUDE · + DER · MICH · VNDE · MANICH · GHVIT · STVCCE · WERCES · GHEMACHCHETb) · HAIT · GHOTc) · GHEBE · SINER · SELE · RAIT · AVE · MARIA.4)
Datum: 28. Oktober
Textkritischer Apparat
- S am Anfang und Ende des Wortes spiegelbildlich.
- sic!
- Fehlt in der Zeichnung. Spangenberg wiederholt den Text S. 87, dort steht an dieser Stelle ‚GhOT‘; statt MAGISTER (Z. 1) schreibt er hier ‚maister‘.
Anmerkungen
- Wagner, Zwei Göttinger Glocken 562.
- ZGB Göttingen I, 2, S. 75.
- Vgl. Spangenbergs Zeichnung; bei Mithoff, Kdm. II, T. II ebenfalls eine Zeichnung der Inschrift abgedruckt (ohne genaue Quellenangabe).
- Luk. 1,28.
- Lubecus, BL-Chronik II, S. 593, wo für den Glockenguß das Jahr 1349 angegeben ist.
- ZGB Göttingen I, 2, S. 76.
- Ebd.
- Mundt 57. Ähnlich Hach 177ff.
- Mundt 78, A. 94ff.
- Ebd. 79, A. 99.
- Mithoff, Mal. Künstler 166. Kdm. Hildesheim (Kirchliche Bauten) 68.
- Mithoff, Mal. Künstler 166. UB Halberstadt I, Nr.356a.
Nachweise
- Spangenberg, Geschichte und Beschreibung, Zeichnung neben 87 und 87.
- Lubecus, Annales f. 73v; BL-Chronik II, S. 593.
- Müller, Göttingen 22.
- Kdm. II 73f. und T. II.
- Th. Hach, Zur Geschichte der Erzgießkunst, in: Repertorium f. Kunstwissenschaft 4 (1881) 157–182, hier 177 (nur Z. 3).
- A. Mundt, Die Erztaufen Norddeutschlands von der Mitte des 13. bis zur Mitte des 14. Jh.s (= Kunstwiss. Studien 3), Leipzig 1908, 57.
- K. Walter, Glockenkunde 174, A. 1; 211.
- Mirow, Die Göttinger Kirchenglocken, S. 89, A. 1.
- Saathoff, Kirchengeschichte, S. 17.
Addenda & Corrigenda (Stand: 18. April 2017):
Zu einer 1350 von Johann von Halberstadt für den Hildesheimer Dom gegossenen Glocke vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 91. Eine Glocke in Wusterwitz bei Brandenburg wird erwähnt bei Margarete Schilling, Glocken. Gestalt, Klang und Zier, Dresden 1988, S. 142f. mit Abb. 268.
Zitierhinweis:
DI 19, Stadt Göttingen, Nr. 6† (Werner Arnold), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di019g001k0000601.
Kommentar
Die von Spangenberg überlieferte Zeichnung zeigt eine voll ausgebildete gotische Majuskelinschrift. Die Buchstaben C und E sind geschlossen, neben dem halbunzialen A steht die Kapitalform mit dem weit ausgezogenen Dachbalken. Einzelne Buchstaben (A, D, E) sind mit leicht geschwungenen Sporen verziert, der Schaft des I ist in der Mitte durch einen Knoten verstärkt. Das M ist nur in der halbgeschlossenen Form verwendet.
Die Glocke soll die älteste und beste in Göttingen gewesen sein.5) Sie diente als Feiertags-, Bet- und Totenglocke „vornehmer Leute“.6) Auf ihrem Mantel waren als Darstellungen angebracht: Samson mit dem Löwen, ein Agnus Dei, ein Kruzifix mit Maria und Johannes, ein Wappen mit zwei Löwen, ein Reiter, Maria mit dem Kind und einer Lilie in der Hand, eine weitere Mariendarstellung (?)7).
Die von A. Mundt behauptete Identität Johanns von Halberstadt mit dem bekannten Erzgießer Johann Apengeter läßt Zweifel offen.8) Der Vorname „Johann“ war im Mittelalter so häufig, daß die vorhandene Übereinstimmung wenig beweiskräftig ist. Nach den bei Mundt mitgeteilten Inschriften9) hat es zudem den Anschein, als ob Apengeter seinen Namen auf allen von ihm gegossenen Stücken nennt. Eben dieser Name fehlt jedoch auf der hier beschriebenen Glocke. Es bleibt als Argument für die Identität die gleiche Herkunft, auch Apengeter stammte aus Sachsen.10)
Johann von Halberstadt goß 1350 für den Hildesheimer Dom ein Glocke, die 1688 zersprang und umgegossen wurde.11) Mithoff vermutet ferner, er habe bereits 1315 eine Glocke für die Moritzkirche in Halberstadt gegossen.12)