Inschriftenkatalog: Stadt Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 19: Stadt Göttingen (1980)

Nr. 5 Göttingen, St. Albanikirche 1342

Beschreibung

Kruzifix oberhalb der Wetterfahne auf der Spitze des Kirchturms. Am Balken und an den Armen des Kreuzes sind Kapseln zur Aufbewahrung von Reliquien befestigt.1) Inschriften: A) Titulus über dem Kruzifix, B) Tafel unterhalb des Kruzifixes. Die Inschriften sind nicht zugängig und werden daher hier nach einer Lithographie G. F. Neises aus dem Jahr 1863 zitiert.2) Dieser Umstand verbietet eine sichere Aussage darüber, ob sie noch erhalten sind. Gotische Minuskel, wobei es sich um das früheste bekannte Beispiel dieser Schriftart in Göttingen handelt.

Jennifer Moos [1/2]

  1. A)

    i(esus) n(azarenus) r(ex) i(udaeorum)3)

Übersetzung:

Jesus aus Nazareth, König der Juden

  1. B)

    an(no) m° ccc° xl iido ver drankhermen goltsmet in der grotenvlot to sentemargret(en) dage

Datum: 13. Juli (20. Juli?)

Kommentar

Von einer Überschwemmung der Weser und Fulda im Jahre 1342 berichtet eine Inschrift an der St. Blasiuskirche in Hann.-Münden. Als Datum ist dort der 23. Juni genannt.4) Lubecus erwähnt zum gleichen Jahr Überflutungen der Werra in Witzenhausen und Eschwege, die die Stadtmauern einstürzen ließen.5) Von einer Leineüberschwemmung in Göttingen in diesem Jahr findet sich jedoch keine Nachricht.

Ein Hermann Goldschmied ist in einer Göttinger Urkunde von 1365 als verstorben erwähnt, über die Umstände seines Todes wird jedoch nichts gesagt.6) Gleichwohl kann er mit dem in der Inschrift Genannten identisch sein.

Das Kruzifix ist vermutlich von den Angehörigen des Verstorbenen gestiftet worden. Es befindet sich jetzt sicher nicht an seinem ursprünglichen Platz. Es läßt sich aber nicht feststellen, zu welchem Zeitpunkt das Kreuz auf den Kirchturm versetzt worden ist. Vielleicht bei der durch die Inschrift in der Wetterfahne angezeigten Renovierung von 1726; Spangenbergs Zeichnung der Turmspitze (entstanden 1806/07) zeigt das Kruzifix bereits an seiner heutigen Stelle.7)

Text B ist die älteste erhaltene deutschsprachige Inschrift in Göttingen.

Anmerkungen

  1. Über Altarkreuze als Reliquienbehälter vgl. J. Braun, Das christliche Altargerät 486.
  2. Ein Exemplar dieser Lithographie befindet sich im Besitz des Göttinger Stadtkirchenarchivs und wurde mir freundlicherweise von K.-H. Bielefeld zugängig gemacht.
  3. Joh. 19,19.
  4. Kdm. II 137, vgl. DI 66 (LK Göttingen), Nr. 9.
  5. Lubecus, Annales f. 73r.
  6. UB Göttingen I Nr. 236 S. 223. Sein Sohn Hans war Ratsherr 1359–1389, vgl. ebd. S. 427–429.
  7. Spangenberg, Geschichte und Beschreibung. 98.

Nachweise

  1. G. F. Neise, Lithographie des Kreuzes (1863).
  2. G. Schmidt, Das mal. Göttingen (= Sonderdruck aus: Hans. Gesch.bll 1878), 14.
  3. Führer durch Göttingen und Umgebung, 7. Aufl. Göttingen (1920) 24.
  4. Fahlbusch, Göttingen im Wandel der Zeiten 58 (Wiedergabe der Lithographie Neises, ohne Hinweis auf Inschrift B).

Zitierhinweis:
DI 19, Stadt Göttingen, Nr. 5 (Werner Arnold), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di019g001k0000503.