Inschriftenkatalog: Stadt Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 19: Stadt Göttingen (1980)

Nr. 181† Göttingen, St. Johanniskirche 1645

Beschreibung

Grabstein des Paul Müller. Der Verbleib ist nicht bekannt, vielleicht ist der Stein beim Umbau der Kirche 1791/92 abhanden gekommen.

Inschrift nach Dransfeld, Prodromus.

  1. PAULUS MÜLLERUS S(ACRAE) THEOLOGIAE DOCTOR SUPERINTENDENS GENERALISSIMUS PIE OBIIT DIE XXIII. NOVEMBRIS ANNI M DC XLV. II. TIM. IV. v. VI. EGO JAMa) DELIBOR, ET TEMPUS RESOLUTIONIS MEAE INSTAT. BONUM CERTAMEN CERTAVI, CURSUM CONSUMMAVI, FIDEM SERVAVI, IN RELIQUO REPOSITA EST MIHI CORONA JUSTITIAE, QUAM REDDET MIHI IN ILLO DIE DOMINUS, JUSTUS JUDEX, NON SOLUM AUTEM MIHI, SED ET OMNIBUS, QUI DILIGUNT ADVENTUM EJUS.

Übersetzung:

Paul Müller, Doktor der heiligen Theologie, Superintendens generalissimus, entschlief gottesfürchtig am 23. November des Jahre 1645.

„Denn ich werde schon geopfert, und die Zeit meines Abscheidens ist vorhanden. Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten; hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der Herr an jenem Tage, der gerechte Richter, geben wird, nicht mir allein, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieb haben.“1)

Kommentar

Paul Müller war der Sohn eines Schneiders aus Wittenberg.2) Dort studierte er seit 1602 Theologie und Philosophie, war dann längere Zeit Rektor der Schule in Iglau und kehrte nach der Rekatholisierung Mährens 1620 nach Wittenberg zurück. Müller erwarb den Magistergrad, lehrte als Privatdozent an der Universität, war dann als Rektor an der Schule in Naumburg tätig und wurde 1624 Oberdomprediger in Halberstadt. Als ihn das Restitutionsedikt zwang, diese Stelle aufzugeben, folgte er 1630 dem Ruf als Generalsuperintendent und Professor nach Helmstedt. Dort befürwortete er die humanistisch geprägte Theologie, deren Hauptvertreter an der Helmstedter Universität zu jener Zeit Georg Calixtus war.3)

Im Jahr 1636 berief ihn Herzog Georg als Hofprediger und Kirchenrat – mit dem Titel GENERALISSIMUS – nach Hannover, wo er in dem nach der Landesteilung 1635 neugegründeten Konsistorium den stellvertretenden Vorsitz übernahm.4) Zuvor war ihm in Helmstedt noch die Doktorwürde der theologischen Fakultät verliehen worden.5)

Kurz nach dem Regierungswechsel 1641 trat Müller von seinem Amt zurück, vielleicht infolge einer Erkrankung6), wohl eher wegen Differenzen mit Herzog Christian Ludwig.7) Er starb in Göttingen und wurde in der Johanneskirche begraben.8)

Textkritischer Apparat

  1. enim iam Vulgata.

Anmerkungen

  1. Übersetzung des Bibelzitats nach Luther.
  2. Alb. Acad. Helmstad. 385.
  3. Ebd. – G. Th. Meier, Monumenta Julia 58. Henke, Georg Calixtus I, 479.
  4. J. K. F. Schlegel, Kirchen- und Reformationsgeschichte II, Hannover 1829, 514. G. Th. Meier, Monumenta Julia 59.
  5. Alb. Acad. Helmstad. 385.
  6. Chrysander, Diptycha 146: „Correptus (. . .) paroxysmo melancholico“. Alb. Acad. Helmstad. 386.
  7. Schlegel, Kirchen- und Reformationsgeschichte II, 532.
  8. Dransfeld, Prodromus 49. G. Th. Meier, Monumenta Julia 59.

Nachweise

  1. Dransfeld, Prodromus 49.

Zitierhinweis:
DI 19, Stadt Göttingen, Nr. 181† (Werner Arnold), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di019g001k0018103.