Inschriftenkatalog: Stadt Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 19: Stadt Göttingen (1980)

Nr. 159† Göttingen, St. Johanniskirche 1618

Beschreibung

Grabstein des Henning Tegtmeier. Der Stein lag zunächst in der Nähe des Altars, wurde später jedoch von dieser Stelle entfernt.1) Weitere Nachrichten über den Verbleib fehlen.

Inschrift nach Dransfeld, Prodromus.

  1. C(HRISTO) S(ACRUM) HEIC SITUS EST VIR REVERENDVS ET CLARISSIMVS HENNINGUS TEGETMEIERUS E SAXONIBUS BRUNOPOLITA, PHILOSOPHIAE MAGISTER ET THEOLOGUS VERE MAGNUS. ECCLESIARUM IN REGIONE GOTTINGENSI INSPECTOR GENERALIS VIGILANTISS(IMUS) HUJUS ECCLESIAE PASTOR PRIMARIUS ET S(ACERRIMAE) THEOLOGIAE IN PAEDAGOGIO PROFESSOR FIDELISS(IMAE) MERITISS(IMAE) SPECTATISS(IMAE) PIETATIS SOLIDISS(IMAE) ERUDITIONIS, JUDICII ACUTISS(IMI) ELOQVENTIAE ADMIRABILIS SUMMAE IN DOCENDO DEXTERITATIS LABORIS INDEFESSI VENERANDAE AUTORITATIS ANIMI THEOLOGICA GRAVITATE EXCELSI ET CONSTANTIS, VITAE INCULPATAE EXEMPLUM SINGULARE OBIIT ANNO M DC XIIX AETATIS XLVII CUM DISTINCTIS ECCLESIAE ET PAEDAGOGII OFFICIIS HEIC PRAEFUISSET ANNOS XX./DUM LEGIS HAEC, FACIEMQVE VIRI VOCEMQUE REVOLVIS,QVÎ POTES HINC SICCIS, LECTOR, ABIRE GENIS?

Übersetzung:

Christus geweiht. Hier liegt begraben der ehrwürdige und hochberühmte Mann Henning Tegtmeier aus Braunschweig in Sachsen, Magister der Philosophie und ein wahrhaft bedeutender Theologe. Ein sehr sorgsamer Inspector generalis der Kirchen im Land Göttingen, Pastor primarius dieser Kirche und Professor der heiligen Theologie am Pädagogium. Ein einzigartiges Beispiel treuesten, verdienstvollsten, hochbewährten Pflichtgefühls, vollkommenster Bildung, treffendster Urteilskraft, bewunderungswürdiger Beredsamkeit, höchster Gewandtheit im Unterricht, unermüdlicher Arbeitskraft, verehrungswürdigen Ansehens, erhabener und unwandelbarer Gesinnung in theologischer Standhaftigkeit, untadelhaften Lebenswandels.

Er starb im Jahr 1618 im 47. Lebensjahr, nachdem er die verschiedenen Ämter der Kirche und des Pädagogiums hier 20 Jahre lang verwaltet hatte.

Während du das liest und Gestalt und Stimme des Mannes noch einmal in das Gedächtnis zurückrufst, wie kannst du, Leser, mit trockenen Wangen von hier fortgehen?

Versmaß: Die beiden letzten Zeilen der Inschrift bilden ein Distichon.

Kommentar

Henning Tegtmeier wurde 1572 in Braunschweig geboren.2) Dort ging er zur Schule, studierte in Helmstedt, wo er 1596 den Magistergrad erwarb, und setzte darauf seine Studien in Frankfurt/Oder fort.3) Nach kurzer Tätigkeit als Konrektor des Berliner Lyceums4) und Aufenthalten in Wittenberg und Leipzig wurde er 1598 nach Göttingen berufen.5) Dort erhielt er die Pfarrstelle an der Jakobikirche und wurde Professor am Pädagogium. Zu Tegtmeiers Aufgaben gehörte neben dem Unterricht in den Sprachen und den artes liberales vor allem die Unterweisung in der Logik des Petrus Ramus, zu dessen Anhängern er – wie auch die anderen Professoren des Pädagogiums – sich zählte.6)

Im Jahre 1610 erfolgte die Ernennung zum Generalsuperintendenten des Fürstentums Göttingen und Pastor primarius der Johanniskirche. Neben seinen Ämtern erwarb Tegtmeier durch theologische Disputationen einen Ruf auf wissenschaftlichem Gebiet.7)

Anmerkungen

  1. Dransfeld, Dissertatio (. . .) D. Jacobi 9.
  2. Croll, Leichenpredigt für H. Tegtmeier (18).
  3. Ebd.
  4. Dransfeld, Dissertatio (. . .) D. Jacobi 9.
  5. Croll, Leichenpredigt für H. Tegtmeier (19).
  6. Steinmetz, Generalsuperintendenten 119ff. – Zur Auseinandersetzung der Ramisten mit Calixtus und den Anhängern der aristotelischen Philosophie an der Universität Helmstedt vgl. Henke, Calixtus I 112f.; RE f. prot. Th. u. K. XVI, 426ff.; RGG V, 777f.; LThK VIII, 987f. Ferner: W. Risse, Die Entwicklung der Dialektik bei Petrus Ramus, in: Archiv f. Gesch. der Philosophie 42 (1960) 36–72.
  7. Dransfeld, Prodromus 38. Tegtmeiers „dona magna ingenii“ würdigt G. A. Fabricius, Horae succisivae 99, Nr. 5.

Nachweise

  1. Dransfeld, Prodromus 39.
  2. Dransfeld, Dissertatio (. . .) D. Jacobi 9f.
  3. J. H. Stuss, Memoria beati Theodori Berckelmanni 309f.

Zitierhinweis:
DI 19, Stadt Göttingen, Nr. 159† (Werner Arnold), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di019g001k0015908.