Inschriftenkatalog: Stadt Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 19: Stadt Göttingen (1980)

Nr. 154† Göttingen, St. Albanikirche 1614

Beschreibung

Epitaph des Dietrich Düvel im Chor der Kirche. Über den Verbleib ist nichts bekannt.

Inschrift nach Dransfeld, Diss. (. . .) D. Albani.

  1. Monumentum hoc pro sua erga patrem et socerum pietatea libris generisq(ue) positum est Reverendo et doctissimoViro Domino Theodorico Düvellio quondam in ecclesia Deipastori fidelissimo. Qui cum gregem sibi hic commissumdocuisset annos LVI. pie tandem in Christo obdormivitannum agens aetatis XC. anno MDCXIV.a) prid(ie) Kal(endas) Febr(uarii)

Übersetzung:

Dieses Denkmal haben aus ihrer Ehrfurcht gegen den Vater und Schwiegervater die Kinder und Schwiegersöhne dem ehrwürdigen und hochgelehrten Mann Herrn Dietrich Düvel setzen lassen, der einst ein treuer Hirte in der Kirche Gottes war. Als er die ihm hier anvertraute Herde 56 Jahre lang unterrichtet hatte, entschlief er schließlich im 90. Lebensjahr fromm in Christus. Im Jahre 1614, am Tag vor den Kalenden des Februar.

Datum: 31. Januar

Kommentar

Dietrich Düvel wurde 1524 in Hildesheim geboren und war Pfarrer in Barsinghausen, bevor er 1558 die Stelle an der Albanikirche erhielt.1) Sein Wirken in Göttingen hat ihn mehrere Male in das Licht der Öffentlichkeit gerückt. Düvel zählte zu den schärfsten Gegnern des Superintendenten Philipp Keyser, der im Streit um den Glaubenssatz ‚Spiritus sanctus datur repugnantibus‘ – ‚Spiritus sanctus non datur repugnantibus‘ gegen den Melanchthonschüler und Rektor der Göttinger Lateinschule Joachim Meister die Meinung vertrat, die göttliche Gnade werde auch denjenigen zuteil, die sich ihr zu widersetzen suchten.2) Düvel verfocht die entgegengesetzte These, der das unter der Leitung von Martin Chemnitz schließlich eingesetzte Schiedsgericht bei ausdrücklicher Betonung der göttlichen Gnade für den freien Willen zustimmte.3)

Im Jahr 1574 erhielt Düvel aus unersichtlichem Grund ein Amtsverbot, das erst nach öffentlicher Abbitte aufgehoben wurde. Als der Superintendent Henning Tegtmeier (vgl. über ihn Nr. 159) 1608 im Zusammenhang mit dem damals ausgetragenen Streit zwischen der Stadt und dem Landesherrn um das Judenschutzrecht4) eine Denkschrift ‚De iudaeis Gottingae non tolerandis‘ verfaßte, gehörte Düvel zu ihren Unterzeichnern.5) Die Konkordienformel der protestantischen Stände ließ er 1612 durch seinen Amtskollegen Christoph Losse auch in seinem Namen unterschreiben.6) Eine Beschwerde der übrigen Göttinger Pastoren über Düvel wegen eines angeblichen Amtsvergehens hatte zur Folge, daß im gleichen Jahr Veit Johannes, der Rektor der Wolfenbütteler Schule, ihm bis zu seinem Tod zwei Jahre später als Hilfsprediger beigegeben wurde.7)

Textkritischer Apparat

  1. MDXCIV ZGB Göttingen; Spangenberg, Geschichte und Beschreibung.

Anmerkungen

  1. Quentin 10. Saathoff, Kirchengeschichte 159.
  2. Ausführliche Schilderung des Disputs bei K. D. Schmidt, Bekehrungsstreit 66–121. Quentin 11. Saathoff, Kirchengeschichte 162ff.
  3. Schmidt, Bekehrungsstreit 96ff.
  4. P. Wilhelm, Die jüdische Gemeinde in der Stadt Göttingen, Göttingen 1973, 54.
  5. Quentin 12.
  6. Ebd. 12f.
  7. Saathoff, Kirchengeschichte 173.

Nachweise

  1. Dransfeld, Dissertatio (. . .) D. Albani, S. 7f.
  2. ZGB Göttingen I 2, S. 83.
  3. J. L. Quentin, De rerum sacrarum antistibus Goettingae ad St. Albani, Göttingen s.a., 13.
  4. Spangenberg, Geschichte und Beschreibung 105.

Zitierhinweis:
DI 19, Stadt Göttingen, Nr. 154† (Werner Arnold), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di019g001k0015406.