Inschriftenkatalog: Stadt Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 19: Stadt Göttingen (1980)

Nr. 131† Göttingen, St. Marienkirche M./2. H. 16. Jh.

Beschreibung

Bild Martin Luthers. Es war unweit vom Altar auf die rechte Chorwand aufgemalt.1)

Inschrift nach Dransfeld.

  1. EFFIGIES MARTINI LUTHERIPESTIS ERAM VIVUS, MORIENS ERO MORS TUA, PAPA.DOCTOR MARTINUS LUTHERUS, VIR DEI,ELIAS ULTIMUSa) ET GERMANIAE PROPHETA.VIVIT CHRISTUS. et c(etera)SOLUS LUTHERUS VIVIT IN SCRIPTUS SUIS. Er sagetwenig Wort und grosse Krafft.

Übersetzung:

Das Bild Martin Luthers. Deine Pest war ich lebend, sterbend, werde ich dein Tod sein, Papst. Doktor Martin Luther, ein Mann Gottes, der letzte Elias und Deutschlands Prophet. Christus lebt . . . . . Luther lebt allein in seinen Schriften.

Versmaß: PESTIS ERAM (. . .) PAPA Hexameter.

Kommentar

Luthers Ausspruch PESTIS ERAM (. . .)2) wurde von seinen Freunden wiederholt zitiert. Melanchthon setzte ihn, als er die Nachricht von Luthers Tod erhielt, über eine in seinem Besitz befindliche Zeichnung des Reformators3), Veit Dietrich hat ihn der Kopie eines Briefes Luthers an Spalatin hinzugefügt4) und Bugenhagen erwähnte ihn in einer Leichenpredigt für Luther.5) Der Vers scheint nach 1546 zu einer Devise der Protestanten in den religiösen Auseinandersetzungen gewesen zu sein und, wie die hier mitgeteilte Inschrift beweist, weitere Verbreitung gefunden zu haben.6)

Das Bild in der Marienkirche dürfte etwa der gleichen Zeit angehört haben wie die angeführten Belege. Über die Art der Darstellung ist nichts bekannt. Dransfeld nennt bei der Beschreibung anderer Malereien der Kirche einen Göttinger Maler ‚Schmidt‘, ohne anzumerken, daß Schmidt auch die Porträts Luthers und Melanchthons (Nr. 132) geschaffen habe.7)

Textkritischer Apparat

  1. Anspielung auf Mt. 17,10f.

Anmerkungen

  1. Dransfeld, Dissertatio . . . Divae Virginis (3).
  2. Luther in Schmalkalden am 26. Februar 1537: „Mein epitaphium sol war bleyben: Pestis eram vivens, moriens ero mors tua, papa“, vgl. D. Martin Luthers Werke. Tischreden III, Weimar 1914, 390; 392. Luther selbst hat diesen Vers öfter verwendet, vgl. dazu O. Schmidt, Luthers Bekanntschaft mit den alten Classikern, Leipzig 1883, 43 und Anm. 1; J. Köstlin, Martin Luther II, 3. Aufl. Elberfeld 1883, 203; 659.
  3. O. Thulin, Melanchthons Bildnis und Werk in zeitgenössischer Kunst 189 und T. 13, Abb. 27.
  4. G. Berbig, Der Veit Dietrich-Kodex Solgeri 38 zu Nürnberg, Leipzig 1907, 7.
  5. G. Kawerau, Johannes Draconites aus Carlstadt, in: Beiträge zur bayer. Kirchengeschichte 3 (1897) 247–275, hier 274.
  6. Vgl. auch DI I, Nr. 508 (1586).
  7. Dransfeld, Dissertatio . . . Divae Virginis (3).

Nachweise

  1. Dransfeld, Dissertatio . . . Divae Virginis (3f.).

Zitierhinweis:
DI 19, Stadt Göttingen, Nr. 131† (Werner Arnold), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di019g001k0013108.