Inschriftenkatalog: Stadt Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 19: Stadt Göttingen (1980)

Nr. 45† Gö.-Weende, ehem. Augustinerinnenkloster 1461

Beschreibung

Bauinschrift am oder im Schlafsaal. Der genaue Standort ist unbekannt.

Inschrift nach Lubecus und Letzner (Cod. Ms. hist. 287).

  1. Anno M° cccc° lxi° ·a)Respice Pater pie Nicolae1) Pontifex beneb)et protege digne hanc domum, ne devoretur ab igneHaec domus exigua, nobis famulabus exstructac) ·Praesunt officijs hic Praepositusd) Johannes LeissenSeqvitur Hedewig, in ordine primaAnna post ministrixe) tunc aptef) secundag) ·

Übersetzung:

Im Jahre 1461. Blicke Vater, frommer Bischof Nikolaus, wohlgesonnen und schütze geziemend dieses Haus, damit nicht vom Feuer verschlungen werde dieses kleine Gebäude, das uns Dienerinnen erbaut worden ist. Die Ämter bekleiden hier Propst Johannes Leissen, es folgt Hedwig, in der Rangfolge die erste, danach Anna, die Gehilfin, dann ganz zurecht als zweite.

Kommentar

In einer Urkunde aus dem Jahr 1457 werden Johannes Leisenrode als Propst, Hedwig vom Hagen als Priorin und Anne Olleken als Küsterin genannt.2) Letzner sagt über Leisenrode, er habe „mit großen Nutzen und Ruhm daß Closter Weende 44 Jahr Verwaltet, und wohl hauß gehalten, ist Ao 1500 Verstorben (. . .)“.3) Seine weiteren Angaben zu dieser Zeit lassen sich mit der Urkundenüberlieferung nicht in Einklang bringen. Letzner nennt zum Jahr 1449 Ilse Bentingerode aus Münden als Priorin, die dieses Amt 49 Jahre lang verwaltet habe und aus Altersgründen sowie Schwierigkeiten mit der Klosterzucht 1498 zurückgetreten sei.4) Hier liegt eine Verwechslung mit der in der Inschrift genannten Anne Olleken vor. Diese wurde 1463 als Nachfolgerin Hedwigs vom Hagen zur Priorin gewählt5) und 1498 von Ilse Bentingerode abgelöst.6)

Der Inschrifttext sollte vermutlich rhythmisch (Hexameter) abgefaßt werden, läßt jedoch kein klares Versmaß erkennen. Einige Zeilen zeigen Reimbindung: pie/bene, digne/igne, exigua/exstructa, prima/secunda.

Textkritischer Apparat

  1. Nur bei Lubecus überliefert. Letzner (Cod. Guelf. 49 Extrav. und Cod. Ms. hist. 287) nennt die Jahreszahl im Einleitungstext zur Inschrift.
  2. bone Letzner (Cod. Guelf. 49 Extrav.).
  3. Bei Letzner (Cod. Guelf. 49 Extrav.) ist über exstructa von anderer Hand erecta geschrieben.
  4. So Letzner (Cod. Ms. hist. 287). p(rae) sunt officiis huc impositurae Lubecus, Letzner (Cod. Guelf. 49 Extrav.: presunt; darüber von anderer Hand Praefuit); Praesumit officijs huc impositurae Letzner (Cod. Ms. hist. 248 und 249).
  5. Diese Form ist in Glossen belegt, vgl. Du Cange, Glossarium V 401; sonst ‚ministratrix‘.
  6. So Lubecus, Letzner (Cod. Guelf. 49 Extrav., Cod. Ms. hist. 248 und 249); bei Letzner (Cod. Ms. hist. 287) – und nach dieser Quelle bei Spangenberg – steht capte, das keinen Sinn ergibt.
  7. Bei Lubecus und Letzner (Cod. Guelf. 49 Extrav.) folgt Anno 1461.

Anmerkungen

  1. Nikolaus war Bischof von Myra.
  2. Univers.-Bibl. Göttingen: Cod. Ms. hist. 1 XXXI, f. 21r. Leisenrode war 1456–1487 Propst, vgl. Grotefend, Beiträge 174.
  3. Letzner, Von dem Jungffer Closter Weende f. 38r.
  4. Ebd. f. 37v.
  5. Univers.-Bibl. Göttingen: Cod. Ms. hist. 1 XXXI, f. 29r.
  6. Ebd. f. 59r. Grotefend, Beiträge 175, nennt 1495 als letztes Jahr der Amtszeit Anna Ollekens.

Nachweise

  1. F. Lubecus, BL-Chronik I, S. 615.
  2. J. Letzner, Von dem Jungffer Closter Weende, f. 38v. (Univers.-Bibl. Göttingen: Cod. Ms. hist. 287).
  3. J. Letzner, Chronik (HAB Wolfenbüttel: Cod. Guelf. 49 Extrav., f. 158v; Univers.-Bibl. Göttingen: Cod. Ms. hist. 248, S. 1201; Cod. Ms. hist. 249, f. 1396r).
  4. A.C.F. Spangenberg, Kurze Geschichte des ehemaligen Augustiner-Klosters St. Nicolai zu Weende 669.
  5. H. Lücke, Klöster im Landkreis Göttingen 48 (Erwähnung).

Zitierhinweis:
DI 19, Stadt Göttingen, Nr. 45† (Werner Arnold), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di019g001k0004501.