Inschriftenkatalog: Stadt Göttingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 19: Stadt Göttingen (1980)

Nr. 13† Göttingen, ehem. Franziskanerkirche 1390

Beschreibung

Sarkophag der Herzogin Elisabeth zu Braunschweig-Lüneburg. Beim Abbruch der Kirche 1820 fand man im Kirchenschiff als Fragment des Sarkophags eine Seitenplatte aus Sandstein mit der nachfolgenden Inschrift. Von der Deckplatte war nichts mehr vorhanden.1)

Bereits 1766 hatte die Regierung in Hannover Joh. Chr. Gatterer beauftragt, Inschrift und Wappen des Sarkophags zu untersuchen und „eine zuverläßige Beschreibung und Zeichnung (zu) besorgen, und fordersamst ein(zu)schicken.“2) Gatterer fand das Monument an der nördlichen Chorwand, ließ eine genaue Zeichnung anfertigen,3) und berichtete über seine Arbeit nach Hannover: „Ich mußte die dazu gehörige Stücke zum Theil erst mühsam zusam(m)ensuchen lassen: wie dan(n) die unter Seite des Sargs, woran doch alles gelegen war, um zu bestim(m)en, ob die Prinzessin vermählt gewesen, oder nicht, ob sie eine gebohrne oder nur vermählte Hertzogin von Braunschweig gewesen, erst vor wenig Tagen nach vieler Mühe unter andern Haufen gar nicht hiher gehöriger (. . .) Steine gefunden worden.“4)

Auf der Platte des Sarkophags war unter einem gotischen Baldachin die Gestalt der Verstorbenen als Halbplastik dargestellt, der Kopf ruhte auf einem Kissen mit Quasten, in den gefalteten Händen hielt sie eine Rose, die Füße standen auf einem Löwen (nach Ps. 90,13). Der Kopf der Grabfigur und der des Löwen waren stark beschädigt.5)

Die mit zinnoberroter Farbe überstrichene Inschrift stand auf dem schrägen Rand der vorderen Seitenwand; an dem Sarkophag selbst fanden sich Spuren von weißer Farbe.6)

Nach dem Abbruch der Kirche wurden die Fragmente des Sarkophags auf den ‚Bauhof‘ gebracht.7) Ihr weiterer Verbleib ist unbekannt.

Inschrift nach Ms. Hann. 93, 45 Göttingen Nr. 35, Bl. 4/5 (Staatsarchiv Hannover).

Maße: H. des Fragments ca. 90, B. ca. 200 cm.8)

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. an(n)o d(omi)ni · m° · ccc° · xc°a) · i(n) festo p(er)pe(tuae) · (et) feli(citatis)b) · ob(iit) illust(ri)s d(omi)na elyzab(eth) ducissa i(n) bru(n)[svic]

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1390, am Fest Perpetua und Felicitas, starb die vornehme Frau Elisabeth, Herzogin in Braunschweig.

Datum: 7. März

Wappen:
Wappen unterhalb der Inschrift: a) Braunschweig(-Lüneburg), b) Hessen, c) Braunschweig (springendes Pferd)9)

Kommentar

Elisabeth, Tochter Landgraf Heinrichs II. von Hessen, war die Gemahlin Hz. Ernsts d. J. zu Braunschweig-Lüneburg (1318–67).10)

Textkritischer Apparat

  1. MCCCXI ZGB Göttingen I 2; Spangenberg. – Die Verlesung konnte geschehen, da das c der Zehnerziffer beschädigt war, vgl. Gatterer in: Hann. 93, 45 Göttingen Nr. 35, Bl. 2/3.
  2. Petronellae et Feliciani Bünting; Rehtmeier; v. Praun; Schnath. Testo Petronellae et Feliciani Halliday.

Anmerkungen

  1. Neues vaterl. Archiv 1 (1822) 323f.
  2. Staatsarchiv Hannover: Hann. 93, 45 Göttingen Nr. 35, Bl. 86, Schreiben vom 12.8.1766.
  3. Ebd. Bl. 2/3 und 88. – In Spangenbergs Ms. ‚Geschichte und Beschreibung‘ ist neben 119 ein Kupferstich eingebunden, dem vermutlich die von dem Zeichenmeister und Kupferstecher J.P. Kaltenhofer unter Gatterers Aufsicht angefertigte Zeichnung zugrunde liegt (über Kaltenhofer: Joh. Rud. Füßlin, Allgemeines Kuenstler-Lexicon, 3. Supplement, Zürich 1777, 106. Thieme/Becker XIX, 485).
  4. Staatsarchiv Hannover: Hann. 93, 45 Göttingen Nr. 35, Bl. 2/3, Schreiben vom 8.9.1766.
  5. Ebd. Bl. 4/5.
  6. Ebd.
  7. Neues vaterl. Archiv 1 (1822) 324.
  8. Ebd. 323.
  9. Staatsarchiv Hannover: Hann. 93, 45 Göttingen Nr. 35, Bl. 2/3, Wappen b) als Lüneburger Wappen bezeichnet, Bl. 4/5 korrigiert.
  10. Havemann, Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg I, 435.

Nachweise

  1. Staatsarchiv Hannover: Hann. 93, 45 Göttingen Nr. 35, Bl. 4/5.
  2. H. Bünting, Newe/ Volstendige/ Braunschweigische vnd Lunebürgische Chronica, hrsg., verbessert und fortgeführt bis 1620 durch H. Meibom, Magdeburg 1620, T. III, S. 485.
  3. Rehtmeier, Braunschw.-Lüneburg. Chronik 602.
  4. ZGB Göttingen I 2, S. 93.
  5. v. Praun, Siegel-Cabinet Nr. 122.
  6. Joh. Heinr. Steffens, Auszug aus der Geschichte des durchlauchtigsten Gesammthauses Braunschweig-Lüneburg, Hannover 1785, 253 (unvollständig).
  7. Spangenberg, Geschichte und Beschreibung (Kupferstich neben 119).
  8. A. Halliday, A general history of the house of Guelph, London 1821, 337.
  9. P. Zimmermann, Grabstätten der Welfen, in: Braunschweigisches Magazin 5 (1899) 197.
  10. G. Schnath, Das Sachsenroß 87, A. 87 (nach v. Praun).

Zitierhinweis:
DI 19, Stadt Göttingen, Nr. 13† (Werner Arnold), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di019g001k0001304.