Die Inschriften der Stadt Göttingen

Der Band enthält die kommentierte Edition von 191 Inschriften der Stadt Göttingen einschließlich der eingemeindeten Orte Geismar, Grone, Weende und Nikolausberg bis zum Jahr 1650. Er eröffnet die Göttinger Reihe des Gemeinschaftswerks der Akademien „Die deutschen Inschriften“. Erfaßt werden – wie in der Gesamtreihe üblich – nicht nur die erhaltenen Inschriften, sondern auch diejenigen, die nur noch in älteren Abschriften oder Photographien vorliegen. Den Schwerpunkt des Bestandes bilden die Inschriften des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Besonders hervorzuheben sind die umfangreichen und vielfältigen Text-Bild-Programme auf den großen Göttinger Altarretabeln, die zum einen Teil in musealer Präsentation in Hannover und Prag, zum anderen Teil noch in den Göttinger Kirchen zu finden sind. Ihre Inschriften erweisen sie als interessante Zeugnisse spätmittelalterlicher Frömmigkeit. Einen weiteren Schwerpunkt der Überlieferung bilden die Inschriften auf sakralen Geräten: Die Inschriften auf Kelchen, wie auch die Kelche selbst sind zum überwiegenden Teil hervorragend ausgeführt und lassen einen hohen Stand der Goldschmiedekunst erkennen. Die andernorts oft dominierenden Grabplatten nehmen sich im Göttinger Bestand gering aus, sie wurden vielfach schon im 16. Jahrhundert aus den Kirchen entfernt und in die Wallanlagen eingebaut.

1. Vorwort, Benutzungshinweise und Inschriftenträger

1.1 Vorwort

Die vorliegende Publikation der Inschriften der Stadt Göttingen bis zum Jahr 1650 bildet den ersten Band der Göttinger Reihe des Gemeinschaftswerks der Akademien ‚Die deutschen Inschriften‘. Berücksichtigt wurden alle original und kopial überlieferten Texte, die nicht, wie Siegel-, Münz- und Buchinschriften, Gegenstand eigener Forschungsdisziplinen sind. Bei der Originaltradition ist Vollständigkeit angestrebt, bei der kopialen Überlieferung konnte dieses Ziel aufgrund der verstreuten Quellenlage sicher nicht erreicht werden.

Inschriften wurden innerhalb der Göttinger Lokalforschung bisher nur in geringem Maße berücksichtigt, spezielle Sammlungen aus älterer Zeit fehlen. Die Bearbeitung soll diese Quellen, die die Stadtgeschichte in vielen Einzelheiten ergänzen, zugänglich machen und zugleich ein Beitrag zu einer noch ausstehenden Inventarisierung der Göttinger Kunstdenkmäler sein.

Das vorgelegte Material entspricht in seinem Umfang, trotz nicht genau einzuschätzender Verluste, und seinem Quellenwert dem geistigen Niveau und wohl auch den wirtschaftlichen Möglichkeiten einer Stadt von mittlerer Größe, die Göttingen bis zum Dreißig-[Druckseite 8]-jährigen Krieg gewesen ist. Den Reichtum an Monumenten, den Städte wie Mainz, München oder Nürnberg1) vorweisen können, und die kunstvolle sprachliche Form, die der Einfluß der Universität bei den Heidelberger Inschriften hervorgerufen hat2), kann man hier nicht erwarten.

Die Arbeit ist in zwei Teile gegliedert. Die Abschnitte 1–3 des ersten Teils (Einleitung) dienen der Beschreibung der Inschriftträger (1)3), der Quellen der nichtoriginalen Überlieferung (2) sowie der vorhandenen Schriftformen (3). In Abschnitt 4 ist versucht, die Rolle des in den Inschriften genannten Personenkreises im Rahmen der Stadtgeschichte darzustellen. Die Beschreibung der Schriftformen nimmt hier eine zentrale Stellung ein. Das bedarf einer kurzen Begründung. Ernst Schubert hat in den von ihm bearbeiteten Inschriftensammlungen die „epigraphische Zusammenfassung“ der Inschriften eines regional eng begrenzten Gebiets mit dem Hinweis auf „eine trügerische Statistik“ abgelehnt.4) Der Einwand hat zweifellos Gewicht. Es kann hier auch gar nicht um die Aufstellung einer Statistik gehen, sondern nur darum, Material für die epigraphische Untersuchung eines größeren geographischen Gebiets bereitzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, scheint bei dem durch vielerlei Schwierigkeiten bedingten langsamen Fortgangs der Inschriftensammlungen allerdings kein anderer Weg möglich als der hier eingeschlagene.

Der zweite Teil enthält die Publikation der Inschriften. Die Anordnung der Texte5) richtet sich nach den von der ‚Interakademischen Kommission für die Herausgabe der deutschen Inschriften‘ erlassenen Richtlinien.6) Die untere Zeitgrenze ist dort nicht verbindlich festgesetzt, empfohlen ist seit 1969 das Jahr 1550.7) Aus verschiedenen Gründen wurde demgegenüber hier das Jahr 1650 als untere Grenze gewählt. Einmal sollten die von ihrem Inhalt her interessanten Inschriften des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts nicht unberücksichtigt bleiben. Zum andern bedeutet der Dreißigjährige Krieg für die Geschichte Göttingens eine tiefere Zäsur, da die Stadt, wie so viele andere Städte und Gemeinden, durch die damaligen Ereignisse wirtschaftlich endgültig ruiniert und politisch lange Zeit zur Bedeutungslosigkeit verurteilt wurde. Daher kann 1650 auch als historisch sinnvoller Einschnitt gelten.

Unter geographischem Gesichtspunkt ist die Arbeit auf die Stadt Göttingen und die ihr 1964 eingemeindeten Orte Geismar, Grone, Weende und Nikolausberg beschränkt. Auch wurden – soweit sie mir bekannt geworden sind – alle Inschriften aufgenommen, die ursprünglich aus Göttingen und den genannten Vororten stammen, jetzt aber an andere Stellen versetzt sind.

Die im Anhang beigefügten Abbildungen stellen eine Auswahl dar und sollen die vorhandenen Inschriftentypen repräsentieren. Bei der Herstellung der Aufnahmen hat mich Heino Kuhlmann (Göttingen) mit großer Hilfsbereitschaft unterstützt.

Handschriftliche Quellen stellten mir dankenswerterweise zur Verfügung die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, das Stadtarchiv, das Stadtkirchenarchiv und das Städtische Museum in Göttingen, die Niedersächsische Landesbibliothek und das Niedersächsische Hauptstaatsarchiv Hannover sowie die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Die Damen und Herren der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen haben darüber hinaus über mehrere Jahre mit gleichbleibender Freundlichkeit meinen umfangreichen Bücherwünschen Rechnung getragen.

Für Hinweise und weiterführende Auskünfte danke ich dem Leiter des Göttinger Stadtkirchenarchivs, Herrn Karl-Heinz Bielefeld, Herrn Professor Dr. Bernhard Bischoff (München), Herrn Dr. Martin Last (Göttingen), Frau Dr. Renate Neumüllers-Klauser (Heidelberg), Herrn Professor Dr. Paul-Gerhard Schmidt (Marburg) und vor allem Herrn Archivdirektor Professor Dr. Rudolf M. Kloos (München).

Ermöglicht wurde die Sammlung der Göttinger Inschriften durch die großzügige finanzielle Förderung des Landes Niedersachsen, dem ich dafür danken möchte. Die Edition ist aus einer 1975 von der Philosophischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen angenommenen Dissertation hervorgegangen, die für den Druck in geringem Umfang gekürzt wurde. Die nach 1975 erschienene Forschungsliteratur konnte nicht mehr berücksichtigt werden. Herr Professor Dr. Karl Stackmann, der Vorsitzende der Inschriftenkommission der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, hat das Unternehmen in allen Phasen seines Entstehens mit Anregungen und fördernder Kritik begleitet. Ihm und den übrigen Mitgliedern der Kommission gilt mein Dank in besonderem Maße. In diesen Dank schließe ich den Alfred Druckenmüller Verlag und den Graphischen Großbetrieb Friedrich Pustet (Regensburg) mit ein, die die Herstellung des Buches in vorbildlicher Weise betreut haben.

Wolfenbüttel, im Juni 1980

Werner Arnold

1.2 Benutzungshinweise

[Druckseite 9]

Die Publikation berücksichtigt die 1977 von der Interakademischen Kommission beschlossenen Änderungen der Editionsrichtlinien, die vor allem die drucktechnische Einrichtung der Inschriften betreffen. Die wichtigsten Punkte werden in den nachfolgenden Hinweisen genannt.

Die Inschriften sind chronologisch geordnet. In der Kopfzeile links steht die laufende Nummer, der bei verlorenen Texten ein Kreuz hinzugefügt ist. Darauf folgen der Standort und die Datierung. Inschriftträger, die mehrere Datierungen enthalten, sind nach der ältesten Datierung eingeordnet. Undatierte Inschriften sind nach ihrer Schrift oder nach inhaltlichen Gesichtspunkten auf ein viertel, ein halbes oder ganzes Jahrhundert datiert und jeweils dem Ende der Zeitperiode, für die sie in Anspruch genommen werden, zugewiesen. Undatierte Inschriften, die einem terminus ante oder post quem zugeordnet werden können („nach 1402“), sind unmittelbar vor oder nach dem entsprechenden Jahr verzeichnet. Der Datierungsvorschlag wird im Kommentar begründet. Unsichere Datierungen sind mit einem Fragezeichen versehen. Exakte Datierungen, die nicht in der Inschrift enthalten sind, aber aus anderen Quellen sicher für sie erschlossen wurden, stehen in runden Klammern.

Der erste Absatz enthält genauere Angaben zum Standort, über das Material, zur Ikonographie (Altäre), über Veränderungen und eventuelle Versetzungen des Inschriftenträgers. Die Beschreibung erfolgt dabei vom Betrachter aus. Abschließend werden die Maße des Inschriftenträgers (Höhe x Breite, bei runden Objekten der Durchmesser), die Buchstabenhöhe (N, n als Durchschnittswert) und der Schrifttyp angegeben.

Der Text der Inschrift ist eingerückt. Er ist – im Gegensatz zu früheren Bänden – in allen Fällen mager gerade gesetzt. Auf kopial überlieferte Quellen wird in der Kopfzeile (s.o.) und im Kommentar hingewiesen. Zerstörte Stellen sind durch Punkte in eckigen Klammern gekennzeichnet. Ergänzungen stehen ebenfalls in eckigen Klammern. Zwei Schrägstriche markieren Stellen, an denen Inschriften aus Platzmangel abgebrochen sind. Entsprechende Fälle finden sich vor allem auf Altären. Bemerkungen des Bearbeiters in den Inschriften sind kursiv gesetzt. Abbreviaturen werden in runden Klammern aufgelöst. Dadurch entfällt die bisherige Auflösung unterhalb des Inschriftentextes. Mehrere Inschriften sind mit Großbuchstaben gekennzeichnet.

Bei jeder verlorenen Inschrift ist über dem Text die Quelle genannt, nach der sie zitiert wird. Waren mehrere ältere Lesungen vorhanden, so wurde die glaubwürdigste zugrundegelegt. Kriterium für die Glaubwürdigkeit war neben sprachlichen Gesichtspunkten die Überprüfung der erhaltenen Angaben durch Akten und Urkunden. In der überwiegenden Zahl aller Fälle, nicht immer, erwies sich die älteste Lesung als die beste. Eindeutig fehlerhafte Angaben bei Datierungen und Namen wurden durch bessere Lesarten anderer Quellen ersetzt. Im übrigen sind textkritische Eingriffe nur in geringem Umfang erfolgt. Fremdsprachigen Inschriften ist eine Übersetzung beigefügt.

Der Kommentar beginnt mit der Auflösung der Daten des römischen und des Festkalenders. Bei den anschließenden Wappenbeschreibungen (Blasonierungen) ist der heraldische Standort maßgebend. Die weiteren Angaben bringen Erläuterungen zur Sprache, zu den Schriftformen sowie zu den in der Inschrift genannten Personen und Ereignissen. Ferner werden hier in der Forschung umstrittene Fragen aufgegriffen und diskutiert. Am Schluß des Kommentars wird bei metrischen Inschriften das Versmaß angegeben. Zitate aus dem Inschrifttext sind kursiv gesetzt.

Der Anmerkungsapparat ist geteilt. Die Buchstaben beziehen sich ausschließlich auf den Text der Inschrift. Unter ihnen sind vor allem die abweichenden Lesarten aufgeführt. Orthographische Varianten, die den Sinn nicht verändern, bleiben hier unberücksichtigt.

Die beziffernden Anmerkungen enthalten in erster Linie die Nachweise zum Kommentar, zuweilen dienen sie auch zur Erläuterung bestimmter Begriffe aus dem Inschrifttext. Auch im Anmerkungsapparat sind Textzitate kursiv gedruckt.

Am Schluß stehen Hinweise zur Literatur, in der die jeweilige Inschrift veröffentlicht ist oder aber erwähnt wird. Vollständigkeit konnte hier nicht angestrebt werden. Die Literaturangaben sind chronologisch geordnet. Bei kopial überlieferten Inschriften wird an erster Stelle jedoch stets die Quelle genannt, nach der die Inschrift zitiert wird.

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In den Registern beziehen sich die Ziffern durchgängig auf die Inschriftennummern. Auf das bisher den Publikationen der Reihe beigegebene Register der Abbreviaturen wurde hier verzichtet, da die Abkürzungen, wie erwähnt, nicht mehr nach dem Original wiedergegeben, sondern in den Texten aufgelöst werden.

1.3 Inschriftenträger

Bis zum Jahr 1650 sind in Göttingen 191 Inschriften überliefert, 97 von ihnen sind original erhalten, 94 dagegen nurmehr literarisch tradiert. Kein Göttinger Bauwerk enthält heute noch eine umfangreiche geschlossene Gruppe von Denkmälern mit Inschriften. Diese verteilen sich hingegen auf viele einzelne Fundstätten. Die überwiegende Zahl stammt aus den fünf alten Göttinger Kirchen8), unter denen St. Johannis – die Hauptkirche der Stadt – und St. Jakobi an erster Stelle zu nennen sind. In den Pfarrbezirken dieser beiden Kirchen wohnten, wie auch die in den Inschriften überlieferten Namen deutlich zeigen, die einflußreichsten und wohlhabendsten Bürger der Stadt.9)

Aber auch die kleineren Kirchen St. Albani, St. Nikolai und St. Marien bieten, wenn auch in geringerem Umfang, interessante inschriftliche Quellen. Nur sehr wenig Material ist dagegen aus den Klöstern der Franziskaner und Dominikaner überkommen. Die sicher vorhanden gewesenen Monumente sind nach der Aufhebung der Klöster 1531 weitgehend der Zerstörung zum Opfer gefallen.

Wichtige Fundorte sind ferner das Städtische Museum in Göttingen sowie die Niedersächsische Landesgalerie in Hannover. So wird im Magazin des Museums eine beträchtliche Zahl an beschrifteten Balken von abgerissenen Häusern verwahrt. Der überwiegende Teil der im Spätmittelalter für die Göttinger Kirchen gestifteten Altäre gelangte 1863 in das kurz zuvor neugegründete Welfenmuseum in Hannover, dessen verbliebene Bestände in der heutigen Landesgalerie Aufstellung gefunden haben.9)

Die Differenzierung der Inschriftträger ist bemerkenswert: Neben den umfangreichen Gruppen der Bau- und Hausinschriften (56)10), Grabsteine und Epitaphien (34), sakralen Geräten (21), Glocken (16) und Altartafeln (14) finden sich, um nur wenige Beispiele zu nennen, Inschriften auf einer Altardecke11), an einem Chorgestühl12), auf mehreren Porträts13) und einer Trauerfahne.14)

Es kann nicht überraschen, daß Hausinschriften verhältnismäßig zahlreich vertreten sind. Denn die Landschaft an der Oberweser bildet zusammen mit der näheren Umgebung das Kerngebiet dieser Tradition15), was sich an den erhaltenen Fachwerkhäusern der umliegenden Städte Einbeck, Duderstadt und Hann.-Münden deutlicher als in Göttingen ablesen läßt, wo nur noch Reste der einstigen Altstadt vorhanden sind.

Der ursprüngliche Bestand an Hausinschriften dürfte in Göttingen mindestens doppelt so groß gewesen sein wie der heute bekannte.15) Die älteren Quellen, die für diese Arbeit herangezogen wurden, bieten für Göttingen allerdings wenig Material. Sie enthalten nur inhaltlich hervorragende Haus-[Druckseite 11]-inschriften, wie etwa diejenige an der ehemaligen Ratsschule.16) Der Brauch, an einem Geschoßbalken oder auf einem Türsturz eine Inschrift anzubringen, war aufgrund der seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts üblichen mehrgeschossigen Fachwerkbauweise17) weit verbreitet und die Zahl der von Form und Inhalt her gleichlautenden Inschriften entsprechend groß, so daß sie offensichtlich der Aufzeichnung nicht für wert erachtet wurden.

Die älteste in Göttingen erhaltene Hausinschrift stammt von einem Haus in der Groner Straße aus dem Jahr 1493.18) Sie teilt nur dieses Baujahr mit. In einer Inschrift von 1495 wird bereits der Augustinerkonvent (in Eschwege) als Bauherr genannt.19) Häufiger finden sich Angaben dieser Art in Göttingen jedoch erst einige Jahrzehnte später.20) Bemerkenswert ist, daß sich in den Göttinger Hausinschriften nur zwei Bibelzitate nachweisen lassen, beide sind in niederdeutschen Inschriften enthalten.21) Den Grund für dieses geringe Vorkommen wird man in Zerstörungen durch Krieg und Verlusten durch Bauveränderungen suchen müssen. In den benachbarten Städten sind entsprechende Inschriften in beträchtlichem Umfang überliefert22); daher wäre die Annahme abwegig, daß in Göttingen hoch- und niederdeutsche Bibelübersetzungen als Quelle der Hausinschriften keinen Einfluß gefunden haben sollten.

Die Zahl der Inschriften auf Grabsteinen und Epitaphien (34) ist im Vergleich zu anderen vorliegenden Inschriftensammlungen gering.23) Auf die Frage der Verluste, die hier in Rechnung zu stellen sind, ist noch zurückzukommen. Die Überlieferung von Grabsteinen beginnt in Göttingen in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die älteste Inschrift (nach 1386) stammt vom Grabstein Bertholds v. Mackenrode, der Pfarrer an der Albanikirche und Offizial des Nörtener Chorherrenstifts war.24) Es folgen der Sarkophag für Herzogin Elisabeth (1390)25) – hier wird in den hiesigen Inschriften zum ersten Mal sicher nachweisbar der Name einer Frau erwähnt – und der Grabstein für Herzog Bruno (E. 14. Jh.)26).

Unter den älteren Denkmälern ist allein dieser Grabstein erhalten geblieben. Aus dem 15. Jahrhundert findet sich nur in der Kirche von Nikolausberg eine, allerdings stark beschädigte, heute noch erhaltene Grabplatte.26) Gut hundert Jahre später entstand das Epitaph für Theodosius Fabricius, Pfarrer an der Johanniskirche (1600).27) Erst im 17. Jahrhundert wird die originale Überlieferung der Grabinschriften etwas dichter, es sind Grabsteine und Epitaphien aus den Jahren 1612, 1626/27 und 1645 vorhanden.28) Der Text der Grabinschriften ist knapp; er ist im wesentlichen auf Namen und Stand, Beruf, Todestag und Todesjahr beschränkt. Die Nennung des Todestages war wichtig wegen der alljährlich zu haltenden Totenmessen. Erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts, vor allem aber in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts werden die Angaben zur Biographie der Verstorbenen umfangreicher: Hinweise auf den beruflichen Werdegang, auf Ämter und Würden sowie exakte Daten zu den einzelnen Lebensabschnitten lassen die Grabinschriften zu kurzen Biographien werden und machen ihren Stellenwert als Quelle für die Erforschung der Stadtgeschichte deutlich.29)

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Überraschend groß ist im Gegensatz zu den Grabinschriften die Zahl der Inschriften auf sakralen Geräten (21) und Altarretabeln (14).29)Die Inschriften auf Kelchen, wie auch die Kelche selbst, sind zum überwiegenden Teil hervorragend ausgeführt und lassen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert einen hohen Stand der Goldschmiedekunst erkennen.30)

Die erhaltenen oder durch Quellen überlieferten 14 Flügelaltäre aus Göttingen und seinen jetzt eingemeindeten nächsten Vororten schließlich zeigen, daß die Stadt im späten Mittelalter innerhalb der welfischen Fürstentümer ein Zentrum der Altarmalerei gewesen ist. In der Zeit von 1402 bis 1524 erhielten die Kirchen und einige Kapellen Altarwerke, deren Größe und künstlerische Ausführung deutlich die repräsentative Absicht der Stifter erkennen läßt. Eine Ausnahme bildet hier die Johanniskirche. Durch eine Urkunde von 1491 ist zwar bekannt, daß auch dort eine Altartafel vorhanden war, jedoch fehlt zu ihr jede nähere Angabe.31) Erst aus dem Jahr 1636 ist für diese Kirche ein – aber auch nicht genau beschriebener – Tafelaltar bezeugt.32)

Der größte der Altäre wurde 1424 für die Kirche des Franziskanerklosters fertiggestellt. Zu seinen Stiftern gehörten neben dem Landesherrn elf Adelsfamilien, die in der Umgebung Göttingens ansässig waren und teilweise enge Beziehungen zu dem Konvent unterhielten. Das ungewöhnliche ikonographische Programm der äußeren Altarflügel hat die Forschung in umfangreichem Maße beschäftigt.33) – Bereits aus dem Jahr 1402 stammt der doppelte Flügelaltar in der Jakobikirche mit Szenen aus der Legende des Patrons.34) Die Hauptschaffensperiode der hier tätigen Altarmaler fällt jedoch in das letzte Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts und in den Anfang des 16. Jahrhunderts. Die Altäre der Paulus geweihten Kirche des Dominikanerkonvents (jetzt Národní-Galerie in Prag)35), der Albanikirche36) und der Geismarer Martinskirche (jetzt Städtisches Museum Göttingen)37) wurden im gleichen Jahr 1499 vollendet. Dieses auffällige Zusammentreffen konnte bis jetzt weder aus den vorhandenen Quellen noch anhand stilistischer Merkmale zufriedenstellend geklärt werden. Zwar sind die Namen der drei Maler bekannt (s. u.), es läßt sich jedoch nur vermuten, daß Verbindungen unter ihnen bestanden haben.38) – Im Jahr 1506 folgte der Altar der ehemaligen St. Georgskapelle.39) Den Abschluß dieser für Göttingen künstlerisch so ertragreichen Zeit bildet der Altar der Marienkirche von 1524.40) Nicht für alle der aufgeführten Werke lassen sich auch die Meister nennen. Unbekannt sind die Maler des Franziskaneraltars und des Altars in der Jakobikirche. Die Altäre im Dominikanerkloster (Paulinerkirche) und in der Georgskapelle schuf Hans Raphon41), der in einer Inschrift auf dem [Druckseite 13] Altar der Paulinerkirche ‚alter Apelles‘ genannt wird. Das gleiche Epitheton haben seine gelehrten Freunde Albrecht Dürer beigegeben.42) Es zeigt den Einfluß des Humanismus auf die Sprache der Inschriften, ein Merkmal, das sich in Göttingen zuerst 1494 in der Widmungsinschrift für die Ratsschule nachweisen läßt (Nr. 54).

Das Triptychon für die Albanikirche fertigte der nur wenig bekannte Hans von Geismar an43), dasjenige für die Martinskirche in Geismar Berthold Kastrop. Er ist zusammen mit Heinrich Heise auch als Meister des Altars in der Marienkirche inschriftlich bezeugt.44)

Beinahe die Hälfte der Göttinger Inschriften ist nicht mehr vorhanden, 94 der 191 publizierten Texte sind nur noch kopial tradiert. Diese Überlieferungslage macht es notwendig, auf die Inschriftengruppen, die – wie die Grabinschriften – von großen Verlusten betroffen waren, noch einmal näher einzugehen. Die Gründe für den Verlust sind vielfältig: Generelle Zerstörung, bei Grabplatten Verwendung zu Bauzwecken, Umguß von Glocken, Plünderungen und Verkauf der Altargeräte (Kelche) kommen, um nur einige Beispiele zu nennen, als Ursache in Frage.45) Aus den vorhandenen Quellen geht deutlich hervor, daß in Göttingen nach Einführung der Reformation 152946) offensichtlich ein guter Teil der betreffenden Monumente abhanden gekommen oder zerstört worden ist. So beklagte sich 1530 in einem Schreiben an den Rat der Hauptmann der Altmark Busse v. Bartensleben als Mitstifter von Altargeräten über Zerstörungen und Plünderungen im Franziskanerkloster, wobei die Chorschranken zerbrochen und die Kelche, Kleinode sowie Meßgewänder mitgenommen worden seien; ähnlich sei es den Nonnen des St. Annenklosters ergangen.47) Der Rat wies in seiner Antwort an Bartensleben diese Vorwürfe zwar zurück, indem er ihn darauf aufmerksam machte, daß die Kelche des Franziskanerklosters auf Verlangen der Mönche aus Sicherheitsgründen in das Rathaus gebracht worden seien, konnte den Vorfall selbst aber nicht abstreiten, sondern nur beschönigend darstellen.48)

Nachdem die Insassen des Franziskaner- und Dominikanerklosters 1532/33 zum Verlassen der Stadt gezwungen worden waren, nahm der Rat das Klosterinventar und verkaufte Kelche, Kreuze und Monstranzen „vmb halb gelt“.49) Die Glocken der Klosterkirchen, der Kapellen St. Georg, St. Bartholomäi und der Hl. Geistkapelle wurden 1544 von dem Braunschweiger Gießer Cord Mente zu Büchsen umgegossen.50) Die Franziskanerkirche fand nach 1533 als Zeughaus, Münze und Bierschenke Verwendung; ähnlich verfuhr man mit der Paulinerkirche, bis sie 1586 das Pädagogium [Druckseite 14] aufnahm.51) Bei dieser Zweckentfremdung dürfte eine nicht geringe Zahl von Inschriften verlorengegangen sein.

Auffällig vor allem ist der Mangel an Grabmonumenten aus älterer Zeit, denn bis zum Jahr 1650 sind in Göttingen nur 8 Denkmäler dieser Art original erhalten und lediglich 26 entsprechende Inschriften kopial überliefert. Dabei müssen die Göttinger Kirchen reich an Grabsteinen und Epitaphien gewesen sein. Der Chronist Johannes Letzner nennt in seiner Ende des 16. Jahrhunderts entstandenen Chronik eine beträchtliche Reihe Adelsfamilien, die Begräbnisstätten in der Franziskanerkirche hatten.52) Über die Johanniskirche schreibt er, daß „viele fuernehme leüte in dieser vielbenandten Kirche ihre sepultur und ruhe statt gewehlet“ und zählt anschließend Namen von dort begrabenen Personen auf, bei denen es sich in erster Linie um Angehörige von Göttinger Ratsfamilien handelt.53)

Etwas Licht in den Verbleib der älteren Grabplatten wirft ein Vorgang aus dem Jahr 1533. Damals forderten die Gilden vom Rat, die Grabsteine aus allen Kirchen, Kirchhöfen und Klöstern aufzunehmen, dazu auch die Altartische, ausgenommen zwei in jeder Kirche, abzubrechen, um mit ihnen die Gebäude der Stadt ausbessern zu können.54) Der Rat wies dieses Ansinnen unter Hinweis auf den zu erwartenden Zorn des katholischen Landesherrn Herzog Erichs I. zurück55), konnte sich aber offensichtlich nicht durchsetzen, denn Franz Lubecus berichtet zum Jahr 1533, die Grabplatten aus der Johannis- und Jakobikirche, aus den Kapellen, von den Kirchhöfen und diejenigen außerhalb der Klöster seien bei den Arbeiten am Wall verwendet worden. Man hat mit ihnen die Mauern des Wallgrabens befestigt.56) Zu diesem Zweck holte man jedoch nicht alle Grabsteine aus den Kirchen. Die Denkmäler der in der Franziskanerkirche begrabenen Angehörigen des Herzogshauses blieben damals erhalten, allerdings sollen die Inschriften – wie Johannes Letzner klagt – stark beschädigt worden sein.57)

Bei dem betreffenden Antrag der Gilden, die ganz überwiegend protestantisch gesonnen waren58), haben sicher weniger Zweckmäßigkeitsüberlegungen eine Rolle gespielt als vielmehr die Absicht, durch einen bewußten Affront die alte Kirche und ihre Einrichtungen zu demütigen. Der Stimmung in den breiten Schichten der Einwohnerschaft dürfte diese Maßnahme jedenfalls nicht zuwider gewesen sein.59) Herzog Erich verhängte nach diesen Zerstörungen keine Sanktionen gegen die Stadt. Er hatte sich am 15. April 1533 mit Göttingen wegen der Religionsstreitigkeiten geeinigt und gegen Zahlung von 5000 rheinischen Goldgulden innerhalb von zehn Jahren die Einführung der Reforma-[Druckseite 15]-tion toleriert.60) Auf diese Summe hätte der Herzog bei seiner hohen Verschuldung wohl kaum verzichten können.61)

Es klingt wie ein später Tadel an jenen Vorgängern aus der Reformationszeit, wenn der Göttinger Ratsherr Georg Mengershausen während des Dreißigjährigen Krieges in sein Diarium schreibt, daß die Gräber der Toten nicht zerstört, sondern als heilig und Gott geweiht verehrt werden sollen.62) Diese Eintragung betrifft jedoch in erster Linie die Ereignisse seiner eigenen Zeit, die die welfischen Fürstentümer stark in Mitleidenschaft zogen.63) Denn die Eroberung Göttingens durch Tilly 1626 und das wechselhafte Schicksal der Stadt in den folgenden Jahren haben viel zur Zerstörung der Architektur und der mit ihr verbundenen Monumente beigetragen.64)

Die Grabsteine und Epitaphien, die die Wirren des Dreißigjährigen- und des Siebenjährigen Krieges, in dem die Kirchen als Speicher benutzt wurden64), überdauert haben, dürften größtenteils bei den nachfolgenden Renovierungen verlorengegangen sein.65) Die Marienkirche besitzt heute noch einen Grabstein (außen an der Ostwand des südlichen Seitenschiffs befestigt, datiert 1612: Nr. 152), in der Jakobikirche sind neben einigen Denkmälern des späten 17. und des 18. Jahrhunderts zwei Grabplatten aus der Zeit vor 1650 erhalten (Nr. 137, 165)66), in der Albani- und in der Johanniskirche sind keine vor 1650 datierten Grabsteine mehr vorhanden. Als die Johanniskirche nach 1791 renoviert wurde, verkaufte man neben dem Inventar auch die dort noch liegenden Grabplatten.67) Vielleicht wurden damals auch die Denkmäler der vor dem Altar begrabenen Göttinger Generalsuperintendenten und Professoren des Pädagogiums veräußert, deren Inschriften in der Literatur des frühen 18. Jahrhunderts überliefert sind.68)

2. Die Quellen der nichtoriginalen Überlieferung

Eine Inschriftensammlung aus älterer Zeit, wie in Heidelberg (Melchior Adamus), Mainz (Helwich, Gudenus, Würdtwein), München (Vogl, Josef v. Oefele) und Nürnberg (Michael Rötenbeck), um einige Städte zu nennen, deren Inschriften in jüngster Zeit bearbeitet wurden68), ist in Göttingen nicht vorhanden. Als Quellen für die Überlieferung verlorener Inschriften kommen daher in erster Linie Chroniken, die die Stadtgeschichte umfassend berücksichtigen, Leichenpredigten sowie historische Untersuchungen des 18. und 19. Jahrhunderts in Frage. Es wurden im einzelnen folgende Quellen benutzt69):

Handschriften70)

[Druckseite 16]

1) Göttingen, Staatsarchiv. Signatur: III 2a/III 2b. (Bis 1937 in der Univers.-Bibl. Göttingen aufbewahrt, Sign.: Göttingen Stadt 3).

Franciscus Lubecus: Braunschweig-Lüneburgische Chronik (zit.: Lubecus, BL-Chronik).

Autograph. Lubecus hat dem Werk keinen eigenen Titel gegeben.

Incipit Bd. I, S. 1: „Vorrede dieses Buches. Wie woll bereit gar vill Chroniken, (. . .) geschrieben vnde/ gedruckt fürder hande(n) sein (. . .)“.

Zeit: Die Niederschrift wurde am 1. November 1573 begonnen (Marginalie Bd. I, S. 13: „Anno 1573. I noue(m)bris in die omnium Sanctor(um) Exordinur [!]“), einzelne Teile sind vermutlich früher entstanden. Der behandelte Zeitraum reicht bis 1595.

Zwei Bände, Folio. Papier. Moderne Seitenzählung mit Bleistift (unten rechts), die jeweils zweite Seite ist beziffert. Nach dieser Zählung wird die Chronik zitiert: Bd. I, S. 1–852; II, S. 1–806.71)

Die Chronik ist in 6 Bücher eingeteilt (Inhaltsangabe Bd. I, S. 6ff.), in den Büchern 5 (Bd. I, S. 623–II, S. 549) und 6 (Bd. II, S. 551–644) ist die Geschichte der Stadt Göttingen dargestellt. Dort sind auch die in T. II dieser Arbeit mitgeteilten Inschriften überliefert.

Editionen einzelner Abschnitte der Chronik: G. Schmidt, Einige Notizen über Wittenberg im sechzehnten Jahrhundert, in: Neue Mitteilungen aus dem Gebiet hist. antiqu. Forschungen des thüring.-sächs. Vereins XI (1867) 112–121 (Bericht des Lubecus über das Universitätsleben in Wittenberg, BL-Chronik II, S. 83–101). – B. Crome, Kulturgeschichtliche Miniaturen vom Ausgang des Mittelalters aus einer alten Chronik, Göttingen 1921 (verschiedene Auszüge). – Volz, Franz Lubecus Bericht (BL-Chronik II, S. 624–644).

[Druckseite 17]

Literatur zur Hs.: W. Meyer, Verzeichnis der Handschriften im Preußischen Staate I Hannover 3, Göttingen 3, Abt. 2, Berlin 1894, S. 515f.

2) Göttingen, Stadtarchiv. Signatur: III 1. (Bis 1937 in der Univers.-Bibl. Göttingen aufbewahrt, Sign.: Göttingen Stadt 4).

Franciscus Lubecus: Chronica und Annales der Stadt Göttingen (zit.: Lubecus, Annales).

Autograph. Der Originaltitel ist wegen Beschädigung des Papiers nur fragmentarisch erhalten (geschrieben mit roter Tinte; die Punkte in den eckigen Klammern entsprechen den verlorenen Buchstaben, ein Fragezeichen bedeutet, daß die getroffene Feststellung unsicher oder eine solche nicht möglich ist):

CHORNIC[. . . .]/ ANNALES DeR LobliCH[. .]/ vnd etwa(n), Keiserfreien, itzo Fürstl[. . .]/ BRaunswiGychen, Stat GOTTing[. .]/ vberwalt vnd Leina:

Dieser Titel ist von Lubecus in folgender Weise geändert worden (Änderungen in schwarzer Tinte).

CHORNIC[. . . .]/ ANNALES DeR LoblicH[. .]/ Etwan keiserfrien itzo Fuerstl[. . .]/ BRaůnswigychen, Statd GOTTing[. .]/ bie der Leunen72), vberwalt Leina,/ sich73) vor Jare [. ?]/ Zu Jahren ruhmlich (?) vnd zu wissen 1 [ ? ]/ begeben74) vnd zugedragen/ Zusammen gezogen Durch/ Ern Franciscum Lůbecům Got[ ? ].

Zeit: Der Bericht reicht bis zum Jahr 1588; geschrieben vor 1595 (Tod des Lubecus).

Oktav. Papier. 326 gezählte Blätter, moderne Bleistiftfoliierung.

Inhaltsangabe f. 10r, danach ist das vorliegende Werk der erste Teil der Göttinger Chronik. Der Inhalt entspricht im wesentlichen B. 5 der BL-Chronik (Nr. 1), es werden überwiegend die gleichen Inschriften dort mitgeteilt. Die im Inhaltsverzeichnis angekündigten Kapitel des zweiten Teils einer Göttinger Chronik sind nicht ausgeführt worden. Eine dem Gegenstand ungefähr entsprechende Darstellung findet sich in B. 6 der BL-Chronik.

Literatur zur Hs.: W. Meyer, Verzeichnis der Handschriften im Preußischen Staate I Hannover 3, Göttingen 3, Abt. 2, S. 516f. – Volz, Franz Lubecus Bericht, S. 37, Anm. 20.

3) Hannover, Niedersächsische Landesbibliothek. Signatur: Ms. XXIII, 801.

Bericht des Pfarrers Joachim Ketzler aus Weende über die St. Petrikirche an Johannes Letzner.

Zeit: 1591 (datiert).

Einzelnes Blatt in einem ungebundenen Konvolut mit Unterlagen über das ehem. Augustinerinnenkloster Weende.

Literatur zur Hs.: E. Bodemann, Die Handschriften der königl. öffentlichen Bibliothek zu Hannover, Hannover 1867, S. 527f.

4) Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. Signatur: Cod. Ms. hist. 248.

Johannis Letzneri Herdeshani: Braunschw.-Lünebg.75) und Gottingischen Chronic, darinnen die Klöster selbiger Fürstenthümer beschrieben, item die Geistl. Orden. (zit.: Letzner, Chronik mit Signatur).

Zeit: Ende 17. Jahrhundert.

Quart. Papier, 1263 gezählte Seiten. – Es handelt sich um eine Abschrift von B. III der Letznerschen Chronik, die sich Gerhard Walter Molanus, Abt von Loccum 1677–1722, anfertigen ließ (vgl. über ihn ADB XXII, 86ff.). Sein Name steht auf der Innenseite des vorderen Einbanddeckels, dazu der Betrag, der für die Abschrift und Papier bezahlt wurde.76)

5) Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. Signatur: Cod. Ms. hist. 249.

Johannis Letzneri Herdesiani/ Drittes Buch:/ Der braunschweigischen=lüneburgischen/ und Göttingischen Chronicka:/ Darinnen die Clöster selbiger/ landen beschrieben./ item die Geistl. Orden. (zit. Letzner, Chronik mit Signatur).

Zeit: Anfang 18. Jahrhundert.

2 Bde in Quart. Papier, zusammen 1466 gezählte Blätter. – Abschrift von B. III der Letznerschen Chronik; enthält außer der Chronik einige kleinere Abhandlungen Letzners. – Aus der Bibliothek Joachim Hinrichs v. Bülow (Exlibris auf der Innenseite des vorderen Einbanddeckels von Bd. I; über Bülow vgl. H.-G. Seraphim, Joachim v. Bülow und seine Bibliothek (Vorarbeiten zur Geschichte der Göttinger Univ. und Bibl. 6), Göttingen 1929).

Zu Buch III der Chronik Letzners ist ein fragmentarisches Autograph vorhanden: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Signatur: Cod. Guelf. 49 Extrav.77) Es handelt sich um einen Quartband, der ganz unterschiedliche Stücke aus der gesamten Chronik enthält. Titel auf dem Vorsatzblatt: „Johann Letzners/ Braunschweig-Lüneburg- und Göttingische/ Chronica/ Fragmentum Libri V.–X.“ Material: Papier. Bleistiftfoliierung von moderner Hand (unten rechts) f. 1–240.

Die hier interessierende Beschreibung der Klöster ist als 6. Teil bezeichnet. Er besitzt eigene Blattzählung (oben rechts) von Letzners Hand: f. 1–166 (entspricht f. 29–195 der modernen Bleistiftfoliierung, die im folgenden in eckigen Klammern hinter Letzners Zählung gesetzt wird). Überschrift: „Vorrede dieses Sechsten Teils“. Incipit: „Dieweil ich mein in diesem meinem fürgenomenem Brünschweigischem Stam/menbůch, vnd in diesem andern78) Teill verheissen, Die Closter vnd furnemesten Kirchen/ dieses loblichen Braunschweigischen Fůrstentůmbs nach einander ordentlich zu beschrei/ben, (. . .)“. Vor dieser Chronik [f. 25r–27v] ein Inhaltsverzeichnis (von jüngerer Hand, 18. Jh.), dann auf einem sonst leeren Bl. [f. 28r] die Überschrift: „Fragmentum libri VI.“ (ebenfalls von jüngerer Hand, 17./18. Jh.).

Die Berichterstattung geht bis 1588 (f. 87r [114r]: Der Goslarer Magister Henning Lentzius wird 1588 Kanoniker in Münster).

Dieses Autograph war nicht Vorlage für die Abschriften Nr. 4 und 5. Es handelt sich bei der Wolfenbütteler Hs. offensichtlich nur um einen ersten Entwurf und eine Materialsammlung für eine spätere Ausarbeitung.79) In dem Kap. über Kloster Weende werden die Inschriften Nr. 45 (f. 158v [187v]) und Nr. 84 (f. 159r [188r]) mitgeteilt. Die Texte sind hier jedoch schlechter als in den genannten [Druckseite 18] Abschriften überliefert, deren Wiedergabe der Inschriften daher – neben derjenigen in Lubecus’ BL-Chronik – an entsprechender Stelle als Quelle zugrunde gelegt wird.

Die Abschriften Nr. 4 und 5 gehen auf eine gemeinsame Vorlage zurück, die jedoch verloren ist. Die Zeit der Berichterstattung beider Kopien reicht bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Inschriften werden im Zusammenhang mit der historischen Darstellung überliefert.80)

Literatur zur Chronik: J. Meier, Origines et antiquitates Plessenses, Leipzig 1713, Vorrede (13). – F. L. Lutz, Einige Nachrichten über das Leben und die Schriften des gegen Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts gelebt habenden Johannes Letzner, Pastor zu Iber, im Fürstenth. Grubenhagen, in: Neues vaterländisches Archiv 1824, Bd. III, 122–140, hier 138. – Klinge, Johannes Letzner 87ff., Anhang 35f.

Literatur zu den Hss.: W. Meyer, Verzeichnis der Hss. im Preußischen Staate I Hannover 2, Göttingen 2, Berlin 1893, S. 97f.

6) Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. Signatur: Cod. Ms. hist. 287.

Von den Kirchen Klöstern/ Hospitalen Verenderungen der/ RELIGION und Schulen/ der/ Stadt Göttingen auff gesetzet/ durch/ JOHANNEM LETZNERUM. (f. 1–31r).

f. 31v–42r.

Von dem Jungffer Closter/ Weende/ Vor Göttingen an der Leine/ gelegen/ und/ Von dem Münche Closter/ S. LVDERI/ Vor Helmstedt gelegen auff/ gesetzet/ durch JOHANNEM LETZNERUM. (zit.: Letzner, Von dem Jungffer Closter Weende).

Zeit: Ende 17. Jahrhundert.

Quart. Papier, 42 gezählte Blätter. – Die Übereinstimmung mit Nr. 4 und 5 zeigt, daß alle drei Abschriften auf die gleiche Vorlage zurückzuführen sind; f. 2r–31r entspricht Kap. 91–105, f. 32r–40r Kap. 175 und f. 40r–42r Kap. 112 in Cod. Ms. hist. 248 und 249: aus Kap. 112 werden jedoch die Nachrichten über das Augustinerinnenkloster Marienberg (Helmstedt) nicht mitgeteilt.81)

Literatur zur Hs.: W. Meyer, Verzeichnis der Hss. im Preußischen Staate I Hannover 2, Göttingen 2, S. 109. – Klinge, Johannes Letzner, Anhang 51.

7) Hannover, Niedersächsisches Staatsarchiv. Akte Hann. 93, 45 Göttingen Nr. 35, Bl. 2–5.

Brief Johann Christoph Gatterers82) vom 1.9.1766 an den hannoverschen Premierminister v. Münchhausen mit der Beschreibung des Grabmals der Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg (Inschrift Nr. 13).

8) Göttingen, Städtisches Museum. Invent.-Nr. 11454.

Adolph Conrad Franz Spangenberg: Geschichte und Beschreibung der Stadt Göttingen zusammengetragen und durch Abbildungen der Merkwürdigkeiten dieser Stadt erläutert. (zit. Spangenberg, Geschichte und Beschreibung).

Zeit: 1807–1808 (datiert).

Oktav. Papier, 138 Seiten, moderne Zählung mit Bleistift. Inhalt: S. 1: „I. Auszug aus der Geschichte und Beschreibung der Stadt Göttingen und der umliegenden Gegend von Meiners“83) S. 69: „II. Geschichtliche Notizen über Göttingen; aus nachstehenden Werken und eigener Ansicht geschöpft.“ Anschließend werden 17 Buchtitel des 17. bis 19. Jahrhunderts aufgeführt, die Spangenberg für seine Arbeit benutzt hat, ungedruckte Quellen sind nicht genannt.

Die Hs. wurde 1939 durch Museumsdirktor Dr. Otto Fahlbusch angekauft. An verschiedenen Stellen finden sich Eintragungen von seiner Hand (z. B. Korrekturen zu Inschriftenlesungen, die Fahlbusch überprüfen konnte).

[Druckseite 19]

Das Ms. zählt zu den wichtigsten Quellen für die nichtoriginale Inschriftenüberlieferung in Göttingen, da viele nur noch literarisch tradierte Inschriften allein hier mitgeteilt werden.

Gedruckte Quellen

1) Cyriacus Pflaumenkern: Leichpredigt/ Bey der Begrebnus/ Desz weiland Ehrwirdigen/ Achtbarn vnnd Wolgelarten Herrn Zachariae Kempen/ gewesenen Pfarherrn der Christlichen Gemeine S. Nicolai in Goettingen, Erfurt 1601 (zit. Pflaumenkern, Leichenpredigt für Zacharias Kempe).

2) Heinrich Eckstorm: Chronicon Walkenredense, Helmstedt 1617 (zit. Eckstorm, Chronicon Walkenredense).

3) Johannes Croll: Eine Christliche Leichpredigt/ Bey dem Begraebnis/ Weyland/ des Ehrwuerdigen/ Fuerachtbaren vnd Hochgelarten Herren/ M. Henningi Tegetmejeri, Fuerstlichen Brauns: Wolverordneten Pastoris vnd Generalis Superintendentis (. . .) Gehalten durch M. Johannem Crollium Diaconum der Kirchen S. Johannis in Goettingen, Wolfenbüttel 1618 (zit. Croll, Leichenpredigt Henning Tegtmeier).

4) Johannes Croll: Eine Christliche Leichpredigt/ Bey der Begraebniß/ Des weylandt Ehrwuerdigen/ Vor Achtbaren vnd Hochgelarten Herrn M. Justi Großcurdten/ Wolverordneten General Superintendenten im Lande Goettingen/ primarij Pastoris zu S. Johannis in Goettingen/ Vnd Professoris Theologiae im Paedagogio doselbsten, Hildesheim 1627 (zit. Croll, Leichenpredigt für Justus Großcurd).

5) (Heinrich Friedekind): Christliche Leich=Sermon/ Bey Volckreicher vnd Ansehnlicher Leichbegaengnueß/ Des Weyland Wol Ehrwuerdigen/ in Gott andaechtigen/ Großachtbarn/ vnd Hochgelarten Herrn Theodosi Berckelman/ Der heiligen Schrifft Doctoris, vnd vor diesem in der loeblichen Julius Universitaet zu Helmstadt Professoris publici, Abten des Closters Amelunxborn/ vnd General-Superintendenten deß Landes vnd Stadt Goettingen, Hannover 1647 (zit. Friedekind, Leichenpredigt für Theodor Berckelmann).

6) Heinrich Friedekind: Leich-Sermon/ Bey ansehnlicher vnd Volckreicher Begraebniß Des Weiland Wol Ehrnvesten/ Großachtbaren/ Hochgelahrten vnd beruehmten Herrn M. Georg. Andreae Fabricii, Goslar 1650 (zit. Friedekind, Leichenpredigt für Georg Andreas Fabricius).

7) Heinrich Müller: Abbildung der uhralten und weitberuehmten Frontier-Stadt und Vestung Goettingen/ Nach ihrer Lage/ Groesse/ und Befestigung; Auch was darinnen/ heutigs Tages/ an Geist= und Weltlichen Gebaeuden/ sampt einigen Alterthuemen (!)/ und Gedaechtnissen/ insonderheit zu sehen/ und zu beobachten. Theils/ nach alter und glaubwuerdiger Einwohner/ Bericht/ kuertzlich und wolmeinend entworffen/ und vorgestellet, Osterode 1678 (zit. Müller, Göttingen).

8) Justus v. Dransfeld: Prodromus/ monumento/rum quorundam/ Gottingensium/ complectentium/ succinctiorbm (!) historiam sacrorum re/ligionem pertinent, Göttingen 1702 (zit. Dransfeld, Prodromus).

9) Johann Georg Leuckfeld: Antiquitates Walckenredenses, Leipzig/ Nordhausen 1705 (zit. Leuckfeld, Antiquitates Walckenredenses).

10) Justi à Dransfeld Th. Prof. & Paed. Gotting./ Dissertatio Epistolica/ De Aede Sacra D. Albani,/ Quae Gottingae Vetustate Est Antiquissima (. . .), Göttingen (1707) (zit. Dransfeld, Dissertatio D. Albani).

11) Justi a Dransfeld. Theol. Prof. & Gymnasii El. Gotting. R. Dissertatio Epistolica De Aede Sacra Divae Virginis, Quae Gottingae Est (. . .), Göttingen (1708) (zit. Dransfeld, Dissertatio Divae Virginis).

12) Justi a Dransfeld/ Rectoris Gymnasii Elect. Gotting. Theol. Prof. & Capituli/ Eimb. Alex. Canonici/ Dissertatio Epistolica/ De/ Aede Sacra D. Jacobi,/ Quae Gottingae est (. . .), Göttingen 1711 (zit. Dransfeld, Dissertatio D. Jacobi).

13) Johann Heinrich Stuss: Memoria beati Theodori Berckelmanni SS. theologiae doctoris et professoris pvblicii ordinarii in academia Jvlia, deinde abbatis Amelvnxbornensis et svperintendentis generalis dvcatvs atque vrbis Gottingensis, professoris SS. theologiae primarii optime meriti, Hannover 1733 (zit. Stuss, Memoria beati Theodori Berckelmanni).

14) Cyriacus Heinrich Ebel/ Heinrich Philipp Guden/ Christoph August Heumann/ Friedrich Christoff Neubur/ Christoff Heinrich Pape: Zeit= und Geschicht=Beschreibung der Stadt Goettingen, worin derselben Civil=Natur=Kirchen und Schul=Historie, aus verschiedenen alten Urkunden, auch andern sichern Nachrichten umstaendlich vorgetragen wird. 4 Bücher in 3 Teilen, hrsg. von Johann Daniel Gruber, Hannover/ Göttingen 1734–1738 (zit. ZGB Göttingen mit Teil- und Bandziffer).

[Druckseite 20]

Literatur A. Saathoff, Ein denkwürdiges Buchjubiläum, in: Göttinger Gemeindeblatt 23 (1936) 32f. – G. v. Selle, Die Georg-August-Universität zu Göttingen 1737–1937, Göttingen 1937, 44f., 343, Anm. 1 (zu S. 45).

15) Johann Dominian Fiorillo: Bemerkungen über die alten Mahlereyen in den Kirchen zu Göttingen, in: J. D: Fiorillo, Kleine Schriften artistischen Inhalts I, Göttingen 1803, 344–358.

16) Ernst Spangenberg: Beitraege zu einer Geschichte und Beschreibung der Stadt Goettingen, in: Neues Hannoeversches Magazin 17 (1807) Hannover 1808, 417–458 (zit. Spangenberg, Beiträge).

17) Hector Wilhelm Heinrich Mithoff: Kunstdenkmale und Alterthümer im Hannoverschen II: Fürstenthümer Göttingen und Grubenhagen, Hannover 1873 (zit. Kdm. II).

Die Inschriften in der nichtoriginalen Überlieferung

Im folgenden soll skizziert werden, welche Bedeutung die ältere Literatur den Inschriften eingeräumt hat. Dabei werden nur Quellen herangezogen, die eine größere Zahl von Texten überliefern. Mithoffs Beschreibung der ‚Kunstdenkmale und Alterthümer‘ (Nr. 17) bleibt hier unberücksichtigt, da der überwiegende Teil der von ihm mitgeteilten Göttinger Inschriften erhalten ist und er sich für die Kopialtradition weitgehend auf die ‚Zeit- und Geschicht-Beschreibung der Stadt Goettingen‘ (Nr. 14) stützt. Es verdient jedoch hervorgehoben zu werden, daß sich Mithoff, wie sein gesamtes Kunstinventar zeigt, um eine zuverlässige und möglichst umfassende Sammlung der Inschriften bemüht hat.84)

1. Die Chroniken Franciscus Lubecus’ und Johannes Letzners

Am Anfang der literarischen Inschriftenüberlieferung stehen die Chronisten Franciscus Lubecus (1533–1595) und Johannes Letzner (1531–1613). Beide haben in Wittenberg studiert, waren danach Lehrer und später Pfarrer in verschiedenen Gemeinden. Lubecus ist von 1565 bis 1575 als Kaplan an St. Johannis in Göttingen bezeugt; dorthin zog er sich auch im Alter zurück und wurde nach seinem Tod in der Johanniskirche begraben.85)

Ihre Chroniken gehören in die Tradition der humanistischen Geschichtsschreibung. Geschichte wird pragmatisch verstanden: aus ihrem exemplarischen Verlauf lassen sich Nutzanwendungen für das tägliche Leben ableiten, das gilt in besonderem Maße für den Pfarrer, der in ihr Beispiele für Gottes Liebe und Gottes Zorn finden kann.86) Daher ist die Beschäftigung mit Geschichte nützlich und angenehm. Lubecus hat als einen Leitspruch über seine Chronik den Vers des Horaz „Aut prodesse volunt aut delectare poete“ gesetzt.87)

Dem umfassenden Sinn der humanistischen Geschichtsschreibung für Altertümer ist auch die Überlieferung von Inschriften zu verdanken.88) Letzner hat ihnen größere Beachtung geschenkt als Lubecus, der sie eher beiläufig im Zusammenhang mit der Darstellung der Göttinger Geschichte verzeichnet. Letzner dagegen bringt den Inschriften näheres Interesse entgegen und hat bei seinen For-[Druckseite 21]-schungen offensichtlich ausdrücklich nach solchen Quellen gefragt. Das läßt jedenfalls der Brief des Weender Pfarrers Joachim Ketzler vermuten, der darin Letzner von Inschriften und Grabsteinen in der Kirche in Weende berichtet.89) Für dieses Interesse spricht auch die große Zahl der Inschriften und literarischen Epitaphien, die Letzner in seine ‚Dasselische und Einbeckische Chronica‘90) aufgenommen hat. Vermutlich hat er eine Anzahl der dort wiedergegebenen Epitaphien selbst verfaßt, die zwar nicht als Inschriften ausgeführt wurden, ihnen aber in Form und Inhalt gleichen.91) Es handelt sich dabei um deutschsprachige Grabgedichte für Pastoren aus Gemeinden der näheren Umgebung Einbecks, wo auch Letzner als Pfarrer tätig war.92) Die entsprechenden Gedichte sind alle nach dem gleichen Schema gebaut und würdigen die Verdienste der Verstorbenen um Gottes Wort, ihre Glaubensgewißheit und Auferstehungshoffnung.

Weder Letzner noch Lubecus konnten die Inschriften unter kritischen Gesichtspunkten mit anderen ihnen zur Verfügung stehenden Quellen in Einklang bringen. Eine solche Betrachtungsweise, deren Anwendung einige der bedeutenden Inschriftensammler des 16. Jahrhunderts im Hinblick auf die römischen Inschriften im Ansatz versucht haben93), war ihnen völlig fremd. So überliefert Letzner, um ein Beispiel zu nennen, zum Jahr 1461 eine Inschrift aus dem ehemaligen Augustinerinnenkloster Weende, die vom Bau eines Dormitoriums unter der Priorin Hedwig vom Hagen berichtet. In seiner Darstellung der Klostergeschichte läßt er diesen Namen, der von der Urkundentradition bestätigt wird, jedoch unberücksichtigt und nennt als Priorin der betreffenden Zeit Ilse Bentingerode, die das Amt erst 1498 übernommen hat.94) Zuweilen hat Letzner Inschriften herangezogen, um die Argumentation seiner Darstellung zu stützen; aber auch in diesen Fällen konnte er Widersprüche nicht vermeiden.95)

Letzner und Lubecus haben sich mit Sorgfalt um Akten und Urkunden bemüht, arbeiteten jedoch in erster Linie kompilatorisch, so daß ihnen eine wirkliche Aufbereitung des Stoffes und Durchdringung des differenzierenden Materials nicht gelingen konnte.96) Letzners Gönner Aschen v. Heimburg, kurkölnischer Rat und Kanoniker in Hildesheim, der seine Arbeiten korrigierte, hat diese Mängel bereits bemerkt und ihn auch auf entsprechende Fehler in der Darstellung hingewiesen.97)

2. Die Schriften Justus v. Dransfelds

Gut hundert Jahre später verfaßte der Göttinger Pädagogiarch Justus v. Dransfeld (1633–1714) verschiedene Abhandlungen über die Kirchen seiner Vaterstadt Göttingen.98) In diesen Darstellungen, von denen einige aus Anlaß der Begrüßung neuberufener Pastoren geschrieben wurden, werden neben der Beschreibung von Kirchendenkmälern vor allem die Biographien der Göttinger Pfarrer und die Inschriften ihrer Grabdenkmäler mitgeteilt. Für Dransfeld spiegelt sich die Bedeutung Göttingens in den Leistungen seiner Bürger. Er schätzt diejenigen Bürger am höchsten, die sich um Religion und Kirche verdient gemacht haben.99) Sie sollen der Gegenwart als Vorbilder in die Erinnerung gerufen werden.100) Die Monumente, die man ihnen gesetzt hat, sind Sinnbilder ihrer persönlichen Größe und zugleich Zeugnisse des städtischen Ruhms.

[Druckseite 22]

Den Grabinschriften kommt innerhalb dieses Geschichtsbildes, das die Person ganz in den Vordergrund stellt, eine besondere Funktion zu. Dransfeld hat die Inschriften zumeist an das Ende der jeweiligen Vita gesetzt, sie bilden die Zusammenfassung und den Höhepunkt seiner Würdigungen. Den – teilweise panegyrischen – Aussagen der Inschriften stand er ohne innere Distanz gegenüber, er hat sie benutzt und zitiert, um den Charakter der von ihm geschilderten Persönlichkeit darzulegen. So heißt es in der Vita Henning Tegtmeiers (Nr. 159): „Quantus vir fuerit Tegtmeierus, ostendit vel hoc Epitaphium“, in derjenigen Justus Großcurds (Nr. 164): „Quantus vir fuerit, ex Epitaphio lapidi sepulchrali inciso intellegi potest (. . .)“, über Friedrich Sengebähr (Nr. 163) sagt er: „Non è trivio hominem fuisse SENGEBäHRUM, testificatur ejus Epitaphium lapidi sepulchrali inscriptum (. . .)“101). Dransfeld selbst hat für den Göttinger Generalsuperintendenten und Professor des Pädagogiums Heinrich Tolle († 1679) eine Grabinschrift im gleichen Stil verfaßt, um das Leben des „unsterblichen Mannes“ nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.102)

3. Die ‚Zeit= und Geschicht=Beschreibung der Stadt Goettingen‘

Weitaus geringeres Gewicht als in Dransfelds Abhandlungen nehmen die in der ZGB Göttingen überlieferten Inschriften ein. Der Anlaß für diese Publikation war die Gründung der Universität; ihren zukünftigen Studenten sollte sie Vergangenheit und Gegenwart der Stadt vor Augen führen103) und auf ihre Vorteile hinweisen.104) Die Landesregierung maß dem Unternehmen eine gewisse Bedeutung bei, und Münchhausen beauftragte den Königlichen Bibliotheksrat Johann Daniel Gruber mit der Edition des Werks.105)

Die verschiedenen hier vereinigten Darstellungen der Stadtkirche, der Kirchen- und der Schulhistorie stützen sich in erster Linie auf die Urkundentradition. Dadurch haben sie, trotz ihrer ungeschickten Weitschweifigkeit, bis heute einen bestimmten Wert behalten. Die übrigen Quellen treten gegenüber Akten und Urkunden zurück. Inschriften werden vornehmlich im Zusammenhang mit der Beschreibung der städtischen Topographie (T. I, B. 2) und der Kirchengeschichte (T. II, B. 3) überliefert. Dabei haben sich die Bearbeiter Cyriacus Heinrich Ebel und Heinrich Philipp Guden nicht um Vollständigkeit bemüht, sondern sich weitgehend auf die Mitteilungen von Inschriften an hervorragenden Bau- und Kunstwerken sowie Glocken beschränkt. Haus- und Grabinschriften sind dagegen hier nur in geringer Zahl vertreten.

Bemerkenswert gegenüber den älteren Quellen ist vor allem Ebels – von ihm ausdrücklich erwähnte – Bemühung, die Inschriften textgetreu wiederzugeben. Er schreibt dazu: „Wir muessen hier ein vor allemahl erinnern, daß wir die Inscriptiones mit einander, so wie sie lauten, und wenn wir gleich gar leicht haben urtheilen koennen, wie eines und das andere billig haette heissen sollen, mit getheilet haben. Wie wir denn ohndem der Zuversicht leben, daß der Leser uns anderer Fehler nicht zurechnen, noch selbige von uns verbessert, sondern lieber die Sache, wie sie ist, erzehlet sehen werde.“106) Mit dieser Haltung verband sich eine – leider nur eingeschränkt – kritische Einstellung zur früheren Inschriftenüberlieferung. Einen Beleg dafür bietet die von Ebel mitgeteilte Inschrift an der ehemaligen Ratsschule (Nr. 54), bei deren Wiedergabe er die unkorrekten Lesungen Lubecus’ und des einstigen Göttinger Pädagogiarchen Georg Andreas Fabricius ausdrücklich zurückweist.107) – Daß Ebels eigene Angaben zuweilen auffällig von dem tatsächlichen Befund abweichen, läßt sich an einigen original erhaltenen Inschriften nachweisen.108) Auch hat er, das gleiche [Druckseite 23] gilt für Guden, nicht immer alle Inschriften der von ihm beschriebenen Objekte mitgeteilt, was in einigen Fällen vermutlich mit der schwierigen Entzifferung der Texte zusammenhing.109)

4. Die Arbeiten Ernst und Adolph Spangenbergs

(S. 18, Nr. 8; S. 20, Nr. 16)

Inhaltreiche Quellen für die Göttinger Inschriftenüberlieferung liegen aus dem frühen 19. Jahrhundert vor. Im Jahre 1808 veröffentliche Ernst Spangenberg (1784–1833) im ‚Neuen Hannoeverschen Magazin‘ den Aufsatz ‚Beitraege zu einer Geschichte und Beschreibung der Stadt Goettingen‘110), der als Ergänzung zur ZGB Göttingen gedacht war. Zur gleichen Zeit beschrieb sein jüngerer Bruder Adolph Spangenberg (1790–1812?) die Baudenkmäler Göttingens.111) Beide Schriften konnten für diese Inschriftensammlung mit vielfachem Nutzen herangezogen werden.

Ernst und Adolph Spangenberg waren Söhne des Göttinger Professors der Rechte Georg August Spangenberg. Ernst erwarb sich einen Ruf als Rechtsgelehrter und avancierte zum Rat am Königlichen Hannoverschen Oberappellationsgericht in Celle.112) Adolph Spangenberg trat nach dem Besuch des Göttinger Gymnasiums in den Militärdienst ein, nahm 1812 am Feldzug Napoleons gegen Rußland teil, wurde gefangengenommen und verstarb, vermutlich am Wundfieber, in einem Lazarett in Petersburg.113)

Die Brüder Spangenberg führten die Bestandsaufnahme der historischen Denkmäler ihrer Vaterstadt vornehmlich mit dem Ziel durch, die durch den Verlust der Altertümer gefährdeten Inschriften für die Nachwelt zu erhalten. Vor allem Ernst Spangenberg hat sie bewußt als geschichtliche Quellen verstanden und diesem historischen Bewußtsein auch Ausdruck verliehen, indem er die Zerstörung der Altertümer beklagte und gleichzeitig auf den Wert der Inschriften als Quellen hinwies.114) Diese betrachtete er unter auch für die heutige Forschung aktuellen Gesichtspunkten und nannte als möglichen Nutzen: Ergänzungen zur Literaturgeschichte durch Angaben auf den Grabsteinen berühmter Leute; Beiträge zur politischen Geschichte, zu Genealogie, Diplomatik sowie Kultur- und Sprachgeschichte. Als Jurist hob er besonders ihre Bedeutung als rechtsgeschichtliche Quellen hervor. Er schloß die einleitenden Bemerkungen zu seinem Aufsatz mit der bitteren Feststellung, es sei „sehr schlimm, daß man den Nutzen derselben (sc. der mittelalterlichen Inschriften), um sie zu retten, aufzaehlen muß, da man von den aeltesten Zeiten roemische Denkmaeler, ohne nur ein Wort darueber zu verliehren, weil man denselben fuer so entschieden hielt, mit der groeßten Sorgfalt aufbewahrte, waehrend man die vaterlaendischen auf eine so gewissenlose Art nicht achtete, und sogar vernichtete.“115) Diese Klage entspricht, wie die Sammlungen mittelalterlicher Inschriften in anderen Städten (Heidelberg, Mainz, München, Nürnberg) darlegen, nicht den Tatsachen. Sie dokumentiert jedoch in aller Deutlichkeit den Wert, den Spangenberg diesen Quellen beigemessen hat und ist ein aufschlußreiches Zeugnis dafür, wie sich die Einstellung zu ihnen im Vergleich zu der älteren Überlieferung gewandelt hat. Noch 1788 nannte der Göttinger Schulmann Jeremias Nikolaus Eyring in der von ihm edierten Schrift ‚Opuscula ad historiam litterariam rei scholasticae praesertim Gottingensis pertinentia‘ die Widmungsinschrift der Göttinger Ratsschule (Nr. 54) „nichts weiter, als eine gedankenlose Umschreibung des Worts Lyceum.“116)

In Adolph Spangenbergs ‚Geschichte und Beschreibung der Stadt Göttingen‘ finden sich zwar keine Überlegungen, wie sie sein Bruder vorgetragen hat, aber auch er widmete seine Tätigkeit vor allem der Sammlung mittelalterlicher Inschriften. Das zeigt nicht nur die große Zahl der in dieser Hs. verzeichneten Texte, sondern lassen auch die vielen Inschriften erkennen, die er in seine übrigen Arbeiten aufgenommen hat.117)

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Eine Anzahl gemeinsamer Lesungen118) beweist, daß die beiden Brüder ihre Forschungen entweder zusammen durchgeführt haben, oder aber einer das Manuskript des anderen als Vorlage benutzt hat. Das Abhängigkeitsverhältnis läßt sich jedoch nicht genauer klären. Für eine gemeinsame Durchführung der Untersuchungen spricht die Entstehungszeit beider Arbeiten (1807/08).

Das Entziffern vor allem der Minuskelinschriften hat ihnen offensichtlich Mühe bereitet und in einigen Fällen zu unverständlichen Wiedergaben geführt, deren eigentlicher Sinn sich heute kaum mehr rekonstruieren läßt. Das ist umso bedauerlicher, da es sich dabei um interessante Texte gehandelt zu haben scheint, die jetzt nicht mehr vorhanden sind.119)

3. Die Schriftformen

In den Göttinger Inschriften sind als Kapitalinschriften gotische Majuskel, frühhumanistische Kapitalis und Renaissance-Kapitalis überliefert, als Minuskelinschriften treten gotische Minuskel und, in wenigen Beispielen, Fraktur auf. Dagegen hat die humanistische Minuskel in erhaltenen Inschriften keine Verwendung gefunden. Dieser Schrifttyp läßt sich nur in vereinzelten Beispielen aus der weiteren Umgebung Göttingens nachweisen.120)

Gotische Majuskel

Die Schriftgeschichte der älteren Zeit kann in Göttingen aufgrund geringer Überlieferung lediglich an einigen wenigen Beispielen dargestellt werden. Zur Ergänzung der schmalen Materialbasis werden hier auch zwei Zeichnungen heute nicht mehr erhaltener Inschriften herangezogen, die ganz offensichtlich mit dem Bemühen angefertigt wurden, ein getreues Schriftbild des Textes wiederzugeben.

Die originale Inschriftenüberlieferung setzt um die Mitte des 13. Jahrhunderts mit einer gotischen Majuskelinschrift ein. Dabei handelt es sich um ein Titulusfragment über dem Nordportal der Johanniskirche, das von der kunsthistorischen Forschung auf die Zeit um 1245 datiert worden ist (Nr. 1). Deutlich erkennbar ist nur noch ein unziales N. Charakteristische Majuskelbuchstaben – pseudounziales A121), geschlossenes unziales C und E – enthält die Inschrift von 1260 auf dem Steinkreuz, das im Vorgarten des Städtischen Museums steht (Nr. 2). In welchem Umfang um die Mitte des 13. Jahrhunderts Unzialschrift gegenüber der Kapitalis Eingang in die Göttinger Inschriften gefunden hat, läßt sich aus Mangel an Beispielen allerdings nicht darstellen. Noch überwiegenden Kapitalisbestand zeigt die aus dem 13. Jahrhundert stammende und durch eine Abzeichnung überlieferte Glockeninschrift aus der Geismarer Martinskirche (Nr. 3). Das ist nicht weiter auffällig, da in Glockeninschriften länger als in Inschriften auf anderen Materialien an den alten Schriftformen festgehalten wurde.122) Bemerkenswert an dieser Geismarer Glockeninschrift sind das einmal vorhandene, am Wortschluß stehende Schaft-s (Einfluß der Buchschrift?)123) und die Enklaven bei ‚FILII‘.

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Häufiger als im 13. Jahrhundert findet sich in Inschriften des 14. Jahrhunderts das pseudounziale A.124) Den frühesten (und einzigen) Beleg für das halbgeschlossene unziale M bietet die Glockeninschrift von 1348 aus der Johanniskirche (Nr. 6). Das M wird in den Göttinger Majuskelinschriften sonst nur als Kapitalis verwendet; die inneren Hasten sind dabei entweder bis auf die Schriftzeile125) oder aber bis zur halben Höhe der äußeren Hasten herabgezogen.126)

Seit Mitte des 14. Jahrhunderts werden C und E zumeist als geschlossene Unzialen geschrieben127), finden sich häufiger Verzierungen (Knoten, Sporen)128), werden Balken und Hasten (bei T und V) durch Dreiecksformen verstärkt129) sowie die Bögen der Unzialen (bei E, H, S) stark ausgebaucht.130)

Die hier beschriebenen und für die gotische Majuskelschrift typischen Buchstaben sind in Städten, die eine weiter ins Mittelalter zurückreichende Inschriftenüberlieferung besitzen, erheblich früher als in Göttingen nachzuweisen.131) Daraus lassen sich jedoch keine Schlüsse im Hinblick auf eine Periodisierung der Schrift ableiten, da die Zahl der hier überlieferten Quellen dafür zu gering ist. Auch die Inschriften auf der um 1360/70 angefertigten Altardecke aus der Kirche in Nikolausberg (Nr. 9), wo neben Unzialen (C und E nicht geschlossen) noch C, D, M und N als Kapitalisbuchstaben eingestickt sind, können kaum als Argument für eine mit zeitlicher Verzögerung verlaufende Rezeption der Majuskel angeführt werden, da das Beispiel für die Göttinger Inschriften einen Einzelfall darstellt und im Zusammenhang mit Inschriften auf entsprechendem Material gesehen werden muß.

Das Verhältnis von Buchstabenhöhe zu -breite läßt sich in den Göttinger Majuskelinschriften seit der Mitte des 14. Jahrhunderts nachprüfen. Zu diesem Zeitpunkt überwiegt die Buchstabenhöhe leicht ihre Breite (Glocke in der Marienkirche von 1359, Nr. 7), gegen Ende des 14. Jahrhunderts sind die Buchstaben ungefähr doppelt so hoch wie breit. Ein guter Teil der Majuskelinschriften der hier vor allem als Inschriftträger herangezogenen Glocken und Kelche ist erhaben ausgeführt. Der Grund dafür liegt in der Herstellungstechnik dieser Gegenstände.

Frühhumanistische Kapitalis

Die frühhumanistische Kapitalis132) ist in Göttingen nur innerhalb der geringen Zeitspanne von 1499 bis 1506 in vier Altarinschriften und einer Kelchinschrift überliefert.133) Ihre charakteristischen Merkmale sind die schlanke Form der Buchstaben (Verhältnis Höhe : Breite = 2 : 1), das aus zwei offenen Halbkreisen gebildete E134), sowie kleine Ausbuchtungen der Quer- und Schrägbalken bei H und [Druckseite 26] N.135) Die betreffende Form des H hat in Göttingen auch Eingang in die Renaissancekapitalis gefunden und läßt sich in einzelnen Inschriften bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts nachweisen.136)

Zu den typischen Kennzeichen treten individuelle Formen, wie offenes D und ein P, dessen Haste vom Bogen abgerückt ist.137) In der Altarinschrift aus der ehem. St. Georgskapelle (Nr. 80) ist das byzantinische M überliefert.138)

Renaissancekapitalis

Renaissancekapitalis findet sich in den Göttinger Inschriften zuerst 1499. Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts wird sie in gleichem Umfang wie die gotische Minuskel verwendet. Von 1550 bis 1650 ist die Kapitalis in den original erhaltenen Denkmälern beinahe die allein nachweisbare Schrift, da die Fraktur in Göttingen und Umgebung nur sehr geringen Eingang gefunden hat.

Das früheste Beispiel ist die Inschrift auf dem 1499 fertiggestellten Altar aus der Geismarer Martinskirche (Nr. 57). Sie stellt noch keine reine Renaissancekapitalis dar, denn einzelne Buchstaben zeigen in ihren Formen noch den Einfluß der Frühkapitalis (H) und der gotischen Unzialschrift (G). Als Renaissancekapitalis können in dieser Inschrift die Buchstaben E, M, N, T und V angesehen werden. Ihre Hasten und Balken laufen in breiten Linien aus. Erst im Verlauf der weiteren Entwicklung werden die Konturen schmaler, bleiben die Verstärkungen auf das Ende der senkrechten und waagerechten Buchstabenelemente beschränkt, wo sie als kleine Dreiecke gleichsam aufgesetzt sind.138)

Beispiele für die bekannte klassische Form der Renaissancekapitalis lassen sich in Göttingen seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nachweisen. Sie findet sich ab 1562 zuerst in einigen Hausinschriften139), auf einem Kelch von 1564 (St. Petrikirche, Weende)140) und einer Glocke aus dem Jahr 1588 (St. Petrikirche, Grone)141), nach 1600 auch auf Grabsteinen.142)

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zeigen die Kapitalisbuchstaben in bestimmten Details auffällige Unterschiede. Bemerkenswert vor allem sind die in einzelnen Inschriften tradierten Merkmale der gotischen Majuskel, wie ausgeprägte Sporen an verschiedenen Buchstaben in den Inschriften auf einem Kelch (1512) der Jakobikirche und einer Pyxis der Johanniskirche (erste Hälfte/Mitte 16. Jh.)143), weitgeschwungene Bögen bei P und R in den Heiligennamen auf den Postamenten des Altars (1524) in der Marienkirche.144) Als Archaismus kann das geschlossene unziale E auf einem Kelch aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in der Groner Petrikirche gelten.145)

Bis weit in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts wird das A mit überstehendem Dachbalken und gebrochenem Querbalken geschrieben, erst seit 1588 läßt sich diese Form nicht mehr nachweisen. Das M ist für die Entwicklung der Renaissancekapitalis ein Leitbuchstabe.146) In den Göttinger Inschriften hat es während des ganzen 16. Jahrhunderts schräge Außenhasten, die Innenhasten sind knapp bis zur Mitte der Außenhasten herabgezogen147), nur in einer Inschrift (Flaschenzug, 1539 von Curdt Mente gegossen) reichen sie beinahe bis auf die Zeile.148) Erst 1604 steht in der Inschrift auf einem Gemälde von Daniel Munch ein M mit geraden Außenhasten und bis ganz auf die Schriftzeile geführten Innenhasten.149)

Ligaturen haben in den hiesigen Kapitalinschriften des 17. Jahrhunderts noch mehrfach Verwendung gefunden150), so bei AE (Epitaph für Theodosius Fabricius, 1600)151), AV, WA und ND (Hausinschrift, um 1600)152). Eine auffällig große Zahl enthalten zwei Taufsteininschriften aus der Mitte des 17. Jahrhunderts.153) Da in beiden Fällen für umfangreiche Texte nur eine kleine Fläche zur Verfügung stand, war allein aus diesem Grund die Notwendigkeit zur Raumersparnis gegeben, der die Ligaturen dienen sollten.

[Druckseite 27]

Gotische Minuskel

Die gotische Minuskel wurde in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts aus der Buchschrift in die Monumentalschrift übernommen; eine eigene Entwicklung, wie die gotische Majuskel, hat sie in den Inschriften jedoch nicht erfahren.154) In Göttingen setzt die Überlieferung der gotischen Minuskel 1342 ein.155) Die bemerkenswert frühe Quelle steht allein, denn erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts sind hier weitere Minuskelinschriften nachzuweisen. Zu diesem Zeitpunkt treten als Inschriftträger Kelche hervor, auf denen zugleich Texte in gotischer Minuskel und Majuskel angebracht sind. Die Majuskelbuchstaben bilden dabei lediglich – vermutlich, um ihn hervorzuheben – den Namen IHESVS auf den Rotuln des Knaufs, während Stifterinschriften in Minuskelschrift ausgeführt sind. Die gleichmäßige Gestaltung der Inschriften legt die Vermutung nahe, daß die betreffenden Kelche aus Werkstätten stammen, die untereinander in enger Beziehung standen.156) Im 15. Jahrhundert ist die Minuskel die in den Göttinger Inschriften allein verwendete Schrift, erst seit 1499 treten frühhumanistische- und Renaissancekapitalis an ihre Seite. Seit 1520 läßt sich ein allmählicher Rückgang beobachten – zwischen 1520 und 1550 sind 4 Minuskel- und 10 Kapitalisinschriften tradiert –, das letzte original überlieferte Beispiel stammt aus dem Jahr 1549.157)

Die älteste Göttinger Minuskelinschrift von 1342 (Nr. 5) ist dem Gedenken an Hermann Goldschmied gewidmet, der bei einer Überflutung in diesem Jahr ertrunken ist. Die Buchstaben sind breit geformt und deutlich voneinander getrennt, lediglich ‚ar‘ ist als Ligatur geschrieben. Am Anfang und in der Wortmitte steht Schaft-s. Diese Verwendung des Schaft-s läßt sich durchgängig feststellen; nur in einer Inschrift ist das Wort ‚cristi‘ mit rundem s geschrieben158), in einer anderen schließt, was durchaus ungewöhnlich ist ‚favens‘ mit Schaft-s.159)

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts werden die Buchstaben schlanker und die Zwischenabstände kleiner, Ligaturen finden in größerem Maße Verwendung.160) Gleichwohl sind in Göttingen nur wenige Minuskelinschriften überliefert, in denen die oben und unten gebrochenen Buchstabenschäfte konsequent so eng nebeneinanderstehen, daß der Eindruck einer schwer lesbaren ‚Gitterschrift‘ entsteht. Beispiele dafür bieten das Inschriftepitaph für Tilemann Speckbotel (1423), die Schriftbänder auf dem Altar aus der ehem. Franziskanerkirche (1424) und eine Hausinschrift in der Paulinerstraße (1495).161) Die zuletzt genannte Hausinschrift (Nr. 55) enthält allerdings ungewöhnlich individuelle Buchstabenverbindungen, so daß sie bis jetzt nicht vollständig gelesen werden konnte.162)

Versalien finden sich zuerst in den Texten auf dem Altar der Jakobikirche (1402).163) Im 15. Jahrhundert sind sie der gotischen Majuskelschrift entnommen, später zumeist der frühhumanistischen- und der Renaissancekapitalis. Vereinzelt lassen sich jedoch auch im 16. Jahrhundert noch Unzialformen als Versalien nachweisen.164) In einer Hausinschrift aus dem Jahr 1536 – ein Ausnahmefall – stehen Großbuchstaben aller drei Schrifttypen nebeneinander.165) Die jüngsten original überlieferten Minuskelinschriften aus der Mitte des 16. Jahrhunderts enthalten nur noch die der Renaissanceschrift entlehnten Versalien.166)

Die Großschreibung einzelner Wörter wird sehr unterschiedlich gehandhabt. Im 15. Jahrhundert sind, vermutlich noch unter dem Einfluß der Buchschrift, üblicherweise nur die Initialen der Inschriften als Versalien geschrieben.167) Das ändert sich im 16. Jahrhundert, wo die Versalien, wie in den Drucken aus entsprechender Zeit168), völlig willkürlich gesetzt werden. In einer Kelch-[Druckseite 28]-inschrift von 1512 sind neben einigen Substantiven (‚Fratres‘ ‚Anno‘) eine Präposition (‚AD‘) und ein Demonstrativpronomen (‚Isti‘) großgeschrieben; der Akk. Sg. ‚laudem‘ aus der gleichen Inschrift besteht aus vier großen und zwei kleinen Buchstaben (LAVDem).169) In der Folgezeit werden auch einzelne Verben, Konjunktionen, Adverbien und Numeralia mit Versalien geschrieben170), festere Regeln lassen sich jedoch dafür aus den erhaltenen Inschriften nicht ableiten.

Fraktur

Die Fraktur ist seit ihrer Übernahme aus der Buchschrift in die Inschriften um 1550 so gut wie ausschließlich für deutschsprachige Inschriften verwendet worden.171) Sie wurde, wie sich vor allem an den Grabinschriften verschiedener Städte in Süddeutschland (München, Nürnberg) zeigen läßt, in erster Linie die Schrift des Bürgertums und des niederen Klerus. Die höhere Geistlichkeit und die humanistisch Gebildeten wählten dagegen ganz überwiegend Renaissancekapitalis und humanistische Minuskel, was die Heidelberger Inschriften in sehr deutlicher Form dokumentieren.172)

In Göttingen und den Städten seiner näheren Umgebung sind nur auffallend wenige Frakturinschriften überliefert, so daß keine ausreichende Quellenbasis vorhanden ist, um die eben skizzierten Beobachtungen an der Überlieferung anderer Städte in entsprechender Weise durchzuführen. Fraktureinfluß zeigen in Göttingen zuerst einige Versalien einer Wandinschrift aus der Mitte des 16. Jahrhunderts in der Kirche in Nikolausberg.173) Die übrigen Beispiele stammen aus dem 17. Jahrhundert: Fünf Frakturinschriften sind zwischen 1607 und 1614 tradiert, eine weitere ist 1645 datiert.174) In vier dieser sechs Inschriften ist zudem neben Fraktur als Schrift Renaissancekapitalis verwendet; das jüngste Beispiel, das Bildepitaph für Theodor Berckelmann in der Johanniskirche aus dem Jahr 1645 (Nr. 180), enthält im Rahmen einer Kapitalinschrift als einziges in Frakturbuchstaben geschriebenes Wort den Familiennamen ‚Berckelman‘.

Die Gründe für diese geringe Überlieferung von Frakturinschriften, ein Merkmal, das in Niedersachsen nicht allein auf Göttingen zutrifft, lassen sich vorerst nicht einleuchtend klären. Man kann beträchtliche Verluste an Denkmälern während der Besetzungen im Dreißigjährigen- und Siebenjährigen Krieg in Rechnung stellen. Auch ist bekannt, darauf wurde bereits hingewiesen175), daß bei der Renovierung der Göttinger Kirchen gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine Anzahl von Grabsteinen zum Verkauf kam. Möglicherweise befanden sich unter ihnen auch Monumente mit Frakturinschriften. Diese Hinweise reichen jedoch zur Begründung nicht aus.

Eine befriedigende Erklärung ist vermutlich nur dann zu erlangen, wenn die Verwendung der Fraktur in Inschriften auf breiter Materialgrundlage für ganz Norddeutschland untersucht wird. Eine solche Untersuchung müßte von der Frage ausgehen, in welchem Umfang überhaupt die Inschriftenfraktur in den Gebieten nördlich des Mains Verbreitung gefunden hat. Schon eine erste Übersicht wird zeigen, daß die Vorkommen hier allgemein geringer und später datiert sind als in Süddeutschland, wo die Fraktur um die Mitte des 16. Jahrhunderts in die Monumentalschrift übernommen wird.176)

Nördlich des Mains lassen sie sich erst einige Jahrzehnte später nachweisen. Entsprechend der geringen Zahl von Inschriftenbearbeitungen, die bisher für die betreffenden Gebiete vorliegen, können hier vorerst nur wenige Beispiele angeführt werden, die dieses Bild bestätigen: In Fritzlar ist eine einzige Frakturinschrift von 1626 erhalten, die zudem ursprünglich nicht aus der Stadt stammt.177) Aus den Städten und Gemeinden der Umgebung Göttingens sind zu nennen das Epitaph für Melchior v. Uslar († 1574) in der Klosterkirche Reinhausen178), das Epitaph für Bodo v. Adelebsen († 1580) in der Martinskirche in Adelebsen179), ein 1594 für den Duderstädter Rat angefertigter Weinhumpen [Druckseite 29] und das Epitaph für Anna Dorothea Keidel († 1639), das an der südlichen Außenwand der St. Cyriacuskirche in Duderstadt befestigt ist. (siehe DI 66, Nr. 184, 197, 224, 372) In Naumburg setzt die Überlieferung der Inschriftenfraktur 1607 ein180), in den umliegenden Orten zehn Jahre später181); in Merseburg sind erst nach 1630 einige Frakturinschriften bezeugt.182)

Auf einen weiteren Gesichtspunkt ist in diesem Zusammenhang hinzuweisen. Es ist seit langem bekannt, daß Kaiser Maximilian an der Gestaltung der Fraktur als Drucktype großes Interesse gezeigt hat.183) Die Schriftproben für die in Fraktur gesetzten Drucke des Gebetbuchs (1513) und des ‚Teuerdank‘ (1517) wurden in der kaiserlichen Kanzlei entworfen.184) Von hier aus ist sicher ein gewichtiger Einfluß auf die umfangreiche Verwendung der Fraktur in den Inschriften Österreichs und Süddeutschlands ausgegangen. In welchem Maße dieser Einfluß der Kanzlei nach Norden gereicht hat, läßt sich mangels entsprechender Forschungen nicht sagen. Werner Doede kam in seiner Arbeit über die Frakturinitialen zu dem Schluß, daß die Schriftpflege in Norddeutschland im 16./17. Jahrhundert allgemein unbefriedigend gewesen sei.185) Dieses Urteil wäre bei einer entsprechenden Untersuchung über die Verbreitung der Fraktur erneut zu überprüfen.

Exkurs: Die Überlieferung in der Umgebung Göttingens

Abschließend sei, um für die Göttinger Inschriftentradition einen größeren Rahmen zu spannen, der Blick auf die Überlieferung in den Städten und Gemeinden der Umgebung gelenkt. Bereits aus dem Jahr 1183 ist in Odagsen (LK Einbeck) ein Tympanon als Überrest eines älteren Kirchenbaus überliefert, dessen gotische Majuskelinschrift etwa zu gleichen Teilen in Unzialen und Kapitalbuchstaben ausgeführt ist.185) Sonst setzt die Überlieferung der Majuskel im Umkreis Göttingens überwiegend in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ein, ohne daß sich dafür unter regionalem Gesichtspunkt eine von auffälligen Unterschieden bestimmte zeitliche Entwicklung ablesen ließe.

Aus der Liebfrauenkirche in Moringen (LK Northeim) ist eine Glockeninschrift in gotischer Majuskel von 1263 überliefert186), aus der Mündener St. Blasiuskirche eine solche von 1281.187) Bei den 1973 in dieser Kirche durchgeführten Grabungen fand man ein Grabsteinfragment mit einer Majuskelinschrift (nicht etwa „kursiv gestellte Antiquaschrift“), die in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts zu datieren ist.188) Das von Herzog Heinrich (mirabilis) von Grubenhagen für St. Alexander in Einbeck gestiftete Chorgestühl wurde nach seiner Majuskelinschrift 1288 fertiggestellt.189) Aus dem Jahr 1314 (?) stammt der in Eddigehausen (LK Göttingen) über dem Eingang der heutigen Kirche eingemauerte Wappenstein mit einer bereits deutschsprachigen Inschrift. Das E wird hier nebeneinander in kapitaler sowie offener und geschlossener unzialer Form verwendet. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 11). In Northeim ist die älteste Majuskelinschrift für 1317 bezeugt (Glocke in der Sixtuskirche)190). Über hundert Jahre später als in Göttingen ist in Duderstadt die erste entsprechende Inschrift sicher beglaubigt. Sie stand auf einer heute nicht mehr vorhandenen Glocke von 1367 in der St. Cyriacuskirche.191)

Frühhumanistische Kapitalis mit ihren bereits beschriebenen charakteristischen Merkmalen192) ist nur in Inschriften auf zwei Altären der Kirchen in Reinhausen (Jodokusschrein, 1507)193) und Hetjershausen (1509)194) sowie einem Kelch (Anfang 16. Jh.) (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 138) aus dem Besitz der Kirche in Harste (alle Orte [Druckseite 30] LK Göttingen) überliefert. Der Meister des Altars in Hetjershausen ist Berthold Kastrop, der auch die Altäre für die Martinskirche in Geismar (Nr. 57) und der Marienkirche in Göttingen (Nr. 87) angefertigt hat. In Hann. Münden und Duderstadt finden sich einzelne Buchstaben dieses Schrifttyps (D, E, H, N) in Kapitalinschriften des späteren 16. und frühen 17. Jahrhunderts.195) Ob in anderen Städten der Umgebung Göttingens, wie Northeim und Einbeck, die Frühkapitalis überliefert ist, muß bis zur Bearbeitung ihrer Inschriften offenbleiben.

Renaissancekapitalis ist im Umkreis Göttingens, urteilt man aufgrund der erhaltenen Denkmäler, nur allmählich in die Inschriften übernommen worden. Erst aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist eine größere Zahl entsprechender Zeugnisse überliefert.

Wie in der Stadt, so finden sich auch in ihrem Umkreis die frühen Beispiele in der Tafelmalerei. Hier sind an erster Stelle die Flügelaltäre der Kirchen in Reinhausen (1498, neben Minuskelinschriften)196) und Diemarden (um 1500)197) zu nennen. Die Buchstaben der Reinhäuser Inschrift zeigen in ihrem Duktus große Ähnlichkeiten mit der Kapitalisinschrift des 1499 datierten Altars aus der Geismarer Kirche (Nr. 57). Zwanzig Jahre später ist die Kapitalis auch in die Steindenkmäler übernommen worden. Als frühes Zeugnis sei dafür auf die Inschrift eines Wappensteins der Herren von Uslar-Gleichen aus dem Jahr 1520 verwiesen, der über dem Eingang der Kirche in Gelliehausen (LK Göttingen) eingemauert ist.198)

In Münden ist die älteste Kapitalisinschrift auf einer Hochwassermarke aus dem Jahr 1552 überliefert, die außen am sö. Chorstrebepfeiler der St. Blasiuskirche angebracht ist.199) Wenige Jahre später wird dieser Schrifttyp auch in die Hausinschriften übernommen.200)

Duderstadt hat die Renaissancekapitalis, wie auch die gotische Majuskel, mit deutlicher Verzögerung gegenüber Göttingen rezipiert. Das früheste sicher datierbare Beispiel bildet die Hausinschrift Obertorstr. 18 von 1588.

Wie in Göttingen, so ist auch in Hann. Münden die früheste gotische Minuskelinschrift bereits aus dem Jahr 1342 überliefert. Die beiden Inschriften sind nicht nur in der gleichen Schrift angefertigt, sondern stehen auch inhaltlich in einem gewissen Zusammenhang. Die Göttinger Inschrift enthält die Nachricht, daß Hermann Goldschmied 1342 (am 13. oder 20. Juli) bei einer Überflutung ertrunken ist (Nr. 5). Bei der Mündener Inschrift handelt es sich um eine Hochwassermarke am sö. Chorstrebepfeiler der Blasiuskirche. Sie berichtet von einer Überschwemmung der Werra und der Fulda in dem genannten Jahr 1342 und markiert den Wasserstand vom 23. Juni.201)

Weitere Minuskelinschriften finden sich auch in der Umgebung Göttingens erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Als Beispiele seien angeführt: Epitaph für Heinrich und Cyge von Weren in der Servatiuskirche in Duderstadt (1383)202), Taufbecken in der Kirche in Gimte (1392)203), Sarkophag für Herzog Otto d. Quaden in der Kirche des ehem. Klosters Wiebrechtshausen (1394)204), Bauinschrift am Chor der Duderstädter St. Cyriacuskirche (1394).205) In Einbeck sind die ältesten gotischen Minuskelinschriften auf dem Kronleuchter von 1420 in der St. Alexanderkirche erhalten.206)

Über die vorhandenen Frakturinschriften ist bereits gesprochen worden. So bleibt nur noch zu erwähnen, daß auf dem Epitaph für Bodo v. Adelebsen207) neben einer deutschen Frakturinschrift auch ein lateinische Inschrift in humanistischer Minuskel steht. Sie scheint – neben der Inschrift über dem Hauptportal des Mündener Rathauses („Pulcherrima virtutum est iustitia. Diligite Iustitiam qui iudicatis terram“. [1605]) – das einzige überlieferte Beispiel dieses Schrifttyps in Stadt und LK [Druckseite 31] Göttingen zu sein und rühmt die Verdienste („lapillus, Nobilium gemmas nobilis inter erat“), die sich Bodo als herzoglicher Statthalter in Celle erworben hat.

4. Der Personenkreis

Die Inschriften, in denen Personen genannt werden, sind für die Stadtgeschichte von besonderem Interesse, da ein großer Teil dieser Personen Ämter in Rat und Kirche besaß. Allerdings können die Inschriften wegen ihrer willkürlichen und unvollständigen Überlieferung nur im Zusammenhang mit dem vorhandenen Akten- und Urkundenbestand als Quellen ausgewertet werden. Vor diesem Hintergrund kommt ihnen jedoch durchaus ein individueller Wert zu, da sie in vielen Fällen nicht nur den Namen eines bestimmten Menschen mitteilen, sondern darüber hinaus Aussagen über die Person machen und Hinweise zu ihrer Biographie enthalten, die als Ergänzungen der Lokalhistorie Beachtung verdienen.

Übersicht: Adel, Rat, Geistlichkeit

Eine vollständige Liste der in den Inschriften erwähnten Namen enthält das Register. Dort sind auch bestimmte Berufsgruppen (Künstler, Erzgießer) und alle genannten Stände, Titel und Berufe gesondert verzeichnet. Die folgende Übersicht stellt die sozialen Schichten und Stände208) in den Mittelpunkt, die die Geschichte Göttingens bestimmt und das politische wie geistige Leben der Stadt vor der Gründung der Universität entscheidend geprägt haben. Das sind die Ratsherren als Vertreter des städtischen Bürgertums und die Geistlichen. Dazu werden die überlieferten Namen von Mitgliedern des Adels genannt. Schließlich sind die Personen aufgeführt, die zu diesen Gruppen in engerer Beziehung standen, wie beispielsweise Angehörige von Ratsfamilien, die selbst aber kein Ratsherrenamt innehatten.

Innerhalb der einzelnen Gruppierungen sind die Namen, entsprechend dem Inschriftenkatalog, chronologisch nach ihrem Vorkommen geordnet. Auf die Nummer der Inschrift folgt ihre Datierung. Bei den Geistlichen werden zusätzlich die eingenommenen Ämter mitgeteilt sowie die Klöster und Kirchen unterschieden, in denen sie tätig waren. Für alle Nachweise und Erläuterungen biographischer Art, die nicht an entsprechender Stelle gegeben sind, sei auf die Inschriftenkommentare verwiesen.

Hoher Adel

Nr. 13 (1390): Herzogin Elisabeth v. Braunschweig-Lüneburg (Gemahlin Hz. Ernsts I., 1318–1367)

Nr. 21 (E. 14. Jh.): Hz. Bruno v. Braunschweig-Lüneburg († 1306) (Sohn Hz. Albrechts d. Feisten, 1279–1318)

Nr. 143 (1601 [?]): Lg. Ludwig d. Ä. v. Hessen-Marburg (1567–1604); Lg. Georg I. v. Hessen-Darmstadt (1567–1596); Hg. Erich d. J. v. Braunschweig-Lüneburg (Linie Calenberg) (1540–1584); Hz. Julius v. Braunschweig-Lüneburg (Linie Wolfenbüttel) (1568–1589); Hz. Heinrich Julius v. Braunschweig-Lüneburg (Linie Wolfenbüttel) (1589–1613)

Nr. 153 (1613): Hz. Friedrich Ulrich v. Braunschweig-Lüneburg (Linie Wolfenbüttel) (1613–1634)

Nr. 166 (nach 1626): Johannes Graf v. Tilly

Landadel

Nr. 162 (1620/30): Hedwig v. Hardenberg, Friedrich Asche v. Hardenberg (= Hans Curt?) v. Hardenberg, Elisabeth Anna v. Hardenberg (Kinder Hans Christophs v. Hardenberg)

Nr. 165 (1626/27): Christoph v. Adelebsen

[Druckseite 32]

Ratsherren

Nr. 18 (2. H. 14. Jh.): Ludemann v. Nörten (Rauchwarenhändler), Ratsherr 1380/81, Kaufgildemeister 1374209)

Nr. 22 (um 1400): Hans v. Waake d. Ä., Ratsherr 1356–1374210)

Nr. 26 (14. Jh./A. 17. Jh.): Heinrich Helmoldt, Ratsherr 1600–1602, Kaufgildemeister 1598211), Immatrikulation in Helmstedt 1584212)

Nr. 32 (1409): Giseler v. Münden, Ratsherr 1384–1409, Bürgermeister 1400–1409, Kaufgildemeister 1385213)

Nr. 48 (1476): Johannes Oldendorf, Ratsherr 1456–1491, Bürgermeister 1484–1491, Kaufgildemeister 1463, 1475214)

Nr. 49 (1483): Giseler v. Münden, Ratsherr 1444–1483, Bürgermeister 1474–1483, Kaufgildemeister 1455215)

Nr. 87 (1524): Werner v. Esebeck, Ratsbeisitzer 1524, 1525, 1528216), zwischen 1517 und 1530 zehnmal Gildemeister der Wollenweber217), Ältermann an St. Marien

Nr. 92 (1536): Abel Bornemann (Bäcker), Ratsherr 1536–1540, 1543–1558, Kämmerer 1531, 1534, Vormund des Kreuzhospitals 1531218)

Nr. 101 (1549): Jürgen Haupt (Tuchmacher), Ratsherr 1533–1535, 1538–1542219), Kämmerer 1533220)

Nr. 112 (1564): Paul Reichhelm, Ratsherr 1550–1552, 1566/67, Bürgermeister 1567, Kaufgildemeister 1563–1565221), Kastenherr an St. Jakobi, Immatrikulation in Leipzig 1525

Nr. 112 (1564): Bartholomäus Dormann, Ratsherr 1575–1589, 1595–1597, Meister der Schneidergilde 1561–1574, Kastenherr an St. Jakobi

Nr. 112 (1564): Lorenz Helmbrecht, Ratsherr 1550–1553, 1554/55, Meister der Schradergilde 1557–1568, Kastenherr an St. Jakobi

Nr. 122 (1583): Hans Porssen, Ratsherr 1592–1594, Gildemeister der Bäcker 1591

Nr. 142 (um 1600): Hans Warnecken, Ratsherr 1604–1615

Nr. 150 (1608): Thomas Grothe, Ratsherr 1598–1611, 1626–1636

Nr. 157 (1616): Christoph Hoppe, Ratsherr 1597–1626, Kirchenvorsteher an St. Johannis

Nr. 157 (1616): Heinrich Weckenesel, Ratsherr 1611–1624, Kirchenvorsteher an St. Johannis

Nr. 157 (1616): Ludwig Helmoldt, Ratsherr 1613–1624, Kirchenvorsteher an St. Johannis

Nr. 158 (1616): Gabriel v. Schnehen, Ratsherr 1608–1628, 1632/33, Bürgermeister 1626/27, Kaufgildemeister 1600–1606222)

[Druckseite 33]

Nr. 161 (1620): Dr. Ludolph Henckel (Arzt), Ratsherr 1611–1626, Kastenherr an St. Jakobi, Immatrikulation in Herborn 1587, Studium in Padua 1594–1596

Nr. 161 (1620): Heinrich Helmoldt, Ratsherr 1611–1626, Kaufgildemeister 1614–1616223), Kastenherr an St. Jakobi, Immatrikulation in Helmstedt 1584

Nr. 161 (1620): Nikolaus Bachmann, Ratsherr 1611–1625, Kastenherr an St. Jakobi, Immatrikulation in Helmstedt 1579

Nr. 161 (1620): Justus Ludolph (Weinschenk), Ratsherr 1611–1626, Kastenherr an St. Jakobi

Nr. 176 (1643): Jacob Protten (Bäcker224)), Ratsherr 1636–1664, Kastenherr an St. Jakobi

Nr. 176 (1643): Andreas Clemme, Ratsherr 1645–1654, Kastenherr an St. Jakobi

Nr. 176 (1643): Gabriel Ruhmann, Ratsherr 1641–1651, Kastenherr an St. Jakobi

Nr. 176 (1643): Claus Eberwein, Ratsherr 1659–1666, Kastenherr an St. Jakobi

Nr. 177 (1644): Johann v. Dransfeld, Ratsherr 1636–1678, Immatrikulation in Leipzig 1623

Angehörige von Ratsfamilien, die selbst keinen Ratssitz innehatten

Nr. 39 (1431): Vitus v. Rode, Dr. iur. utr.

Nr. 120 (1573): Hans Weckenesel, Fähnrich im schwedischen Heer

Nr. 125 (1592): Hans Hardegen, Knochenhauer

Nr. 148 (1607/08): Arnoldt Schwert

Nr. 149 (1607/08): Daniel Henckel

Personen, deren Nachkommen die Ratsfähigkeit erlangten

Nr. 5 (1342): Hermann Goldschmied

Nr. 19 (2. H. 14. Jh.): Heiso v. Esebeck

Nr. 34 (1419): Berthold Helmoldt

Nr. 37 (1423/1427): Tilemann Speckbotel

Nr. 59 (1499): Tile Heisen/ANM

Geistlichkeit

Bischöfe

Nr. 50 (1484 [?]): Berthold v. Oberg, seit 1468 Titularbischof von Banados, Berthold war Dominikaner und wurde in der Kirche des Göttinger Konvents (Paulinerkirche) bestattet.

Äbte, Guardiane, Priore, Priorinnen, Pröpste

Zisterzienserinnenkloster Mariengarten:

Nr. 15 (1399): Detmar Medebecke, Propst 1397–1419

Franziskanerkloster Göttingen:

Nr. 38 (1424): Luthelm, Guardian

Dominikanerkloster Göttingen:

Nr. 56/83 (1499/1512): Johannes Piper, Prior

Augustinerinnenkloster Weende:

Nr. 45 (1461): Johannes Leisenrode, Propst 1456–1487

Nr. 45 (1461): Hedwig vom Hagen, Priorin ca. 1456/57–1463

Nr. 90 (1532): Johannes Fermissen, Propst 1511–1531

Nr. 109 (1554): Anna v. Reden, Domina 1508–1554

Zisterzienserkloster Walkenried:

Nr. 115 (1567): Jacobus, Abt 1564–1567

[Druckseite 34]

Weitere Ordensangehörige

Franziskanerkloster Göttingen:

Nr. 38 (1424): Heinrich Duderstadt, ‚frater‘

Ausgustinerinnenkloster Weende:

Nr. 45 (1461): Anne Olleken, ‚ministrix‘ (Priorin 1463–1495)

Dominikanerkloster Göttingen:

Nr. 83 (1512): Heinrich Piper, Lektor

Pfarrer der Göttinger Stadtkirchen

St. Albanikirche:

Nr. 11 (nach 1386): Berthold v. Mackenrode, Offizial des Nörtener Chorherrenstifts St. Peter († um 1390)

Nr. 59 (1499): Johann Czipollen, Kanzler Hz. Wilhelms d. J. (Pfarramt unsicher)

Nr. 154 (1614): Dietrich Düvel (1558–1614)

St. Jakobikirche:

Nr. 44 (1456): Helmbert Jesemann

Nr. 81 (1508): Georg Giseler, Dr. iur.

Nr. 112 (1564): Johann Uthlo (1553–1593)

Nr. 161 (1620): Christoph Losse (1610–1626)

Nr. 174/176 (1640/1643): Johannes Hilgard (1627–1665)

St. Johanniskirche:

Nr. 85 (1521): Heinrich Mecke

Nr. 128/130 (1597/1600): M. Theodosius Fabricius, Pastor primarius (1590–1597), Superintendent, Professor am Pädagogium

Nr. 159 (1618): M. Henning Tegtmeier, Pastor primarius (1610–1618), Generalsuperintendent, Professor am Pädagogium

Nr. 163 (1621): M. Friedrich Sengebähr, Pastor primarius (1619–1621), Generalsuperintendent, Professor am Pädagogium

Nr. 164 (1626): M. Justus Großcurd, Pastor primarius (1622–1626), Generalsuperintendent, Professor am Pädagogium

Nr. 179/180 (1645): D. Theodor Berckelmann, Pastor primarius (1630–1645), Generalsuperintendent, Professor am Pädagogium, Abt von Amelungsborn (früher Professor an der Universität Helmstedt)

St. Nikolaikirche:

Nr. 47 (1474): Heinrich Balistarius

Nr. 139 (1600): Zacharias Kempe (1582–1600)

Hospitäler St. Bartholomäus, St. Crucis und St. Georg:

Nr. 151 (1611): Isaac Wucherpfennig (ca. 1591/92–1626)

Pfarrer an Kirchen anderer Orte

Nikolausberg

Nr. 73 (um 1500): Johannes Voß

[Druckseite 35]

Northeim, Katlenburg, Gandersheim

Nr. 121 (1580 [?]): Matthias Caselius, 1531 Rektor der Göttinger Schule, 1540 Kaplan an St. Sixtus in Northeim, 1541–1543 Pfarrer in Katlenburg225), 1543 Superintendent in Gandersheim226)

Seulingen

Nr. 170 (1636): M. Liborius Heinicke (Pfarramt unsicher)

Bühle

Nr. 176 (1643): Johann Heinrich Bielstein (1634–1668)

Hannover

Nr. 181 (1645): D. Paul Müller, Pfarrer an der Schloßkirche (1636–1642)227), gleichzeitig Superintendens generalissimus von Calenberg-Göttingen228)

Grone

Nr. 186 (um 1650): Johann Philipp Rosenbach, Pfarrer an der St. Petrikirche (1628–1669)

Pädagogiarchen

Nr. 124 (1591): Heinrich Petreus, Dr. iur. utr., Pädagogiarch 1586–1591, später hzgl. Hof- und Kirchenrat sowie Schulinspektor

Nr. 182 (1645): Georg Andreas Fabricius, Pädagogiarch 1612–1626, 1633–1645

Die Übersicht zeigt, daß der um Göttingen ansässige und begüterte Adel in den Inschriften mit nur sehr wenigen Namen vertreten ist. Einige der alten Ratsfamilien, die, wie die Giseler v. Münden, auch in Inschriften des 15. Jahrhunderts bezeugt sind229), stammen vermutlich ursprünglich aus dem Adel230), genauere Untersuchungen liegen zu dieser Frage jedoch noch nicht vor.231) Im späten Mittelalter waren sie aber bereits seit Jahrhunderten als Bürger fest in die Stadt integriert; in deren Umgebung besaßen sie zwar Ländereien, ihre Haupterwerbsquelle fanden sie gleichwohl in der Stadt, wo sie zumeist dem Kaufmannsberuf nachgingen. Ob man diese Familien als Stadtadel bezeichnen kann, sei dahingestellt.

Im Gegensatz zum Adel lassen sich viele Angehörige von Familien aus dem gehobenen städtischen Bürgertum232) nachweisen, unter denen wiederum Ratsherren als Inhaber der städtischen Ämter hervortreten. Neben den Ratsherren stehen als bedeutende Gruppe die Geistlichen, deren Namen in erster Linie durch Grabinschriften überliefert sind. Sie haben im Leben der Stadt eine wichtige Rolle gespielt und besonders seit dem späten 16. Jahrhundert als Super- und Generalsuperintendenten233) sowie als Professoren des Pädagogiums hohes Ansehen erreicht.

Interpretiert man dieses Erscheinungsbild der Inschriften im Hinblick auf die historischen Begebenheiten, so kann man nicht davon ausgehen, daß sich aus einem numerischen Vergleich der ver-[Druckseite 36]-schiedenen Stände auch ihr genaues Gewicht an politischem Einfluß ablesen läßt. Es zeigt sich jedoch, daß die zahlenmäßig unterschiedliche Nennung der betreffenden Personen in den Inschriften einige wesentliche Züge der politischen und sozialen Struktur Göttingens während des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit widerspiegelt. Sie sollen jetzt kurz beschrieben werden.

Adel

Der nur selten bezeugte Landadel hat in der Geschichte der Stadt, soweit die Quellen darüber Auskunft geben, politisch lediglich eine untergeordnete Rolle gespielt. Einige Familien unterhielten Beziehungen zu den ansässigen geistlichen Orden, wie die Stifterwappen auf dem Altar der ehem. Franziskanerkirche (Nr. 38) zeigen; andere besaßen Sepulturen in den städtischen Kirchen, wie die Hardenberger in St. Jakobi, wo ein von der Familie gestiftetes Fenster Wappen und Namen mehrerer Angehöriger ihres Geschlechts trug (Nr. 162). Eher zufällig erscheint dagegen die Nennung Christophs v. Adelebsen in einer Grabinschrift der Johanniskirche. Christoph flüchtete 1626 vor Tillys Heer in die Stadt und erlag der Pest, die während der Belagerung durch die kaiserlichen Truppen im Sommer dieses Jahres Göttingen heimsuchte.234) Ob er zur Johanniskirche besondere Verbindungen hatte, läßt sich nicht sagen.

Wie der Adel, so stand auch der Landesherr dem seit Ende des 13. Jahrhunderts in Göttingen ansässigen Franziskanerkonvent235) nahe. Im Chorraum der Klosterkirche wurden Herzog Bruno († 1306)236), ein Sohn Albrechts d. Feisten, und Herzogin Elisabeth († 1390)237), die Gemahlin Herzog Ernsts I., bestattet. Es sind die einzigen Grabdenkmäler für Angehörige des Herzogshauses, die in Göttingen überliefert sind.238) Der Einfluß des Landesherrn auf städtische Politik und Verfassung war bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts äußerst gering. Der Rat hatte seit dem 14. Jahrhundert mit Hilfe der ihm durch wirtschaftliche Blüte allmählich zuwachsenden politischen Macht verstanden, die landesherrlichen Privilegien Stück für Stück in eigene Verfügungsgewalt zu bekommen.239) Auch militärisch war die Stadt überlegen. Sichtbar wurde diese Überlegenheit durch den Sieg in der bekannten Fehde über Herzog Otto d. Quaden im Jahr 1387240); symbolisch kam sie in der Zerstörung der herzoglichen Burg innerhalb der Stadtmauern während der Auseinandersetzung zum Ausdruck.241) Für geraume Zeit konnte Göttingen nach diesem Krieg seine Belange in eigener Verantwortlichkeit regeln.

Erst im Verlauf des 16. und vor allem des 17. Jahrhunderts änderten sich die Machtverhältnisse grundlegend. Durch die ungeordnete Finanzpraxis wurde die Stadt wirtschaftlich ruiniert.242) Die 1513/14 entstandenen und während der folgenden Jahrzehnte immer wieder aufbrechenden Auseinandersetzungen zwischen Handwerkergilden und Ratspartei führten allmählich zu politischer Handlungsunfähigkeit. Demgegenüber konnte der Landesherr seine gefestigte Herrschaft zur Geltung bringen und die Stadt schließlich zur vollen Anerkennung seiner Souveränität zwingen. Den Endpunkt dieser Entwicklung setzte 1611 ein Dekret Herzog Heinrich Julius‘, das die rechtmäßige Einsetzung des Rats von der Bestätigung seiner Mitglieder durch den Landesherrn abhängig machte.243) Als Herzog Friedrich Ulrich 1613 zur Huldigung nach Göttingen kam, wurde ihm ein Porträt seiner Person überreicht. Die Inschrift auf dem nicht erhaltenen Bild besagte, daß die Stadt Göttingen sich „pflichtgetreu und demütig unter den Schutz des hochberühmten und sehr mächtigen Fürsten und Herrn, Herrn Friedrich Ulrich, Herzog von Braunschweig und Lüneburg, gestellt hat.“244) Auch wenn [Druckseite 37] man die höfische Etikette dieses Textes berücksichtigt, so bleibt er doch ein deutliches Zeichen für den eben skizzierten Prozeß der Machtverschiebung zwischen Stadt und Landesherrn. Noch ein knappes Jahrhundert zuvor hatte Erich I. infolge seiner schwachen Position die während der Reformationswirren von einem Teil der Bürgerschaft begangene Plünderung und Verwüstung der unter seinem Patronat stehenden Kirchen ungestraft geschehen lassen müssen.245)

Ratsherren

Vor dem Eingriff des Landesherrn in die Verfassung Göttingens wurden dessen Geschicke vom Rat gelenkt. In der Zeit von der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bis zum Jahr 1644 sind in den Göttinger Inschriften 27 Ratsherren und ein Ratsbeisitzer genannt.246) Die wichtigsten Voraussetzungen für die Ratsfähigkeit waren Ansehen und Vermögen.247) Die besten Bedingungen zum Erwerb von Kapital und somit der Ratsfähigkeit besaßen die Kaufleute. Ihr Reichtum bedingte neben der Reputation ihrer Familien den Einfluß, den sie in der Stadt ausüben konnten.248) Bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts waren sämtliche Ratsherren Kaufleute oder – das gilt für die vermögenden Handwerker – gehörten zumindest der Kaufgilde an. Die bis 1500 in den entsprechenden Inschriften erwähnten Personen bekleideten bis auf Hans v. Waake d. Ä. (Nr. 22) alle zu einem bestimmten Zeitpunkt das Amt des Kaufgildemeisters, bei dem an erster Stelle in der Übersicht über die Ratsherren aufgeführten Ludemann v. Nörten ließ sich darüber hinaus die ausgeübte Tätigkeit (Rauchwarenhändler) ermitteln.249) Die in zwei Inschriften der Jahre 1409 und 1483 genannte Familie Giseler v. Münden250) gehörte zu den ältesten und angesehensten Göttinger Geschlechtern und hat bis zur Reformation die Politik des Rats entscheidend mitbestimmt.251)

Der Wohlstand der hier vertretenen Familien zeigt sich in ihren Stiftungen. Ludemann v. Nörten (Nr. 18) und Hans v. Waake d. Ä. (Nr. 22) schenkten der Jakobikirche und der Johanniskirche vergoldete Kelche. Der reiche Kaufmann Johannes Oldendorf (Nr. 48) verfügte in seinem Testament die Anfertigung von drei Steinplastiken mit religiösen Motiven, die zur Bitte um Gottes Gnade vor den Toren der Stadt aufgestellt werden sollten.252)

Die alleinige Ratsherrschaft der Kaufgilde wurde zu Beginn des 16. Jahrhunderts gebrochen. Im Jahre 1513/14 kam es in Folge hoher Verschuldung, in die die Stadt durch finanzielle Mißwirtschaft geraten war, zu einem Aufstand der Handwerkergilden.253) Der bisherige Rat wurde seiner Funktionen enthoben und durch Angehörige der Gilden ersetzt. Zwar konnten die alten Ratsherren bereits 1515 aufgrund einer Intervention Herzog Erichs I. wieder in ihre Ämter zurückkehren, doch blieben auch die neugewählten Ratsherren aus dem Handwerkerstand Mitglieder dieses Gremiums254), so daß von nun an eine breitere Schicht der Einwohnerschaft durch ihre Vertreter in den Ämtern repräsentiert war.255) Dieser Prozeß setzte sich im Verlauf der folgenden Jahrzehnte fort. In den unruhigen Jahren nach Einführung der Reformation 1529 sowie durch die Wahlordnung von 1543, nach der dem alten Rat nur noch die Möglichkeit blieb, aus 13 ihm durch die Gilden vorgeschlagenen Kandidaten 12 für den neuen Rat auszuwählen, gelang vielen Familien, die bisher nicht beteiligt waren, der Zugang zum Stadtregiment.256)

[Druckseite 38]

Die hier beschriebene Entwicklung läßt sich in einzelnen Zügen an den Inschriften verfolgen, die nach 1520 eine Reihe von Ratsherren aufführen, deren Wahl erst durch die politischen Veränderungen des frühen 16. Jahrhunderts möglich wurde. In einer verlorenen Inschrift des 1524 fertiggestellten Altars der Marienkirche (Nr. 87) wird als Ältermann der Wollenweber Werner v. Esebeck genannt, der 1524, 1525 und 1528 als einer der Ratsbeisitzer die Aufgabe der Finanzüberwachung versah. Er verdankte diesen Aufstieg, der wegen des geringen sozialen Ansehens der Wollenweber257) umso bemerkenswerter ist, vermutlich einer gewichtigen Stellung in der Gilde, bei der er zwischen 1517 und 1530 zehnmal das Meisteramt innehatte. Im Jahr 1536 baute – nach dem Zeugnis der Inschrift – der Bäcker Abel Bornemann sein Haus in der Barfüßerstraße (Nr. 92), der im gleichen Jahr in den Rat gewählt wurde. Die Inschrift am Haus Weenderstr. 62 (Nr. 101) nennt als Bauherrn Jürgen Haupt, der von Beruf Tuchmacher war und 1533–1535 sowie 1538–1542 dem Rat angehörte. Andere Familien, die nach 1514 die Ratsfähigkeit erlangten und in den Inschriften genannt werden, sind die Helmbrecht (Nr. 112), Weckenesel (Nr. 157), Henckel (Nr. 161), Ludolph (Nr. 161) und v. Dransfeld (Nr. 177).258)

Es wäre jedoch ein Trugschluß, wenn man die Erweiterung des Kreises der Ratsfamilien nach 1514 als Revolution259) oder Demokratisierung bezeichnen würde. Denn auch nachdem die Gilden am städtischen Regiment beiteiligt waren und seine Beschlüsse mehr und mehr bestimmten, wurden gesellschaftliche Ordnung und Ratsverfassung in keinem wesentlichen Punkt geändert, und diejenigen Einwohner, die nicht zu den Handwerkergilden gehörten (die Meinheit), blieben von der politischen Mitwirkung so gut wie ausgeschlossen.260) Die ‚Zunftunruhen‘ in Göttingen und anderen norddeutschen Städten hatten einen durchaus konservativen Charakter. Es ging den Gilden um Beteiligung am Stadtregiment, nicht aber um eine grundlegende Änderung der Ratsverfassung.261) Die Voraussetzungen für die Ratsfähigkeit wurden zwar modifiziert, gleichwohl konnte auch jetzt lediglich ein begrenzter Teil der Bürgerschaft diese Bedingungen erfüllen. Neben Kapital und Ansehen galten nun als qualifizierte Merkmale beispielsweise die Ausübung des Gildemeisteramts und, seit der Reformation, die Übernahme von Laienämtern in der Kirche. Dazu trat gegen Ende des 16. Jahrhundert in wachsendem Maße die akademische Ausbildung.

Die Inschriften bieten dafür anschauliche Beispiele.

In einer Glockeninschrift von 1564 werden unter den Kastenherren der Jakobikirche Paul Reichhelm und Bartholomäus Dormann genannt (Nr. 112). Reichhelm hatte bereits 1550–1552 im Rat gesessen; von 1563 bis 1565 war er Kaufgildemeister, 1566 wurde er erneut Ratsherr und 1567 Bürgermeister. Er ist das erste unter den inschriftlich erwähnten Ratsmitgliedern, für das sich ein Studium nachweisen läßt. Bartholomäus Dormann war 1561–1574 Meister der Schneidergilde, 1575 zog er in den Rat ein. Gabriel v. Schnehen (Nr. 158) war 1600–1606 Kaufgildemeister, 1608 wurde er zum ersten Mal in den Rat gewählt.261) Ratsherren und zugleich Kirchenvorsteher waren die auf einer Glocke der Johanniskirche aus dem Jahr 1616 genannten Christoph Hoppe, Heinrich Weckenesel und Ludwig Helmoldt (Nr. 157); die gleiche Ämterverquickung gilt für die auf einer Tafel an der früheren Orgel der Jakobikirche erwähnten Kastenherren (Nr. 161). Seit Einführung der Reformation waren das uneingeschränkte Bekenntnis zum protestantischen Glauben und die Bereitschaft, Pflichten in dieser Kirche zu übernehmen, geradezu Voraussetzungen, um das Ratsherrenamt zu erlangen.262) Ein letztes Beispiel sei in diesem Zusammenhang angeführt. Im Jahr 1643 erhielt die Jakobikirche einen neuen Taufstein (Nr. 176). Unter den Kastenherren, deren Namen auf der Außenseite des Beckens stehen, werden auch Andreas Clemme und Claus Eberwein aufgeführt. Clemme, der erst 1642 nach Göttingen gezogen war263), wurde bereits drei Jahre später in den Rat gewählt, Eberwein gelang der Aufstieg schließlich 1659.

[Druckseite 39]

Obwohl ihre politische Macht eingeschränkt worden war, hatte sich die Kaufgilde ihr Ansehen bewahren können. Viele Handwerker, die es zu Besitz gebracht hatten, traten in sie ein, wie es der oben bereits erwähnte Abel Bornemann 1537 tat, im Jahr nach dem Antritt seines Ratsherrenamts.264) Auch in späterer Zeit gehörte ihr eine beträchtliche Zahl der Ratsherren an. In Inschriften aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts sowie aus den Jahren 1616 und 1620 werden verschiedene Angehörige der Familie Helmoldt erwähnt265), die zu den alten Göttinger Kaufmannsfamilien und Ratsgeschlechtern zählt.266) Ebenfalls Mitglied der Kaufgilde war der in einer Wappeninschrift des Jahres 1616 genannte Gabriel v. Schnehen (Nr. 158), Sproß einer Familie, die angeblich aus ‚niedersächsischem Uradel‘ abstammt.267) Ein gewisses Vermögen und tradiertes Ansehen waren für den Zugang zu den Ämtern noch immer unerläßliche Voraussetzungen, was den alten Familien sichtlich zugute kam.268)

Als 1611 durch Verordnung Herzog Heinrich Julius‘ der ‚Senatus perpetuus‘ konstituiert wurde, galt materielle Unabhängigkeit sogar als ‚conditio sine qua non‘ für den künftigen Ratsherrn. Allerdings sollte durch die damals vorgenommene Änderung der städtischen Verfassung grundsätzlich allen Befähigten die Wahl in den Rat ermöglicht werden.269) Diese Absicht ist vermutlich der Grund dafür, daß sich in dem 1611 gebildeten Ratsgremium gegenüber früher eine deutliche Zunahme von Ratsherren mit Universitätsausbildung feststellen läßt. Von den 24 in dem betreffenden Jahr vorgeschlagenen Ratsherren, die der Landesherr bestätigen mußte, lassen sich 19 namentlich nachweisen; von diesen 19 hatten 9 ein Studium absolviert.270) Drei von ihnen – Dr. Ludolph Henckel, Heinrich Helmoldt und Nikolaus Bachmann – sind gemeinsam als Kastenherren in der Bauinschrift an der alten Orgel der Jakobikirche genannt (Nr. 161).

Im Zusammenhang mit den Ratsherren sind die Bürger zu sehen, die zwar selbst nicht im Rat saßen, aber – wie Vitus v. Rode (Nr. 39)271) und Hans Weckenesel (Nr. 120)272) – Ratsfamilien angehörten273), oder deren Söhne Ratsherren wurden. Zur letzten Gruppe gehört der in der Inschrift am Kruzifix auf dem Turm der Albanikirche bezeugte Hermann Goldschmied.274) Über ihn selbst ist nichts bekannt, sein Sohn Hans war 1359–1389 Ratsherr, seit 1385 Bürgermeister.275) Das gleiche Verhältnis gilt für Tilemann Speckbotel (Nr. 37) und seine Söhne Hans und Berthold, die beide in den Rat gewählt wurden.276) Seit 1451 war die Familie Helmoldt ratsfähig277); ein Berthold Helmoldt („filius Bartoldj“) wird bereits in einer Inschrift von 1419 genannt.278)

Geistlichkeit

Neben den Ratsherren erwähnen die Inschriften vor allem Geistliche. Der höhere und mittlere Klerus ist durch Berthold v. Oberg, Titularbischof von Banados (Nr. 50), Abt Jacobus von Walken-[Druckseite 40]-ried (Nr. 115) und einige weitere Klostervorsteher vertreten.279) Berthold v. Oberg lebte seit dem Rücktritt von seinem Amt im Göttinger Dominikanerkloster und wurde nach seinem Tod in der Paulinerkirche bestattet. Abt Jacobus dagegen mußte sein Kloster 1565 wegen interner politischer Auseinandersetzungen verlassen, begab sich nach Göttingen, wo der Walkenrieder Konvent Besitzungen hatte, und starb, wie die Inschrift sagt, „hic exsvlans“. Seine Grabstätte befand sich in der Johanniskirche.

In größerer Zahl werden die Namen von Pfarrern der Göttinger Stadtkirchen überliefert. Bis zur Reformation 1529 – im Fall des Weender Augustinerinnenklosters noch über diesen Zeitpunkt hinaus280) – finden sich auch Angehörige der ansässigen Orden. So bittet eine Inschrift auf dem Altar der ehem. Franziskanerkirche um ein Gebet für Luthelmus, der damals (1424) Guardian des Klosters war (Nr. 38). Zu seiner Person ist sonst nichts bekannt. Etwas genauer unterrichten zwei Inschriften über den Dominikaner Johannes Piper. Auf dem von Hans Raphon 1499 fertiggestellten Altar für die Paulinerkirche wird er Prior und Lektor genannt (Nr. 56); ein im Jahr 1512 von ihm und seinem Bruder Heinrich gemeinsam gestifteten Kelch, der sich jetzt im Besitz der Jakobikirche befindet, bestätigt in seiner Inschrift die Zugehörigkeit zum Predigerorden (Nr. 83). Nach der Überlieferung bei Lubecus soll Piper ein gelehrter Mann gewesen sein.281)

Auch zur Biographie der Pfarrer an den Göttinger Kirchen, die in Inschriften aus vorreformatorischer Zeit erwähnt werden, läßt sich nur wenig mitteilen. Berthold v. Mackenrode († nach 1386) war Pfarrer an St. Albani und Offizial des Nörtener Chorherrenstifts St. Peter (Nr. 11). Der in einer Inschrift des 1499 datierten Altars der Albanikirche genannte Johann Czipollen hatte vielleicht ein Pfarramt an dieser Kirche und diente Herzog Wilhelm d. J. († 1503) als Kanzler (Nr. 59). Georg Giseler († 1508) war Pfarrer an der Jakobikirche und gleichzeitig Jurist. Als Doktor der Rechte führte er auch Verhandlungen für den Rat in politischen Angelegenheiten (Nr. 81).

Bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts kann lediglich in einigen Fällen die Herkunft der Geistlichen ermittelt werden. Der zuletzt genannte Georg Giseler gehörte der bekannten Göttinger Ratsfamilie an.282) Bischof Berthold v. Oberg war ein Sproß des alten Ministerialengeschlechts gleichen Namens. Die Priorinnen des Weender Klosters Hedwig vom Hagen (Nr. 45) und Anna v. Reden (Nr. 109) kamen aus niedersächsischen Adels- oder Ministerialenfamilien.283) Ob einige der in vorreformatorischer Zeit inschriftlich erwähnten Pfarrer aus Familien des Handwerkerstandes stammten, läßt sich nicht nachweisen.284)

Besser unterrichtet über die Geistlichen sind wir in Göttingen erst seit dem späten 16. Jahrhundert. Leichenpredigten und Grabinschriften tragen hier erheblich zur Kenntnis bei, da sie Mitteilungen über das Leben der Verstorbenen an einer Stelle zusammenfassen, die sonst nur in verstreuten Quellen zu finden sind. So enthalten die Inschriften vor allem seit dem 17. Jahrhundert häufig die gesamte durchschrittene Ämterlaufbahn, wie das beispielsweise die Texte auf den Grabsteinen der Generalsuperintendenten Henning Tegtmeier (Nr. 159), Justus Großcurd (Nr. 164) und Theodor Berckelmann (Nr. 179, 180) dokumentieren.

Auch die Herkunft der Geistlichen läßt sich seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert sehr viel häufiger nachweisen. Der Superintendent Theodosius Fabricius war Sohn eines Pfarrers285); ebenfalls aus Pfarrhäusern stammten die Generalsuperintendenten Friedrich Sengebähr (Nr. 163) und Justus Großcurd (Nr. 164)286). Ratsherren waren die Väter von Zacharias Kempe (Nr. 139)287) und Theodor [Druckseite 41] Berckelmann (Nr. 179)288). Henning Tegtmeier (Nr. 159) dagegen war der Sohn eines Klosterverwalters in Riddagshausen.289)

In den Jahren unmittelbar nach Einführung der Reformation hatten – aus Mangel an geeigneten Predigern – viele ehemalige Handwerker ein Pfarramt versehen.290) Das war jedoch nur eine vorübergehende Erscheinung.291) Da sich in den Pfarrfamilien, wie auch die oben gegebenen genealogischen Hinweise zeigen, in verhältnismäßig kurzer Zeit eine Berufstradition bildete, konnte sich der Stand bald konsolidieren.292) Die im Verlauf des 16. Jahrhunderts für protestantische Pfarrer im Grundsatz eingeführte Studienpflicht293) hat zudem die Ausbildung der Geistlichen erheblich verbessert294) und damit auch ihr soziales Ansehen, zumindest in der Stadt, nachhaltig gefördert.295) Die in den Göttinger Inschriften des späten 16. und des 17. Jahrhunderts genannten Pfarrer gehörten zweifellos zur städtischen Oberschicht.296) Ihr sozialer Status läßt sich schon an ihren Heiraten erkennen. Theodor Berckelmanns Frau Sophia Meerdorf, sie wird in seiner Grabinschrift genannt (Nr. 179), war eine Tochter des Braunschweig-Lüneburgischen Hausmarschalls Heinrich Meerdorf in Celle.297) Friedrich Sengebähr (Nr. 163) war mit der Tochter des Abts Petrus Gibelius von Kloster Mariental (bei Helmstedt)298) verheiratet299), Justus Großcurd (Nr. 164) mit der Witwe des Superintendenten Tonarius in Dransfeld.300)

Dazu kam, daß diese Geistlichen nun ein Studium absolviert hatten. Als Universitätsstadt wurde von den Göttinger Predigern neben Wittenberg Helmstedt bevorzugt, dessen Hochschule für die welfischen Fürstentümer im 17. Jahrhundert außerordentliche Bedeutung gewann.301) In Wittenberg waren Theodosius Fabricius (Nr. 128), Isaac Wucherpfennig (Nr. 151) und Friedrich Sengebähr [Druckseite 42] (Nr. 163) immatrikuliert, in Helmstedt Henning Tegtmeier (Nr. 159), Justus Großcurd (Nr. 164) und Theodor Berckelmann (Nr. 179). Zacharias Kempe (Nr. 139) hatte die Erfurter Universität besucht.302)

Durch das Studium waren die Geistlichen auch befähigt, die Schulerziehung der Göttinger Jugend erheblich zu fördern. Im Jahr 1586 hatte Herzog Julius in Göttingen ein neues Pädagogium gegründet, um die Vorbildung der künftigen Studenten der Landesuniversität Helmstedt zu verbessern.303) Das Gewicht, das man dem Unternehmen von Anfang an beimaß, läßt sich an der Berufung des berühmten Heinrich Petreus304) zum ersten Pädagogiarchen ablesen. Einige der Pastoren, vor allem der jeweilige Pastor primarius an St. Johannis, erhielten hier Professuren und erlangten somit einflußreiche Stellungen in dieser Lehranstalt, die sich bald eines hohen Ansehens erfreute.305) Die Geistlichen haben dazu sicherlich beigetragen. Sie besaßen nicht nur eine weitgefaßte Lehrbefugnis306) – Theodosius Fabricius unterrichtete Theologie, Philosophie, Rhetorik, Geschichte, Astronomie, Geometrie und Physik307) –, sondern waren auch wissenschaftlich tätig308) und nahmen an der theologischen Diskussion ihrer Zeit Anteil, wie beispielsweise an der Auseinandersetzung um die ramistische Philosophie, die unter den Professoren des Pädagogiums viele Anhänger gefunden hatte.309)

Dies alles, die verschiedenen Ämter und die Wirksamkeit, die sie in ihnen entfaltete, hat den Geistlichen zu Bedeutung und Anerkennung verholfen. Die Grabinschriften bringen ihre Wertschätzung panegyrisch zum Ausdruck. Das hier entworfene Idealbild enthält mit dem Ruhm der Toten als Vorbild der Lebenden und dem Lob ihrer Tugenden310) Topoi, für die gerade die Inschriften seit der späten Antike eine Fülle von Beispielen bieten.311) Solche Denkmuster zeigen den Einfluß der literarischen Tradition und bedingen eine Distanzierung im Hinblick auf den Wahrheitsgehalt dieser Texte als historische Quellen. Gleichwohl kann man davon ausgehen, daß sie nicht geradezu im Gegensatz zu den tatsächlichen Gegebenheiten stehen.

Zitationshinweis:

DI 19, Stadt Göttingen, Einleitung (Werner Arnold), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di019g001e009.

  1. Die Inschriften der Stadt Mainz, ges. u. bearb. von Fritz V. Arens aufgrund der Vorarbeiten von Konrad F. Bauer (DI II), Stuttgart 1958. Die Inschriften der Stadt und des Landkreises München, ges. u. bearb. von Rudolf M. Kloos (DI V), Stuttgart 1958. Die Inschriften der Nürnberger Friedhöfe St. Johannis, St. Rochus und Wöhrd, ges. u. bearb. von Peter Zahn (DI XIII), München 1972. »
  2. Die Inschriften der Stadt und des Landkreises Heidelberg, ges. u. bearb. von Renate Neumüllers-Klauser (DI XII), Stuttgart 1970. »
  3. Mit dem Begriff ‚Inschriftträger‘ werden ohne weitere Differenzierung alle Gegenstände bezeichnet, auf denen Inschriften überliefert sind. »
  4. Die Inschriften des Landkreises Naumburg a. d. Saale, ges. u. bearb. von Ernst Schubert (DI IX), Berlin, Stuttgart 1965, S. VII; ähnlich argumentiert Klaus A. Maier, Die Inschriften des Landkreises Saulgau, Phil. Diss. Tübingen 1970, S. XVI. »
  5. Vgl. dazu die Erläuterungen S. 9. »
  6. Einen sehr informationsreichen Überblick über das deutsche Inschriftenunternehmen gibt Rudolf M. Kloos, Die deutschen Inschriften, in: Studi Medievali, XIV, I (1973) 335–362; die Richtlinien der Münchener Inschriftenkommission, die für das gesamte Unternehmen als Vorbild dienen, sind dort als Beispiel S. 356ff. erläutert. »
  7. Vgl. zur Begründung R. M. Kloos, Die deutschen Inschriften 351. »
  8. Die Baugeschichte der Kirchen (St. Johannis, St. Jakobi, St. Albani, St. Nikolai und St. Marien) braucht hier nicht referiert zu werden, da sie in der einschlägigen Literatur wiederholt behandelt worden ist, vgl. H. W. H. Mithoff, Kunstdenkmale und Alterthümer im Hannoverschen, Bd. II, Hannover 1873, 70ff. (zit. Kdm. II); A. Saathoff, Aus Göttingens Kirchengeschichte, Göttingen 1927, 7ff.; O. Fahlbusch, Göttingen im Wandel der Zeiten, 3. erweit. Aufl. Göttingen 1973, 47ff. »
  9. Zum Welfenmuseum und seiner Geschichte vgl. G. v. d. Osten, Katalog der Gemälde alter Meister in der Niedersächsischen Landesgalerie Hannover (zit. Katalog 1954), Hannover 1954, 21f. »
  10. Hierbei sind Widmungsinschriften an Häusern, die ebenfalls die Fertigstellung eines Bauwerks anzeigen, mitgezählt. »
  11. Nr. 9. »
  12. Nr. 62. »
  13. Heinrich Petreus (Nr. 124); Martin Luther (Nr. 131); Philipp Melanchthon (Nr. 132); Hz. Friedrich Ulrich von Braunschweig-Lüneburg (Nr. 153). »
  14. Nr. 120. »
  15. Aus Mangel an entsprechenden Stellen verbieten sich Schätzungen mit genauen Zahlenangaben. W. Kronshage hat versucht, mit Hilfe der Schoßregister eine Übersicht über leerstehende und bewohnte Häuser zwischen 1393 und 1627 zu gewinnen. Die ermittelten Zahlen differieren jedoch so stark (Beispiele: 1551: 34 Häuser; 1612: 203 Häuser), daß sie hier nicht zu Grunde gelegt werden sollen: W. Kronshage, Die Bevölkerung Göttingens (= Studien zur Geschichte der Stadt Göttingen 1), Göttingen 1960, 396, Tab. 7b. »
  16. Nr. 54. »
  17. Schmülling, Hausinschriften in Westfalen, hat den Zusammenhang zwischen Bauweise und Aufkommen der Hausinschriften für das Gebiet Westfalens ausführlich untersucht, vgl. ebd. 6–39. Ferner: W. Hansen, Fachwerkbau im Oberweserraum, in: Kunst und Kultur im Weserraum 800–1600. Ausstellung des Landes Nordrhein-Westfalen: Corvey 1966, Bd. I, 2. Aufl. Münster 1966, 296–313, wo die geschlossene Siedlungsform im Oberwesergebiet als Grund für die mehrgeschossige Bauweise genannt wird (ebd. 301). »
  18. Nr. 53. »
  19. Nr. 55. »
  20. Beispiele: ehem. Neustadt 17, 1535, Nr. 91; Barfüßerstr. 12, 1536, Nr. 92. Dieser Zeitpunkt entspricht in etwa auch dem Ergebnis der Untersuchungen Schmüllings, Hausinschriften in Westfalen, vgl. ebd. 135, 137f., 142, 146ff. »
  21. Barfüßerstr. 12, Nr. 92. Barfüßerstr. 5, Nr. 100. »
  22. Beispiele: Duderstadt: Hinterstr. 73, um 1600 (nach Ps. 13); Kurzestr. 22, zweite H. 16. Jh./A. 17. Jh. (Ps. 4,9); Kurzestr. 28, 1608 (Jes. 45,4–6; Joh. 14,23; Joh. 10,9, vgl. Kdm. II 31 [unvollständig]. – Einbeck: ehem. Tiedexertor, 1587 (nach Ps. 127,1, vgl. J. Letzner, Dasselische und Einbeckische Chronica, Erfurt 1596, f. 100v); Auf dem Haspel 4, 1594 (Röm. 8,31, vgl. W. Feise, Allerlei Denkmäler an Bürgerhäusern und Kirchen in Einbeck, in: Jahresbericht des Vereins für Geschichte und Altertümer der Stadt Einbeck 10 (1916) 51–84, hier 56); Marktstr. 31, um 1600 (Spr. 22,1–2, vgl. Feise, Denkmäler in Einbeck 54f.); Steinweg 17, E. 16. Jh. (Ps. 17,8, vgl. Kdm. II 50; Feise, Denkmäler in Einbeck 56). – Hann.-Münden: Langestr. 3, 1565 (Ps. 119,49f., vgl. Kdm. II 145); Marktstr. 58, 1580 (Ps. 68,11, vgl. Kdm. II 145); Langestr. 25, E. 16. Jh./A. 17. Jh. (nach Ps. 127,1, vgl. Kdm. II 145); Rathausstraße, 1648 (Röm. 8,31, vgl. Kdm. II 145; W. Lotze, Geschichte der Stadt Münden nebst Umgebung mit besonderer Hervorhebung der Begebenheiten des dreißigjährigen und siebenjährigen Krieges, 2. Aufl. Münden 1909, XII); Speckstraße, 1649 (Ps. 74,12, vgl. Kdm. II 145). »
  23. Einige Vergleichsbeispiele: Ganz überwiegend Grabinschriften enthalten die Inschriftensammlungen der Stadt Mainz (DI II), der Städte und Landkreise München (DI V) und Heidelberg (DI XII); im Main- und Taubergrund (Wertheim/Tauberbischofsheim) gehören von 563 Inschriften 239 (ca. 42%) zu den Grab- und Gedächtnisinschriften (DI I), unter den Inschriften der Stadt Merseburg (DI XI) sind knapp ein Drittel der Inschriftträger Grabsteine und –platten. »
  24. Nr. 11. »
  25. Nr. 13. »
  26. Nr. 66. »
  27. Nr. 130. »
  28. Nr. 152, 165, 180. »
  29. Durch den Bildersturm während der Reformationszeit sind in anderen Städten, wie Heidelberg, alle Altäre und Kelche zerstört worden oder abhanden gekommen (DI XII, S. XII). Ein Altarretabel und 8 Kelche finden sich noch unter der Inschriftträgern des Main- und Taubergrundes (DI I); keinen Kelch, aber 12 Altartafeln (einschließlich eines Altarbildes und einer Antependientafel) zählt das Register des Münchener Inschriftenbandes (DI V); in Merseburg schließlich sind Inschriften auf 8 Altarretabeln und 4 Kelche sowie einer Patene tradiert (DI XI, Register: Inschriftträger). »
  30. Hier sind die Kelche aus St. Johannis, Nr. 15, 17, 22; St. Jakobi, Nr. 18, 44, 83 und der Kreuzkirche (früher im Besitz der Johanniskirche) Nr. 19, 74 zu nennen. – In einer Göttinger Urkunde von 1377 wird ein Goldschmied ‚Herman‘ genannt, in einer Urkunde von 1380 sein Sohn ‚Hans‘, ebenfalls Goldschmied: Urkundenbuch der Stadt Göttingen, Bd. I/II, bearb. von G. Schmidt (= Urkundenbuch des histor. Vereins f. Niedersachsen, H. 6/7), Hannover 1863–67 (zit. UB Göttingen), hier UB Göttingen I, Nr. 286, 293. W. Scheffler, Goldschmiede Niedersachsens, 1. Halbbd. Berlin 1965, weist Hermann die Kelche Nr. 17 und 19 (Stifter: Johannes v. Waake) zu, für Hans nimmt er die Kelche Nr. 15 (Stifter: Detmar Medebecke) und Nr. 19 (Stifter: Heyso v. Esebeck) in Anspruch (ebd. 371). Die Zuweisungen sind hypothetisch, für Kelch Nr. 19 dürfte Hermann kaum mehr in Frage kommen, da er in der Urkunde von 1380 (UB Göttingen I, Nr. 293) bereits als verstorben erwähnt ist. »
  31. UB Göttingen II, Nr. 378, S. 368: „De wigelbisschup hildt de missen yme chore vor deme hogen altare uppe dat herlickeste dorch opent der grotin taffiln (. . .)“. »
  32. Nr. 171. »
  33. Nr. 38. »
  34. Nr. 28. »
  35. Nr. 56. »
  36. Nr. 59. »
  37. Nr. 57. »
  38. H. Busch nimmt Abhängigkeit zwischen Raphon und Hans von Geismar an, vgl. H. Busch, Meister Wolter und sein Kreis (Studien zur deutschen Kunstgeschichte 286), Straßburg 1931, 179ff. und: Die niederdeutsche Renaissance und der Maler Hans Raphon, in: Unser Eichsfeld 26 (1931) 217–235, hier 223, 233; ferner den Art. ‚Hans Raphon‘, in: Thieme/Becker 28, 16f. Die gleiche Ansicht vertritt K. Hahn, Das Werk des niedersächsischen Malers Hans Raphon, in: Göttinger Jb. 1965, 39–75, hier 53. Zuletzt hat H. G. Gmelin diese Frage untersucht (Spätgotische Tafelmalerei in Niedersachsen und Bremen, 1974, 64ff.). Sein Ergebnis: „Es darf, bei aller Verschiedenheit beider Meister, mit einer engen Zusammenarbeit mit Hans von Geismar bis zu dessen Tod 1502 gerechnet werden“ (ebd. S. 70); mir scheint, daß die dürftige Quellenlage eine Aussage in dieser Form nicht zuläßt. »
  39. Nr. 80. »
  40. Nr. 87. H. Busch beurteilt die Malereien dieses Altars „als späte(n) Nachklang des Raphonschen Stiles“: Die nd. Renaissance und der Maler Hans Raphon 224, 233. »
  41. Über Raphon: K. Hahn, Das Werk des niedersächsischen Malers Hans Raphon; dort ist auch die älteste Literatur zitiert. Ferner: K. Hahn-Jänecke, Ein wiederentdeckter Altar des Hans Raphon in der Národní-Galerie zu Prag, in: Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte 4 (1965) 115–136. H. Kelterborn, Zur Frage der Herkunft des Hans Raphon, in: Göttinger Jb. 1965, 71–75. Ders., Hans Raphon, ein Göttinger Bürgersohn, in: Göttinger Jb. 1966, 127–130. »
  42. Vgl. dazu den Kommentar zu Nr. 56. »
  43. Vgl. über ihn: Thieme/Becker 19, S. 53; verstreute Hinweise bei K. Hahn, Das Werk des niedersächsischen Malers Hans Raphon 53ff. Weitere Werkzuweisungen: R. Behrens, Malerei der Gotik und Renaissance 1300–1600, in: Kunst und Kultur im Weserraum II, 2. Aufl. Münster 1966, 397–422, hier 403ff. Gmelin, Tafelmalerei 65ff., 500ff. »
  44. Vgl. Nr. 87. Zu Kastrop s. W. Hellige, Der Geismarer Marienaltar. Ein frühes Werk des Göttinger Meisters Barthold Kastrop, in: Göttinger Jb. 1970, 65–75 mit Hinweisen auf weitere Werke Kastrops und Zitierung der älteren Literatur. Über Heise vgl. H. G. Gmelin, Zum Werk des Göttinger Malers Heinrich Heisen, in: Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte 5 (1966) 161–180. R. Behrens, Malerei der Gotik und Renaissance 1300–1600, 407ff. (Werkzuweisungen). »
  45. Soweit die Quellen darüber Aufschluß geben, wurde bei der Bearbeitung der verlorenen Inschriften die Überlieferungsgeschichte berücksichtigt, vgl. z. B. Nr. 13. »
  46. Zur Einführung der Reformation in Göttingen s. die Schilderung des Chronisten Franciscus Lubecus in der ‚Braunschweig-Lüneburgische(n) Chronik‘, Bd. II, S. 624–644: Ms. StA Göttingen III 2a/III 2b (zit. Lubecus, BL-Chronik mit Bandziffer); H. Volz hat diese Darstellung unter dem Titel: ‚Franz Lubecus Bericht über die Einführung der Reformation in Göttingen im Jahre 1529‘, Göttingen 1967, ediert. Ferner: H. Volz, Die Reformation in Göttingen, in: Göttinger Jb. 1967, 49–71 mit Nennung der älteren Literatur 52, Anm. 9. »
  47. A. Hasselblatt/G. Kaestner (Bearb.), Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jahrhundert. Beiträge zur Geschichte von Braunschweig-Lüneburg 1500–1533, Göttingen 1881, Nr. 474, S. 222f. (zit. Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jh.). »
  48. Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jh., Nr. 477, S. 224. In einem Inventar von 1530 des Franziskanerklosters werden die Ratsherren genannt, die die Kelche ins Rathaus brachten: StA Göttingen: Klostersachen – Barfüßer-Kloster, Nr. 1. Vgl. auch G. Erdmann, Geschichte der Kirchen-Reformation in der Stadt Göttingen, Göttingen 1888, 44. »
  49. Lubecus, BL-Chronik II, S. 643f. Das Zitat bezieht sich auf den Verkauf des Inventars aus dem Dominikanerkloster, dessen Erlös 150 Mark Göttinger Währung betrug: Erdmann, Kirchen-Reformation 50, Anm. 4. Zu der Veräußerung des Besitzes der Franziskanermönche bemerkt Lubecus kritisch, der Rat habe „nie keine Rechnung hir von gethan widder dem Fursten noch den Munniche(n)“ (BL-Chronik II, S. 644). – Inventare des Klosterbesitzes waren bereits 1526 (für das Dominikanerkloster) und 1530 (für beide Klöster) angelegt worden; der Verkauf wurde 1533 durchgeführt, offensichtlich unmittelbar nach Abzug der Mönche (Inventar- und Verkaufslisten: StA Göttingen: Klostersachen – Barfüßer-Kloster Nr. 1; vgl. auch Erdmann, Kirchen-Reformation 44, 50). Nach den Inventarlisten besaß das Franziskanerkloster 6 Kelche, das Dominikanerkloster dagegen 11 Kelche „meth patenen kleyn vnde groet“. »
  50. Franciscus Lubecus, Chroni[ca und] Annales der [. . .] Statd (!) Gottin[gen], f. 258r (Ms. StA Göttingen III 1, zit. Lubecus, Annales). Vgl. ferner: A. Ritter, Über die Gotteshäuser der Stadt Göttingen in der Reformationszeit, in: Göttinger Jb. 1954, 18–24, hier 22. »
  51. Lubecus, BL-Chronik II, S. 644. Ritter, Gotteshäuser 22. »
  52. Johannis Letzneri Herdeshani, (Drittes Buch der) Braunschw(eig)-Lüneb(ur)g(ischen) und Gottingischen Chronic, S. 534: Univers.-Bibl. Göttingen: Cod. Ms. hist. 248, zit. Letzner, Chronik. Die genannten Familien gehören zu den Stiftern des Hochaltars der Franziskanerkirche, vgl. Nr. 38. »
  53. Letzner, Chronik, S. 527 (Zitat), S. 528: „Und anno Christi 1392 starb H. Dieterich von Meden, Ein Ehrbahrer Raths Herr, und ward in diese Kirch begraben./ Anno 1546 starb Hildebrand Dichhoff, und ward in S. Johannis Kirch begraben./ Anno 1555 Montages nach Scholasticae, starb Caspar Walpodt./ Anno 1557 Sonnabends post Crucis starb Ludolph Ruschenplate. Burgermeister zu Göttingen./ Anno 1558 Sontages Post Viti starb Hermann Witzenhausen, Burgermeister./ Anno Christi 1562 den letzten febr.: starb Johannes Kogell./ Anno 1566 den 3 (septem)bris starb Marcus Stockleff burgermeister./ Anno 1567. starb Tilo Ludolph. Sind alle in S. Johannis Kirch begraben.“ »
  54. Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jh., Nr. 733, S. 392f. »
  55. Ebd. – Herzog Erich war Patron der Göttinger Kirchen, ausgenommen die Marienkirche, deren Patronat der Deutsche Orden besaß. »
  56. Lubecus, BL-Chronik II, S. 10. Auch „vill steinern klotz vnd gotze so in den/ Kirch[en] als abgotze geehret gwesen“, baute man bei gleicher Gelegenheit in die Befestigungsanlagen ein (ebd.). Vgl. auch Ritter, Gotteshäuser 22. O. Fahlbusch, Topographie der Stadt Göttingen (= Studien und Vorarbeiten zum historischen Atlas Nds. 21), Göttingen 1952, 73f. »
  57. Letzner, Chronik, S. 534: „Man hat aber in der Religions Verenderung in dieser Kirche also gehandelt, daß man die Jahreszahlen, an den Fürstlichen begräbnißen nicht eigentlich mehr sehen noch erkennen kan.“ – Als die Franziskanerkirche 1820 abgebrochen wurde, fand man die Grabplatte für Hz. Bruno (Nr. 21) und die – beschädigte – Platte vom Sarkophag für Hzg. Elisabeth (Nr. 13); die auf diesen Monumenten überlieferten Inschriften waren nicht zerstört. Es ist unbekannt, ob noch weitere Angehörige des Herzogshauses dort beigesetzt worden sind. »
  58. Vgl. Volz, Franz Lubecus Bericht, passim. An führender Stelle standen die „neuen Wollenweber“ (‚Drapener‘), deren erste Mitglieder 1476 aus den Niederlanden nach Göttingen übergesiedelt waren: Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jh., S. 389f., Anm. 2; W. Nissen, Die Göttinger Tuchmacher und ihr Einfluß bei der Einführung der Reformation in der Stadt, in: Festschrift für Hermann Heimpel zum 70. Geburtstag, Bd. I (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 36/I), Göttingen 1971, 684–697, hier 692ff. »
  59. Franz Lubecus berichtet über die Haltung der Einwohnerschaft im Jahr 1529: „Es waren(!) gar ein aufrührischer Geist unter ihnen, daß sie nicht alleine die Bilder (. . .) wollten abbrechen, vorbrennen, sondern alle Klocken herunterwerfen, die Altar abreißen, ja ganz und gar alle Kapelln und Pfarrkirchen in den Grund abbrechen gesinnet, daß dem Rade hierüber und frommen Predigern genug zu tunde war“ (Volz, Franz Lubecus Bericht 30). »
  60. Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jh., Nr. 687, S. 352ff.; Nr. 688, S. 354f. Saathoff, Kirchengeschichte 135. »
  61. Über die Verschuldung Hz. Erichs vgl. W. Havemann, Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg II, Göttingen 1855, 297ff. »
  62. Georg Mengershausen, Diarium Gottingicum (StA Göttingen: III 5, Bd. I–IV), Bd. I, f. 22v: „Placet sepulchra mortuorum non violari sed ea veluti sancta Deo(que) sacrata venerari.“ »
  63. Havemann, Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg II 582ff. »
  64. Einzelheiten bei Saathoff, Geschichte der Stadt Göttingen II 44ff. und Kirchengeschichte 203. »
  65. Zu den Kirchenrenovierungen seit Ende des 18. Jahrhunderts vgl. Saathoff, Kirchengeschichte 204ff., 239ff. »
  66. Die an der Wand des nördlichen Seitenschiffs befestigten beiden Platten sind so stark beschädigt, daß eine genauere Datierung unmöglich ist. »
  67. Staatsarchiv Hannover, Akte Han. 83 II 1971: ‚Acta betr. die Abnahme der Rechnung über die Baureparatur an der hiesigen St. Johannis Hauptkirche vom Jahre 1791–1792‘, darin Bl. 55–67: ‚Summarischer Beleg Verkaufter abständiger Sachen und alter Bau Materialien“. Man verkaufte die Grabsteine ihrer Größe entsprechend; als höchster Preis für einen Stein wurden 2 Taler bezahlt (ebd. Bl. 62v, 64r). – Die Rechnung über den Abbruch des Altars und das Aufnehmen der Grabsteine in der gleichen Akte, Bl. 91r. »
  68. Die Inschriftensammlungen der genannten Städte sind beschrieben: DI XII, S. XVII (Heidelberg); DI II, S. 18ff. (Mainz); DI V, S. XIX (München); DI XIII, S. XIIIff. (Nürnberg). »
  69. In dem Verzeichnis werden alle Hss. und die im Druck veröffentlichten Abhandlungen des 17. und 18. Jahrhunderts genannt, die als direkte Quellen für einzelne Inschriften herangezogen worden sind. Werke aus entsprechender Zeit, die lediglich in den Literaturangaben zitiert werden, bleiben unberücksichtigt. Von den Titeln aus jüngster Zeit werden nur die für diese Arbeit wichtigsten aufgeführt. »
  70. Die Hss. und Drucke sind chronologisch geordnet. Die Mitteilungen beschränken sich auf die notwendigsten Angaben, da ausführliche Handschriftenbeschreibungen die Einleitung in unzulässiger Weise belasten würden. »
  71. Lubecus hat eine ganz regelmäßige Blattzählung durchgeführt (die Ziffern stehen oben links auf den Blättern). Diese Zählung läßt jedoch eine Anzahl kleinerer Blätter (Nachträge), die mit der Chronik eingebunden sind, unberücksichtigt. Blattzählung findet sich: Bd. I, f. 1–314; II, f. 315–519. Hier bricht Lubecus’ eigene Zählung ab und ist von moderner Hand bis f. 567 fortgeführt; von hier an noch unregelmäßige Blattbezifferungen bis f. 645 (letztes Blatt). »
  72. Davor gestrichen: ‚Wisser‘. »
  73. Davor gestrichen: ‚anfang/ Erbauwung Vnd was‘. »
  74. Davor gestrichen: ‚Lustig‘. »
  75. Davor gestrichen: ‚Drittes Buch der‘. »
  76. Für das Abschreiben: 10 – – (= Taler ?), für Papier: 1. 6 (= ein Taler, 6 Groschen?) »
  77. Die Beschreibung der jüngeren Handschriften der Gruppe ‚Extravagantes‘ in der Herzog August Bibliothek wird durch Wolf-Dieter Otte vorbereitet. »
  78. Über durchgestrichenem ‚sechsten‘. »
  79. Vgl. auch H. Klinge, Johannes Letzner. Ein niedersächsischer Chronist des 16. Jahrhunderts. Phil. Diss. Göttingen 1951 (masch.), Anhang 37. Teildruck in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 24 (1952) 36–96. »
  80. Neben diesen beiden Abschriften lassen sich von B. III der Letznerschen Chronik noch 4 weitere Abschriften, außerdem verschiedene Auszüge (auch im Druck) nachweisen. Vollständig ist außer den Göttinger Abschriften nur die Kopie in der Niedersächsischen Landesbibliothek Hannover (Ms. XXIII 227a, 17. Jh.), die offensichtlich auf die gleiche verlorene Vorlage zurückgeht. Bei den übrigen Abschriften handelt es sich um Fragmente, vgl. Klinge, Johannes Letzner, Anhang 35ff. »
  81. Außer dieser sind 6 weitere Abschriften der Hs. aus dem 17. und 18./19. Jahrhundert überliefert; ein Autograph läßt sich nicht nachweisen, vgl. Klinge, Johannes Letzner, Anhang 51. »
  82. Joh. Chr. Gatterer (1727–1799) wurde 1759 als Professor für Geschichte an die Göttinger Universität berufen, vgl. über ihn ADB VIII, 410ff. und H. Goetting, Geschichte des Diplomatischen Apparats der Universität Göttingen, in: Archivalische Zeitschrift 65 (1969) 11–46, hier 13–27. »
  83. C. Meiners, Kurze Geschichte und Beschreibung der Stadt Göttingen und der umliegenden Gegend, Göttingen 1801. »
  84. Vgl. das Vorwort zu Bd. I der ‚Kunstdenkmale und Alterthümer im Hannoverschen: Fürstenthum Calenberg‘, Hannover 1871, IV. »
  85. Ausführliche biographische Hinweise zu Lubecus bei Volz, Franz Lubecus Bericht 7ff., zu Letzner bei Klinge, Johannes Letzner 3ff. (dort ist auch ältere Literatur genannt). »
  86. Begründungen für das Schreiben der Chronik bei Lubecus, BL-Chronik I, S. 4f.; Annales f. 3r; zu Letzner s. die umfassende Darlegung seiner Geschichtsauffassung bei Klinge, Johannes Letzner 74ff. sowie Lutz, Einige Nachrichten über (. . .) Johannes Letzner 131f.; ebd. 133 Letzners scharfes Urteil über diejenigen, die Chroniken verachten: „Und dannoch sind und bleiben solche Gesellen, todte und unbehoffelte Klötze, aus welchen man kaum zur not (mit U(e)rlaub) ein Sau=Trog machen kündte (. . .)“. »
  87. Lubecus, BL-Chronik I, S. 11. Das Zitat des Horaz, De arte poetica 333: Q. Horati Flacci opera, hrsg. von F. Klingner (Bibliotheca scriptorum graecorum et romanorum Teubneriana), 5. Aufl. Leipzig 1970, S. 306. – Das gleiche Geschichtsverständnis findet sich beispielsweise bei Melanchthon: K. Kehrbach, Philipp Melanchthon als Praeceptor Germaniae (= Monumenta Germaniae Paedagogica 7), Berlin 1889, 198ff. »
  88. P. Joachimsen hat auf das Interesse der Humanisten an Inschriften als Quellen hingewiesen: P. Joachimsen, Die humanistische Geschichtsschreibung in Deutschland, H. 1: Sigismund Meisterlin, Bonn 1895, 124ff. und: Geschichtsauffassung und Geschichtsschreibung in Deutschland unter dem Einfluß des Humanismus, T. 1, Leipzig/Berlin 1910, 116ff., wo die Arbeit Konrad Peutingers gewürdigt wird. Dessen Inschriftensammlung erschien zuerst 1505 unter dem Titel: ‚Romanae vetustatis fragmenta in Augusta Vindelicorum et eius dioecesi‘. Die zweite Ausgabe wurde 1520 gedruckt: ‚Inscriptiones/ vetvstae, roman. et earvm fragmen/ta, in Avgvsta Vindelicorvm et eivs dioecesi, cvra et diligencia Chvonradi Pevtinger.‘ – Zum gleichen Thema: E. Lemke, Tradition und humanistische Einflüsse in der dt. Geschichtsschreibung des Spätmittelalters. Phil. Diss. Göttingen (masch.) 1953, 93f. »
  89. Zu diesem Schreiben vgl. oben S. 17, Nr. 3. »
  90. Johannes Letzner, Dasselische und Einbeckische Chronica, Erfurt 1596. »
  91. Dafür kämen die Gedichte f. 9v, 27v/28r und 74v in Buch V der Dass. und Einbeck. Chronik in Frage. »
  92. Er war 1583–89 Pfarrer in Lüthorst (Klinge, Johannes Letzner 35, 40) und 1589–1610 Pfarrer in Iber (ebd. 40, 60); eine 1592 für die Kirche in Iber gegossene Glocke nennt ihn als Prediger : Dass. und Einbeck. Chronik, B. V, f. 33r. »
  93. Anfänge zu Text- und Quellenkritik finden sich bei Petrus Apianus und Bartholomeus Amantius: Inscriptiones sacrosanctae vetvstatis, Ingolstadt 1534 (9); der Sammlung ist bereits ein Verzeichnis mit Auflösungen der in den Inschriften verwendeten Abbreviaturen beigegeben (17ff.). Kommentierende Anmerkungen zu den Inschriften Marcus Welser: Inscriptiones antiqvae Avgvstae Vindelicorvm, Venedig 1590. Aventinus macht Angaben zur Überlieferungsgeschichte und zum Erhaltungszustand, fügt lateinischen Inschriften deutsche Übersetzungen bei und stellt Überlegungen zur Bedeutung eines Inschriftfragments an: Johannes Turmair’s genannt Aventinus sämmtliche Werke: Bayerische Chronik, Bd. I, 2. H., hrsg. von M. Lexer, München 1883, 687, 688ff., 720. »
  94. Nr. 45. Klinge, Johannes Letzner, führt ein ähnliches Beispiel an (220 und Anm. 3) und verweist auf Letzners unkritische Haltung gegenüber den Quellen (222ff.). »
  95. Vgl. das angeführte Beispiel bei Klinge, Johannes Letzner 220 und Anm. 3. »
  96. Vgl. auch Klinge, Johannes Letzner 103. »
  97. Heimburgs betreffendes Schreiben bei Lutz, Einige Nachrichten über (. . .) Johannes Letzner 124ff. »
  98. Ausführliche Biographie: G. N. Kriegk, Commentarius de vita celeberrimi viri Justi a Dransfeld, Jena 1717. ZGB Göttingen III 4, S. 113ff. Knappe Hinweise: J. Meier, Dransfeldiana, Göttingen 1698, 83f. Saathoff, Geschichte der Stadt Göttingen I 275. »
  99. Dransfeld, Prodromus 7: „(. . .) Tulit eadem aluitque egregios piosque Viros, qui curarunt ea, quae ad sacrorum religionem pertinent. Qua in re, si qua in re, civitatis felicitas maxime vertitur. »
  100. Dransfeld, Dissertatio (. . .) Divae Virginis (1f.). »
  101. Dransfeld, Prodromus 38, 39f., 41. – Über Justus Großcurd schreibt er an anderer Stelle: „Vir fuit (utor verbis Epitaphii) Heroico Plane Spiritu Et Gravissimo Eloqvio Insignis. In Vera Pietate Et Orthodoxa Religione Propaganda Strenuus Ac Indefessus“: Dransfeld, Dissertatio (. . .) Divae Virginis (9f.). Auf ähnliche Weise wird Henning Tegtmeiers Epitaph zitiert in ‚Dissertatio (. . .) D. Jacobi‘, 9. »
  102. Dransfeld, Prodromus 45f. »
  103. Vorrede zu T. I, (11). »
  104. Der tatsächliche Zustand Göttingens war zur Zeit der Universitätsgründung erbärmlich, da die Folgen des Dreißigjährigen Krieges nicht überwunden worden waren, vgl. dazu Saathoff, Geschichte der Stadt Göttingen II 8ff. »
  105. G. v. Selle, Die Georg-August-Universität zu Göttingen 44f. Zu den Verfassern: Friedrich Christoff Neubur (kgl. und kurfürstl. Gerichtsschultheiß) beschrieb die Stadtgeschichte (T. I, B. 1). Cyriacus Heinrich Ebel (Stadtphysicus) erläuterte die Topographie, Christoff Heinrich Pape untersuchte die Beschaffenheit von Wasser und Luft (T. I, B. 2). Heinrich Philipp Guden schilderte die Kirchengeschichte (T. II, B. 3); Guden war bis 1734 Generalsuperintendent in Göttingen, dann für kurze Zeit Spezialsuperintendent in Ronnenberg, seit 1735 Generalsuperintendent in Lüneburg (vgl. über ihn ‚Das gelehrte Hannover‘, Bd. II, Bremen 1823, 198f.). Christoph August Heumann zeichnete für die Schulgeschichte verantwortlich (T. III, Bd. 4); Heumann war zunächst Professor für Literaturgeschichte und ao. Professor für Theologie, seit 1745 o. Professor für Theologie (ADB XII, 327ff.); G. v. Selle, Die Georg-August-Universität zu Göttingen 56f. »
  106. ZGB Göttingen I 2, S. 71. »
  107. Ebd. S. 77. »
  108. Vgl. z. B. die Bauinschrift an der Albanikirche von 1423 (Nr. 35). »
  109. Vgl. die fehlenden Inschriften am Altar in der Jakobikirche (Nr. 28, Literaturangaben ZGB Göttingen). »
  110. Bibliographische Angaben o. S. 20. »
  111. Zu dieser Hs. vgl. o. S. 18f. »
  112. Über Ernst Peter Johann Spangenberg ausführliche Biographie in: Neuer Nekrolog der Deutschen, Jg. 1833, T. 1, Weimar 1835, 122ff.; knappe Hinweise: ADB XXXV, 41f. »
  113. Diese Angaben zur Biographie Adolph Conrad Franz Spangenbergs hat Ernst Spangenberg auf der Rückseite des Titelblatts der ‚Geschichte und Beschreibung der Stadt Göttingen’ eingetragen. »
  114. Spangenberg, Beiträge 417: „Und dieses (sc. die Zerstörung der Monumente) ist um so gewissenloser, als theils hiedurch schaetzbare Nachrichten erhalten werden, theils auch das Studium derselben den mannichfaltigsten und offenbarsten Nutzen gewaehrt, welcher sich in alle Wissenschaften ausdehnt.“ »
  115. Ebd. 419. »
  116. J. N. Eyring (Hrsg.), Opuscula ad historiam litterariam rei scholasticae praesertim Gottingensis pertinentia, Göttingen 1788, 29. »
  117. Kurze Geschichte des ehemaligen Augustiner-Klosters St. Nicolai zu Weende bei Göttingen, in: Neues Hann. Magazin 19 (1809), Hannover 1810, 657–670; 673–678. Beiträge zu einer Geschichte und Beschreibung der Stadt Dransfeld im Leine=Departement: ebd. 801–822 (anonym). Nachtrag zu der Beschreibung und Geschichte der Stadt Osterode, in: Neues Hann. Magazin 20 (1810), Hannover 1811, 151–170; 177–188; 193–208 (anonym). Kurze Geschichte und Beschreibung des Schlosses und Fleckens Herzberg am Harz: ebd., 1249–1260; 1265–1278; 1281–1292 (anonym). Die Zuweisung der anonym erschienenen Beiträge nach Ernst Spangenbergs im Ms. Adolph Spangenbergs auf der Rückseite des Titelblatts. »
  118. Vgl. z. B. Inschrift Nr. 7, Anm. a, c; Nr. 24, Anm. a; Nr. 28, Anm. a, g; Nr. 29, Anm. e. »
  119. Als Beispiel sei auf die Inschrift über der ehem. Bibliothek der Johanniskirche (Nr. 10) verwiesen. »
  120. Vgl. S. 30. »
  121. Den Terminus prägte Konrad Friedrich Bauer, der auch die Entwicklung dieses Buchstabens anhand der Mainzer Inschriften dargestellt hat: Mainzer Epigraphik 27. »
  122. Der Grund dafür ist darin zu suchen, daß die Gußmodeln in den Glockengießerfamilien über Generationen vererbt und verwendet wurden; so ist es zu erklären, daß im 15. Jahrhundert noch einzelne Glocken mit Majuskelinschriften angefertigt wurden, vgl. H. Otte, Glockenkunde, 2. Aufl. Leipzig 1894, 117. »
  123. In der Inschrift einer Kölner Reliquientafel aus dem Ende des 12. Jahrhunderts findet sich ein s, das in seiner Form stark an das hier genannte Schaft-s erinnert. Rudolph Conrad spricht in diesem Zusammenhang von „eine(r) an altfränkische Zeiten erinnernde(n) Verwilderung“ und hält dieses s in Inschriften für „unerhört“: R. Conrad, Niederrheinische Epigraphik vom achten bis dreizehnten Jahrhundert. Diss. phil. Frankfurt/M. 1927, Frankfurt/M. 1931, 38. – Kursive e und f enthält die Majuskelinschrift auf einem Zinnenstein der Mainzer Stadtmauer (Stein von Hedesheim, um 1200): K. F. Bauer, Mainzer Epigraphik, in: Zeitschrift des dt. Vereins für Buchwesen und Schrifttum 9 (1926) Nr. 2/3, 1–45, hier 33 und DI II, Nr. 668. Einer mainfränkischen Majuskel-Grabschrift von 1308 ist ein „großgeschriebenes“ Minuskel-e eingefügt: R. Rauh, Paläographie der mainfränkischen Monumentalinschriften, Diss. phil. München 1934, München 1935, 35. »
  124. Beispiele: Glockeninschriften in der Johanniskirche (1348) Nr. 6 und der Marienkirche (1359) Nr. 7, Kelch in der Marienkirche (14. Jh.) Nr. 26»
  125. Glocke in der Marienkirche (1359) Nr. 7»
  126. Altardecke aus der Nikolausberger Kirche (um 1360/70) Nr. 9»
  127. Beispiele: Nr. 6, 7, 15, 17, 20, 22, 26»
  128. Knotenverzierungen beim Schaft des I: Nr. 6, 7, 9. Sporen vor allem an den Buchstaben in Nr. 9»
  129. Dieses Merkmal zeigen die entsprechenden Buchstaben der Glockeninschriften aus der Marienkirche (1359) Nr. 7»
  130. Beispiele: Nr. 15, 17, 20, 22, 26»
  131. Pseudounziales A: In Mainz zuerst um die Mitte des 12. Jh.s im Adalbert-Privileg (das Gerichts- und Steuerprivileg Eb. Adalberts I. für die Mainzer Bürger aus dem Jahr 1135 ist in die Willigestür des Mainzer Doms eingraviert: DI II, Nr. 10), in die Steinschrift wurde es dort „um die Wende des zwölften Jahrhunderts“ übernommen, vgl. Bauer, Mainzer Epigraphik 27, 34; in den Würzburger Inschriften stammt der erste Beleg für diesen Buchstaben aus dem Jahr 1212, vgl. Rauh, Paläographie 32. Das halbgeschlossene unziale M wurde in Mainz und Merseburg bereits im 12. Jahrhundert verwendet (Mainz: Bauer, Mainzer Epigraphik 34; Merseburg: DI XI, Nr. 4, erste Hälfte des 12. Jh.s[?]), in Hildesheim gehört das älteste Zeugnis in die Mitte des 13. Jh.s (Kdm. Provinz Hannover II,4: Stadt Hildesheim, Kirchliche Bauten 85, Abb. 55). In Mainz und Würzburg werden C und E am Ende des 13. Jh.s überwiegend als geschlossene Unzialen geschrieben, in einzelnen Fällen bereits zu Anfang des 13. Jh.s (Mainz: Bauer, Mainzer Epigraphik 35ff.; Würzburg: Rauh, Paläographie 23, 32). In den Inschriften des Naumburger Doms liegen aus der zweiten Hälfte des 13. Jh.s mehrere Beispiele für geschlossenes E vor; geschlossenes C tritt hier dagegen erst im 14. Jh. auf (DI VI, Nr. 7, 8, 11; geschlossenes C: Nr. 14, Abb. 43/44, S. 25). »
  132. Erste knappe Hinweise auf diesen Schrifttyp bei A. Klemm, Über die Entwicklung der Schriftformen in der Steinschrift von 1000–1600, in: Christliches Kunstblatt f. Kirche, Schule und Haus, Jg. 1884, 123–126; 150–154, hier 152 (als „Renaissanceschrift“ bezeichnet) und F. V. Arens/K. F. Bauer, Mainzer Inschriften, Stuttgart 1945, 7. Unter dem Begriff ‚Frühkapitalis‘ hat R. M. Kloos diese Schrift zuerst ausführlicher beschrieben: DI V, S. XXIII; ferner R. Neumüllers-Klauser: DI XII, S. XX. »
  133. Altäre: Nr. 56, 57, 59, 80; Kelch: Nr. 74»
  134. Beispiele: Altar in St. Albani (1499, Nr. 59), Altar aus der ehem. St. Georgskapelle (1506, Nr. 80), Kelch in der Kreuzkirche (um 1500, Nr. 74). »
  135. Beispiele: Kelch in der Kreuzkirche (Nr. 74). »
  136. Das so gebildete H findet sich in der Inschrift auf der Pyxis in St. Jakobi (1546, Nr. 98) und auf einem Stifterbild aus St. Nikolai (1607, Nr. 147). »
  137. Beispiele: Altar aus St. Albani (Nr. 59): Altar aus der ehem. St. Georgskapelle (Nr. 80). »
  138. Beispiele: Pyxis (1546) in der Jakobikirche (Nr. 98). Grabstein (1626/27) ebd. (Nr. 165). »
  139. Nr. 111, 119, 125»
  140. Nr. 113»
  141. Nr. 123»
  142. Nr. 137, 152, 165»
  143. Nr. 83, 108»
  144. Nr. 87»
  145. Nr. 107»
  146. DI 5, S. XXIV. »
  147. Beispiele: Nr. 57, 83, 86, 98, 113»
  148. Nr. 94»
  149. Nr. 145»
  150. Im Gegensatz dazu hat R. M. Kloos anhand der Münchener Inschriften gezeigt, daß dort gerade seit 1600 Ligaturen mehr und mehr zurücktreten: DI V, S. XXIV. »
  151. Nr. 130»
  152. Nr. 141»
  153. Taufstein von 1643 in der Jakobikirche (Nr. 176), Taufstein (um 1650) in der Groner Petrikirche (Nr. 186). »
  154. Arens/Bauer, Mainzer Inschriften 7. »
  155. Nr. 5: Platte am Kruzifix auf der Turmspitze der Albanikirche. »
  156. Nr. 15, 17, 20, 22»
  157. Nr. 101»
  158. Nr. 19: Kelch in der Kreuzkirche. 2. H. 14. Jh. »
  159. Nr. 55: Hausinschrift Paulinerstr. 6 (1495). »
  160. Beispiele: Nr. 15 (Kelch des Detmar Medebecke, 1399), Nr. 28 (Altar in der Jakobikirche, 1402). »
  161. Nr. 37, 38, 55»
  162. Die Schwierigkeiten beruhen darauf, daß die Buchstaben teilweise in einzelne Elemente zerlegt sind, so daß sich keine fortlaufende Linienführung ergibt. »
  163. Nr. 28»
  164. Unziales G: Hausinschrift Barfüßerstr. 12 (1536, Nr. 92); rundes, unten offenes M: Hausinschrift Burgstr. 1 (1536, Nr. 93). »
  165. Nr. 92»
  166. Hausinschrift Barfüßerstr. 5 (1547/49, Nr. 100); Hausinschrift Weenderstr. 62 (1549, Nr. 101). »
  167. Beispiele: Altar in der Jakobikirche (1402, Nr. 28): ‚Zien‘ ‚Dit‘; Inschriftepitaph des Tilemann Speckbotel (1423, Nr. 37): ‚Anno‘; Wandinschriften in der Nikolausberger Kirche (1492, Nr. 51, 52): ‚Anno‘ ‚Ecce‘. »
  168. Großschreibung konnte sich im Buchdruck nur allmählich durchsetzen und stieß teilweise auf entschiedene Ablehnung einzelner Schreibmeister, die – wie Paul Franck – „solche(n) Unterschied nur denen (sc. Wörtern), welche einen Nachdruck oder Ehrerbietung in dem verfaßten Inhalt haben“ zubilligen wollten, vgl. W. Doede, Bibliographie deutscher Schreibmeisterbücher von Neudörffer bis 1800, Hamburg (1958), 28, Anm. 17. Ferner: O. Brenner, Die lautlichen und geschichtlichen Grundlagen unserer Rechtschreibung, Leipzig 1902, 58f. »
  169. Nr. 83.  »
  170. Eine Ausnahme findet sich in München: In der lateinischen Sargaufschrift für Hzg. Maria Renata sind der Name und das Bekenntnis ‚Mihi Bene Est‘ in Frakturbuchstaben geschrieben, der übrige Text in Renaissancekapitalis: DI V, Nr. 557. »
  171. Zur Verwendung der Fraktur in Nürnberg vgl. P. Zahn, Beiträge zur Epigraphik des 16. Jahrhunderts, Kallmünz 1966, ferner DI XIII, S. XXIff. und den Inschriftenteil passim; zu München: DI V, Nr. 206, 207, 224, 296, 307, 323, 327, 568 u. a.; zu Heidelberg: DI XII, S. XXII und den Inschriftenteil passim. »
  172. Nr. 77 (E). »
  173. Nr. 147150, 155, 180»
  174. Vgl. S. 15. »
  175. DI V, Nr. 206 (1566); 207 (1567); 224 (1574). DI XII, Nr. 265 (1552); 287 (1557/58). DI XIII, Nr. 318 (1533); 406 (1537); 437 (1539). »
  176. DI XIV, Nr. 202. »
  177. Kdm. II 181. »
  178. Kdm. II 6. R. Eckart, Geschichte von Adelebsen nach archivalischen Quellen, Leipzig 1895, 8f. »
  179. DI VII, Nr. 293, weitere Beispiele: Nr. 299 (1613), 316 (1632), 323 (1636), 329 (1642). »
  180. DI IX, Nr. 507, 509 (1617), weitere Beispiele: Nr. 526 (um 1630?), 531 (1643). »
  181. DI XI, Nr. 172a (1637), 175 (1646), 180 (M. 17. Jh.?). »
  182. A. Hessel, Die Schrift der Reichskanzlei seit dem Interregnum und die Entstehung der Fraktur, in: Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Phil.-hist. KL., NF, Fachgruppe II, Bd. 2 (1936/39), 43–59, hier 57. C. Wehmer, Schreibmeister von einst, in: Archiv für Buchgewerbe und Gebrauchsgraphik 76 (1939) 37–58, hier 48. »
  183. Wehmer, Schreibmeister 48. H. Fichtenau, Die Lehrbücher Maximilians I. und die Anfänge der Frakturschrift, Hamburg 1961, 28. »
  184. Kdm. II 164 und T. IV (Zeichnung). (DI 42 (Stadt Einbeck), Nr. 3). »
  185. Kdm. II 132 und T. II. »
  186. Kdm. II 141 und T. I. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 3). »
  187. R. Grenz, Die Anfänge der Stadt Münden nach den Ausgrabungen in der St. Blasius-Kirche, Hann. Münden 1973, 111 (Zitat); die von Grenz (ebd.) vorgeschlagene Datierung um 1550 ist unhaltbar; Abb. 44, S. 112. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 31). »
  188. Kdm. II 40. Harland, Geschichte der Stadt Einbeck I 98. (DI 42 (Stadt Einbeck), Nr. 6). »
  189. Kdm. II 160. G. J. Vennigerholz, Beschreibung und Geschichte der Stadt Northeim in Hannover und ihrer nächsten Umgebung, Bd. I/II, Northeim 1894, hier II 91. »
  190. J. Wolf, Geschichte und Beschreibung der Stadt Duderstadt, Göttingen 1803, 250. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 14). »
  191. Vgl. S. 25f. »
  192. Beschreibung: Katalog 1954, Nr. 243, S. 109. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 114). »
  193. F. Buhmann, Bertold Kastrop, ein Meister der Marien-Altäre in Süd-Niedersachsen, in: Göttinger Bll. für Geschichte und Heimatkunde NF 4 (1938) H. 3, 16–20. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 116). »
  194. Münden: Hochwassermarke am sö. Chorstrebepfeiler (1552); (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 160) Hausinschriften Langestr. 13 (1554) (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 161?) und Sydekumstr. 5/6 (M./E. 16. Jh.). (DI 66 (LK Göttingen), Nrr. 246, 247) – Duderstadt: Hausinschriften Obertorstr. 18 (1588), (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 210) Scharrenstr. 8, Kurzestr. 22 (2. H. 16./A. 17. Jh.), (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 238?, 411?) Kurzestr. 28 (1608), (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 285) Am Pferdeteich 2 (1613), (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 302) Marktstr. 84 (1620). (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 324). »
  195. Kdm. II 182. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 82»
  196. Kdm. II 23. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 84). »
  197. Kdm. II 62. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 128). »
  198. Kdm. II 137. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 160). »
  199. Kdm. II 137. Die Inschrift bietet einen späten Beleg für die Benennung der Werra durch das Wort ‚Wesera‘. In den Urkunden steht diese Bezeichnung nur bis Ende des 12. Jh.s; seit dem 13. Jh. findet sich ‚Wirra‘, ‚Werra‘, vgl. R. Sperber, Die Nebenflüsse von Werra und Fulda bis zum Zusammenfluß, Wiesbaden 1966, 115f. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 9). »
  200. Kdm. II 28. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 18). »
  201. Kdm. II 139. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 19). »
  202. Kdm. II 202. »
  203. Kdm. II 26. (DI 66 (LK Göttingen), Nr. 22). »
  204. Beschreibung bei Letzner, Dasselische und Einbeckische Chronica, f. 64r/v. (DI 42 (Stadt Einbeck), Nr. 9). »
  205. Vgl. Anm. 186. »
  206. Die Termini ‚Schicht‘ und ‚Stand‘ werden hier auf Personen bezogen, deren Herkunft, Stellung und/oder Beruf gemeinsame Merkmale zeigt. Der vielfach abgestufte Inhalt dieser Begriffe muß hier unberücksichtigt bleiben, vgl. dazu etwa die Artikel ‚Klasse und Stand‘ in: Handwb. der Sozialwissenschaften VI, Stuttgart etc. 1959, 1–4 (Leopold v. Wiese), sowie ‚Soziale Schichten‘: ebd. IX, Stuttgart etc. 1956, 578–587 (Erich Reigrotzki). »
  207. G. Frhr. v. d. Ropp, Die Göttinger Kaufgilde, in: Jb. des Geschichtsvereins für Göttingen und Umgebung 4/5 (Jg. 1911/12), Göttingen 1918, 1–34, hier 4. »
  208. Er ist nicht zu verwechseln mit Hans v. Waake d. J., Ratsherr 1392–1414, Kaufgildemeister 1408 (v. d. Ropp, Kaufgilde 28). »
  209. v. d. Ropp, Kaufgilde 31. »
  210. Alb. Acad. Helmstad. 47, Nr. 111. »
  211. v. d. Ropp, Kaufgilde 27. »
  212. Ebd. 29. »
  213. Ebd. 28. »
  214. Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jh., S. 404f. »
  215. Ebd. S. 404, Anm. 2. »
  216. Ebd. S. 406, Anm. 6. »
  217. Ritter, Ratsverfassung 9. »
  218. Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jh., S. 406. »
  219. v. d. Ropp, Kaufgilde 30. »
  220. v. d. Ropp, Kaufgilde 31. »
  221. Ebd. 31. »
  222. D. Koch, Das Göttinger Honoratiorentum vom 17. bis zur Mitte des 19. Jh., Göttingen 1958, 19. »
  223. Ph. Meyer (Hrsg.), Die Pastoren der Landeskirchen Hannovers und Schaumburg-Lippes seit der Reformation II, Göttingen 1942, 9. »
  224. Weitere Ämter vgl. ebd. und Kommentar zu Nr. 121»
  225. Ph. Meyer, Die Pastoren der Landeskirchen I, Göttingen 1941, 440. »
  226. Ebd. 408. »
  227. Nr. 32, 49»
  228. So wird der 1409 verstorbene Giseler v. Münden in seiner Grabschrift ‚eques‘ genannt: Nr. 32»
  229. Vgl. dazu Ritter, Ratsherren 10, 23. »
  230. Der Begriff ‚Patriziat‘ wäre unzutreffend, da die führende Schicht in Göttingen keinen streng abgeschlossenen Kreis bestimmter Familien bildete, denen die Besetzung des Rats vorbehalten war: Ritter, Ratsherren 10. – Ahasver v. Brandt hat darauf hingewiesen, daß man in Hansestädten wie Lübeck überhaupt nicht von einem institutionalisierten Patriziat sprechen kann, da eben nicht nur einige wenige Geschlechter eine „Vorzugs- oder gar Alleinberechtigung“ bei der politischen Führung und Verwaltung der Stadt besaßen, sondern diese Aufgaben von einem großen Kreis von Kaufmannsfamilien wahrgenommen wurden: A. v. Brandt, Die gesellschaftliche Struktur des spätmittelalterlichen Lübeck, in: Untersuchungen zur gesellschaftlichen Struktur der mittelalterlichen Städte in Europa. Reichenau-Vorträge 1963/64 (= Vorträge und Forschungen XI), Konstanz, Stuttgart 1966, 215–239, hier 231f. Diese Feststellung gilt offensichtlich auch für einen großen Teil derjenigen Hansestädte, die – wie Göttingen – im Binnenland lagen, obwohl ihre Sozialstruktur auf einen längeren Zeitraum betrachtet nicht so entscheidend vom Kaufmannsstand geprägt wurde, wie das bei Lübeck der Fall war. »
  231. 1610 wurde der Sitz des Generalsuperintendenten für das Fürstentum Göttingen von Münden nach Göttingen verlegt: Ph. Meyer, Die Inspektionseinteilung des Göttinger Landes im Wandel der Zeit, in: Zs. der Gesellschaft f. Nds. Kirchengeschichte 42 (1937) 206–226, hier 211. »
  232. Vgl. den Kommentar zu Nr. 165»
  233. Erste urkundliche Erwähnung 1308 Sept. 3: UB Göttingen I Nr. 69, S. 55; Saathoff, Kirchengeschichte 27. »
  234. Nr. 21»
  235. Nr. 13»
  236. Die in Nr. 143 erwähnten Braunschweiger Herzöge müssen hier unberücksichtigt bleiben, da sie lediglich als Dienstherren des herzoglichen Rats Johannes Fischer in dessen Epitaph genannt werden. »
  237. Diese Entwicklung ist ausführlich beschrieben bei A. Saathoff, Geschichte der Stadt Göttingen I, Göttingen 1937, 43–124; kurz und prägnant bei Ritter, Ratsherren 12f. und H. Mohnhaupt, Die Göttinger Ratsverfassung vom 16. bis 19. Jh., Göttingen 1965, 19ff. »
  238. Friedensvertrag 1387 Aug. 8: UB Göttingen I, Nr. 328, S. 355ff. »
  239. Bericht über die Fehde im ‚Liber antiquorum gestorum‘ (StA Göttingen [Sign.: II 11], S. 121–125), publiziert: UB Göttingen II S. 451ff., Zerstörung der Burg ebd. 455. Vgl. auch Saathoff, Geschichte der Stadt Göttingen I, 78. »
  240. Die Gründe für den wirtschaftlichen Niedergang Göttingens seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts sind dargestellt in der Untersuchung von E. Krüger, Der Haushalt der Stadt Göttingen zwischen 1580 und 1640 unter besonderer Berücksichtigung des Schuldenwesens, Diss. jur. (masch.) Göttingen 1923, bes. § 11ff., S. 58ff. »
  241. Mohnhaupt, Die Göttinger Ratsverfassung vom 16. bis 19. Jh., 24–60. »
  242. Nr. 153: „(. . .) quo Illustrissimo/ ac potentissimo Principi huic ac Domino, Dn./ FRIDERICO VLRICO Duci Bruns. & Luneb./ in tutelam Civitas Gottingensis sese pie ac humiliter submisit.“ »
  243. Vgl. oben S. 13f. »
  244. Vgl. ihre Namen oben S. 32f. »
  245. Claudius Frhr. v. Schwerin, Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte, 4. Aufl., besorgt von H. Thieme, Berlin, München 1950, 206. Ritter, Ratsherren 10. »
  246. Vgl. v. d. Ropp, Kaufgilde 1ff. Mohnhaupt, Die Göttinger Ratsverfassung vom 16. bis 19. Jh., 5ff. Kronshage, Die Bevölkerung Göttingens 135ff.; Kronshage hat in seiner Untersuchung Zahlen geliefert, die den Reichtum der Kaufgilde im Vergleich zu den anderen Gilden deutlich machen, s. die Tabelle über die Vermögensentwicklung zwischen 1393 und 1613 ebd. 410–414. – Zur Verfassung der Göttinger Kaufgilde vgl. E. Pfeiffer, Göttinger Gewerbewesen im 14. und 15. Jh., Diss. phil. Göttingen 1912, Göttingen 1913, 61–81, auch veröffentlicht: Jb. des Geschichtsvereins für Göttingen und Umgebung 4/5 (Jg. 1911/12), Göttingen 1918, 35–158. »
  247. Nr. 18, 22, 32, 48, 49»
  248. Nr. 32, 49»
  249. Zwischen 1334 und 1625 stellten die Giseler 25 Ratsherren: Ritter, Ratsherren 112. »
  250. Vgl. den Kommentar zu Nr. 48»
  251. Bericht über die Ereignisse: Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jh., S. 60f., Anm. 4. Ferner: v. d. Ropp, Kaufgilde 4; Mohnhaupt, Die Göttinger Ratsverfassung vom 16. bis 19. Jh., 29. »
  252. Vgl. die Ratsherrenliste zum Jahr 1515: Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jh., S. 401; Ritter, Ratsverfassung 3. »
  253. Die Zahl der Ratsmitglieder erhöhte sich dadurch im Jahr 1515 von 24 auf 38; in den folgenden Jahren ließ man durch Todesfälle vakant gewordene Stellen unbesetzt, um wieder die ursprüngliche Zahl von je 12 Mitgliedern des alten und neuen Rats zu erreichen. »
  254. Die Veränderungen der Ratsverfassung in der betreffenden Zeit sind dargestellt bei Mohnhaupt, Die Göttinger Ratsverfassung vom 16. bis 19. Jh., 38ff., 44f. Ferner sind zu vergleichen die Ratsherrenlisten zu den Jahren nach 1529 (Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jh., S. 405f.) und 1543 (Ritter, Ratsverfassung 5ff.). Zur Wahlordnung von 1543 s. v. d. Ropp (Hrsg.), Die Göttinger Statuten, Nr. 225, S. 314, P. 26. »
  255. Dazu W. Nissen, Die Göttinger Tuchmacher und ihr Einfluß bei der Einführung der Reformation in der Stadt, 688. »
  256. Ritter, Ratsherren 48 (Henckel), 121 (v. Dransfeld), 123 (Helmbrecht), 124 (Ludolph), 128 (Weckenesel). »
  257. Dieser Terminus wird auf die Ereignisse von 1513/14 angewendet bei H.-W. Krumwiede, Die Reformation in Niedersachsen, in: Jb. der Gesellschaft für Nds. Kirchengeschichte 65 (1967) 7–26, hier 16. »
  258. Als Ratsherr wird 1515–1518 Tilemann Borcherdes genannt, der 1514 Meister der Meinheit war: Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jh., S. 401 (Ratsherrenliste 1515) und Anm. 14; 1534 war Jacob Druden Kämmerer, Meinheitsmeister 1527–1530: ebd., S. 406 und Anm. 10. »
  259. Eine große Zahl weiterer Beispiele für diese Form der Karriere kann den Ratsherrenlisten entnommen werden, vgl. Ritter, Ratsverfassung 5–14. »
  260. Vgl. dazu auch die Ausführungen von D. Koch, Das Göttinger Honoratiorentum vom 17. bis zur Mitte des 19. Jh., 11f. »
  261. Ritter, Ratsherren 159. »
  262. Vgl. den Kommentar zu Nr. 91. – In Göttingen lassen sich vom 15. bis 17. Jahrhundert unter den Ratsfamilien 38 Kaufmannsfamilien und 41 Handwerkerfamilien genau unterscheiden; 17 der Handwerkerfamilien traten während dieser Zeit zu den Kaufleuten über: Ritter, Ratsherren 48. »
  263. Nr. 26, 157, 161»
  264. Ritter, Ratsherren 117. »
  265. Ritter, Ratsherren 119. »
  266. Das zeigen die eigenmächtigen Vorschläge zur Ratsherrenwahl durch Hz. Friedrich Ulrich, bei denen Angehörige alter Familien bevorzugt wurden, Beispiele bei D. Koch, Das Göttinger Honoratiorentum vom 17. bis zur Mitte des 19. Jh., 18. Dagegen konnte der Bäcker Jacob Protten (Nr. 176), der 1636 Ratsherr wurde, nur mit Mühe die Bestätigung des Landesherrn erlangen; er war zwar wohlhabend, aber nicht von entsprechender Herkunft: ebd. S. 19. »
  267. H. Mohnhaupt, Die Göttinger Ratsverfassung vom 16. bis 19. Jh., 61f. »
  268. Die 19 Ratsherren sind: Nikolaus Bachmann (immatr. Helmstedt 1579), Justus (Jobst) Berndts (immatr. Helmstedt 1589), Johann Bonig, Albrecht Dormann, Justus (Jobst) Gercken (immatr. Helmstedt 1591), Ulrich Gieseler, Heinrich Helmoldt (immatr. Helmstedt 1584), Dr. Ludolph Henckel (immatr. Herborn 1587, Padua 1594), Christoph Hoppen, Johann Lunde (immatr. Erfurt 1595), Jost Meier, Dr. Johannes Riemenschneider (immatr. Erfurt 1584, Herborn 1587, Helmstedt 1592), Hans Riepenhausen, Heinrich Ruhmann, Gabriel v. Schnehen, Dr. Christoph Selinger (immatr. Greifswald 1564, Rostock 1564, Frankfurt/O. 1571), Hans Speckbotel, Gieseler Stockleff (immatr. Helmstedt 1591, Erfurt 1592, Marburg 1597), Heinrich Weckenesel: Ritter, Ratsverfassung 5–13. »
  269. Ratsfamilie seit Ende des 13. Jahrhunderts; als erste Ratsherren werden Hermann und Helwicus genannt: UB Göttingen I, Nr. 45, 1298 Juni 21. »
  270. Ratsfamilie nach 1514: Urkunden der Stadt Göttingen aus dem 16. Jh., S. 401ff. »
  271. Vgl. die Namen oben S. 33. »
  272. Nr. 5. Der Name bezeichnet den Beruf; in einer Urkunde vom 10. Nov. 1365 heißt es: „(. . .) unde belenet in disser scrift Hanse den Goltsmed, ichteswanne Hermans sone des Goldsmedes (. . .)“: UB Göttingen I, Nr. 236, S. 223. »
  273. UB Göttingen I, S. 427–429. »
  274. Hans wurde 1430 Ratsherr, Berthold 1431: UB Göttingen II, S. 435; Hans war 1416 und 1425, Berthold 1419 und 1429 Kaufgildemeister: v. d. Ropp, Kaufgilde 28. »
  275. Heinrich Helmoldt, Ratsherr 1451: UB Göttingen II, S. 437. »
  276. Ihre Namen sind S. 33 verzeichnet. »
  277. Nr. 90 (1532) 109 (1554). Weende wurde, ohne fortdauernden Erfolg, 1542 durch Herzogin Elisabeth reformiert. Man hielt dort aber noch über 40 Jahre am katholischen Bekenntnis fest (A. Brenneke, Die Reformationsgeschichte von der Visitation ab und das Klosterregiment Erichs des Jüngeren, Hannover 1929, 425, 448). Erst Hz. Julius setzte die Annahme der protestantischen Lehre endgültig durch. »
  278. BL-Chronik II, S. 590. »
  279. Vgl. S. 37. »
  280. Es bedarf noch der Klärung, ob die betreffenden Geschlechter ursprünglich frei oder unfrei waren. – Auf dem Eichsfeld lebten fünf verschiedene Familien v. Hagen, aus einer von ihnen ging im 14. Jahrhundert das einflußreiche Duderstädter Ratsgeschlecht hervor: Ritter, Ratsherren 133f. »
  281. Bernd Moeller weist darauf hin, daß in der katholischen Kirche bis weit in die Neuzeit hinsichtlich der Herkunft eine scharfe Trennung zwischen höherem und niederem Klerus bestand. Bischöfe, Prälaten und Domherren kamen häufig aus dem Adel, die einfachen Geistlichen dagegen aus dem „Kleinbürger- oder Bauernstand“: B. Moeller, Pfarrer als Bürger, Göttingen 1972, 18. – Für Hessen nimmt Albrecht Eckhardt an, daß dort im Mittelalter „die Stadtpfarrer in ihrer überwiegenden Mahrzahl aus der städtischen Oberschicht kamen“: A. Eckhardt, Beamtentum und Pfarrerstand in Hessen, in: Beamtentum und Pfarrerstand 1400–1800. Büdinger Vorträge 1967, hrsg. von G. Franz, Limburg/Lahn 1972, 81–120, hier 102. »
  282. Vgl. den Kommentar zu Nr. 128»
  283. Der Vater Sengebährs war Superintendent in Niederfreden, derjenige Großcurds Generalsuperintendent in Alfeld: Steinmetz, Generalsuperintendenten 129, 132. »
  284. Lorenz Kempe saß 1546–1550 im Göttinger Rat: Ritter, Ratsverfassung 9. »
  285. Sein Vater war Ratsherr in Neustadt/a. Rübenberge: Steinmetz, Generalsuperintendenten 140. »
  286. J. Croll, Leichenpredigt für Henning Tegtmeier (S. 18). »
  287. P. Drews, Der evangelische Geistliche in der deutschen Vergangenheit, Jena 1905, 16. H. Kramm, Besitzschichten und Bildungsschichten der mitteldeutschen Städte im 16. Jahrhundert, in: Vjs. f. Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 51 (1964) 454–491, hier 487. Beispiele aus Nürnberg und Umgebung bei B. Klaus, Soziale Herkunft und theologische Bildung lutherischer Pfarrer der reformatorischen Frühzeit, in: Zs. f. Kirchengeschichte 80 (1969) 22–49, hier 30f., 44. »
  288. Die in Göttingen seit 1530 nachweisbaren Pfarrer haben offensichtlich alle eine theologische Ausbildung erhalten, vgl. das Verzeichnis bei Ph. Meyer (Hrsg.), Die Pastoren der Landeskirchen I, 323ff. sowie Saathoff, Kirchengeschichte 120ff., die Pfarrerliste ebd. 254f. »
  289. Im Herzogtum Württemberg stammte bereits im 16. Jahrhundert der größte Teil der Pfarrer aus Pfarrhäusern: M. Brecht, Herkunft und Ausbildung der protestantischen Geistlichen des Hzgt.s Württemberg im 16. Jahrhundert, in: Zs. f. Kirchengeschichte 80 (1969) 163–175, hier 172. Von allen während des 16. Jh.s auf dem Gebiet der Reichsstadt Nürnberg geborenen Pfarrer kamen 64 aus Pfarrhäusern: B. Klaus, Soziale Herkunft und theologische Bildung lutherischer Pfarrer 38. Vgl ferner B. Moeller, Pfarrer als Bürger 17. Untersuchungen gleicher Art für andere Gebiete würden vermutlich eine parallele Entwicklung zeigen. »
  290. An der Theologischen Fakultät in Wittenberg wurden bereits seit 1535 Abschlußprüfungen durchgeführt: B. Klaus, Soziale Herkunft und theologische Bildung lutherischer Pfarrer 22, 40. »
  291. Zur protestantischen Pfarrerausbildung und deren Ordnung im 16. Jh. vgl. RGG V, Art. ‚Pfarrervorbildung und – weiterbildung‘, 293–301, hier 295f. (R. Frick). »
  292. Auf dem Land lagen die Verhältnisse anders. Die Pfarrer waren dort von den Kirchenpatronen (Grundherren) abhängig, was von diesen häufig in schikanöser Weise ausgenutzt wurde. In einem Fall mußte der Pfarrer seinem Patron bei der Jagd als Treiber dienen; verlief die Jagd erfolglos, hatte er anschließend den Patron zu bewirten, vgl. P. Drews, Der evangelische Geistliche 63. Aus solchen Zuständen resultierte vielfach die Mißachtung, der die Geistlichen in den Dörfern ausgesetzt waren. Heftige Klagen darüber enthält ein Bericht, den der für die Gemeinden Roringen und Herberhausen zuständige Pastor Christian Meyer im Jahr 1640 an das Konsistorium schickte: K. Kayser, Die Generalvisitation des D. Gesenius im Fürstentum Göttingen 1646 und 1652, in: Zs. d. Gesellschaft für Nds. Kirchengeschichte 11 (1906) 147–207, hier 196, Anm. 1. Auch mit der theologischen Bildung der Landpfarrer lag es im argen. Derselbe Pastor Meyer mußte sich bei der Visitation 1646 sagen lassen, er sei „nicht expedit im Katechismuslehren“ (ebd. 196). Dem Pfarrer in Lüthorst wurde aufgetragen, den Katechismus selbst zu lernen, damit er ohne abzulesen die Gemeinde examinieren könne; über ihn heißt es im Visitationsprotokoll: „Offenes Gesöff im Krug item Branntweinsaufen lässet Pastor noch zur Zeit nicht, wiewohl es ihme oft ernstlich verwiesen“ (ebd. 207). »
  293. Vgl. zur gesellschaftlichen Stellung der Pfarrer in der Stadt auch B. Moeller, Pfarrer als Bürger 16ff. und: Kleriker als Bürger, in: Festschrift für Hermann Heimpel zum 70. Geburtstag, Bd. II (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 36/II), Göttingen 1972, 195–224, hier 223f. »
  294. Steinmetz, Generalsuperintendenten 143. »
  295. Petrus Gibelius war 1598–1608 Abt von Mariental: Heinrich Meibom, Chronicon Marienthalense, in: Rerum Germanicarum, T. III, Helmstedt 1688, 245–286, hier 279f. »
  296. Steinmetz, Generalsuperintendenten 129. »
  297. Ebd. 133. »
  298. „Man mußte sozusagen in Helmstedt studiert haben, wenn man in den welfischen Landen ankommen wollte“: G. v. Lenthe, Zur Geschichte des Beamtentums in Niedersachsen, in: Beamtentum und Pfarrerstand 1400–1800. Büdinger Vorträge 1967, hrsg. von G. Franz, Limburg/Lahn 1972, 239–247, hier 241. Zur Bedeutung der Universität Helmstedt für Philosophie und Theologie im 16./17. Jahrhundert vgl. auch RGG III 214–216 (H. Reller). »
  299. Die Nachweise finden sich in den Anmerkungen zu den Inschriftenkommentaren. »
  300. Zur Gründung des Pädagogiums: G. Gieseke/K. Kahle (Bearb.), Die Matrikel des Pädagogiums zu Göttingen 1586–1734, Göttingen 1936, 129ff. K. Kahle, Aus der Geschichte des Göttinger Gymnasiums, Göttingen 1928, 3–11 (erweiterter Sonderdruck aus: Göttinger Beiträge zur deutschen Kulturgeschichte, Göttingen 1927). Die erste Gründung eines Pädagogiums 1542 war bereits drei Jahre später an Auseinandersetzungen vermutlich um finanzielle Probleme zwischen dem Rat und Herzogin Elisabeth wieder gescheitert: K. Kahle, Das Göttinger Pädagogium 1542–1545, in: Göttinger Jb. 1958, 88–116. »
  301. Vgl. über ihn den Kommentar zu Nr. 124»
  302. Gieseke/Kahle, Matrikel des Pädagogiums 129f. »
  303. Als Vorbild eines Lehrplans des Pädagogiums diente die von Johannes Sturm 1538 für die Straßburger Schule entworfene Ordnung ‚De litterarum ludis recte aperiendis‘. Danach waren die Schüler ihrem Alter entsprechend in 9 Klassen eingeteilt; der Lehrer jeder Klasse war für den gesamten Unterricht zuständig: F. Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schulen und Universitäten vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart, 3. erweit. Aufl., hrsg. von R. Lehmann, Bd. I, Leipzig 1919, 292, 316. »
  304. Vgl. den Kommentar zu Nr. 128»
  305. Vgl. die Kommentare zu Nr. 128 und 179. – Zur Bedeutung der Pfarrer im geistigen Leben der Zeit vgl. E. Trunz, Der deutsche Späthumanismus um 1600 als Standeskultur, in: R. Alewyn (Hrsg.), Deutsche Barockforschung (= Neue wissenschaftliche Bibliothek 7), Köln, Berlin 1965, 147–181, hier 155. »
  306. Hinweise dazu in den Kommentaren zu Nr. 159 (Henning Tegtmeier) und 179 (Theodor Berckelmann). »
  307. Nr. 128, 159, 164, 179»